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University of Toronto
littp://www.arcliive.org/details/deutsclieliandschOObaec
Beechtold,
Deutsche Haiidscliriften.
l^nJ^clt^ |{miri$d(wlfeii
aus dem
Britischen Museum.
In A.uszüg'en
herausgegeben
r;;
^A-
Dr. Jacob Baechtold,
Professor der deutschen Sprache und Literatur an der Kantonsschule In Solothurn,
■^ ■- ^-
Schaffhausen
Vex-lag ^'on. C. 33aaclei\
1873,
Druck von J. Westfehling in Winterthur.
An
ADELBEET von KELLER
TTJBINGhEN
und
KONRAD HOFMANN
]vixjisroH:E]sr.
I n li a 1 1.
I. Karl der Grosse und die schottischen Heiligen
1. Die Handschriften
2. Die historische Grundlage
3. Das lateinische Original
4. Die deutsche Uebersetzung
5. Die spätere Legende
n. Gedichte des XHI. bis XV. Jahrh.
III. Mörin, der goldene Tempel etc. .
IV. Von den edeln Steinen ,
V. Schachzabel
Seite.
3
45
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56
60
61
72
147
153
167
im Mai dieses Jahres führte mich ein freund-
Hches Geschick von Paris aus nach London, wo ich
namentlich eine Handschrift der Harleianisclien Samm-
lung von Williram's Paraphrase des hohen Liedes,
von deren Existenz Hoffmann von Fallersleben mir
gütige Kunde gegeben, für eine neue Ausgabe zu
vergleichen hatte.
Von andern deutschen Handschriften, die mir
während meines freilich nur kurzen Aufenthaltes im
britischen Museum zu Gesichte gekommen sind, sei
mh' gestattet, über die nachfolgenden, so viel ich
weiss bisher unbekannten, Nachricht zu geben. Viel-
leicht dürfte durch diese Auszüge der Wunsch rege
gemacht werden, die eine oder andere Handschrift
vollständig herauszugeben.
I.
Karl der Grosse und die Scliottisclien
Heiligen.')
Harleian. Manuscript Ni'o. 3971. Schöne Perg. Hs. in fol. aus
dem XIV. Jahrh. Der Titel fehlt. G6 Blätter, daneben sind an Anfang
und Ende mehrere leer gelassen. Jede Seite zweispaltig, die Spalte zu
37 — 38 Versen, also im Ganzen gegen 10,000 Verse.
Auf der ersten Seite befindet sich das Datum: 20. die mensis
Januarii A. D. 1721/22.
In dem folgenden Auszug gebe ich den Anfang vollständig:^)
Vc
on alten Zeiten her chomen ist, (Bl. 1)
Als man ez noch geschriben list,
Daz vier erweite stete sint,
Als man noch di warheit vint,
5. Die nieman vndertaenich schüln wesen,
Dann Paebst vnd Kayser, als wir lesen.
Dev erst stat Rom ist genant,
Tuskan haizzet da ir laut
Bei dem wazzer Teyuers genant,
10. Daz in dem land ist wol orkant.
Triere ist dev ander stat
In lutring, daz wazzer den namen hat
Dev Mosel ist ez alda genant
Und manigem man vil wol bekant.
15. Göln dev dritte Stat man nennet,
*) »An historical poem on Charlemagne and the Hibernian Saints.»
Der Gatalog datirt die Handschrift irrig aus dem XV. Jahrh.
^) An den Texten ist Nichts geändert, als einige Schreibfehler
stillschweigend verbessert und die Interpunktion angebracht.
Poy Reyn dem wazzer man si kennet.
Regenspurch dev vierde stat,
Di vil groz wirdichait hat,
In Payrn ist si wol ain chron,
5. Fei der Tvnaw stet sie sclion;
Daz selbe wazzer vliezzent gat
In daz Mer, vier Porten ez hat.
Als hievor geschriben ist,
Und als man hernach wol list
10. Von der grozzen wirdichait,
Di den vier steten ist aufgeleit;
Rom dev stat vnde trier,
Göln, Regenspurch di stete vier,
Den ist mit rehter kür gegeljen
15. Wie si mit eren schüln leben,
Und wie sie gevreiet sint,
Als manz hernach geschriben vint.
f
ir schüln ze disen Zeiten verdagen
Rom, Göln, trier vnde sagen
20. Von Regenspurch, der werden Stat,
Waz dev wird vnd ere hat;
Als dev schritt beweisen chan,
Div püch, di noch geschriben stan
Von alter her, der siht ez wol,
25. Waz reht dev stat haben schol.
Flegenspurch ist si genant,
Und ist vil weite verr erkannt
Von alter her, manige iar,
Daz sag ich ev für gantze war.
30. Dev stat was mit gevierten stainen,
Mit vil grozzen vnd niht chlainen
Umb vnd vmb alunib gegeben
Ze allen selten, schon vnd eben
Mit gezierd, mit vleiz, darzü
— 5 —
Paide spat vncle frü
Was ieder man, als er molite
Von zierd gewandes als im tohte.
Si vlizzen sich auch starke man
5. Ze allen zelten daran:
Si waren wol pei reichtiiom
Und darzü mit grozzem rüm,
Genüge silber vnde golt
Gaben si vil grozzen solt,
10. Als ez die haiden wolten han
Nach iren willen frowen vnd man.
Daz waerte vil lang also
On alle mü vnd ane dro
Untz an künich karls zeit
15. Der vertraip si dann mit grozcm streit.
l
ler künich karl ist gewesen,
Als wir vil ofte habn gelesen
Ains römischen küniges herrn Pypins sim,
Der wart dar nach so frumcHch tun,
20. Do sein vater künch pypin starp,
Sein frümichait aldo erwarp,
Daz man in sa ze kunige nam,
Daz im auch vil wol gezam.
Er Avas ain weiser gut rihter,
25. Der witiben vnd waisen schirmer,
Darzü gaistleich, läutgemayn;
Den cristen er ze helf erschayn.
Bei des hcrren selichait
Meret sich dev cristenhait,
30. Allenthalben in dem lande
Wüchsen cristen ane schände.
Ze denselben zelten daz geschach,
Daz vnsers herren engel sprach
Zu künch karl do er im erscliain
— 6 —
In (Iciu slat'f, da er lag ain:
»Künch karl, merk waz ich dir sag!
Du pist gots frevnt, des niht verdag,
Mich hat her zu dir gesant
5. Got, daz ich dir tii bekant
Disov wort, als ich dir sag,
Di merke eben vnd darnach jag,
Daz du mit reht also rihtest
Und mit gotes vorhte pflihtest.
10, Dar umbe minnet dich got
Und wil Sterken mit seim gepot
Dein Reiche vnd deinen gewalt
Wider den vngelauben manichualt.
Di noch wider di cristen lebent
15. Und vil ser da wider strebent
Ich main ivden, ketzer, hayden
Gen den allen dich scholt laiden,
Darzü hat dich got erweit
Vil edeler getrewer helt,
20. Daz du daz allez widertreibest
Und di cristenläute weisest
Wider di vngelauben haydenschaft,
Wann vil groze ist ir craft.
Vil scle du erlösent bist
25. Von helle weitze dev noch ist.
Mit deinen guten werchen bokant
Gcsigt dein gewaltige hant
Wider dein veinde allgeleich.
Wann ich dir von himclreich
30. Bin dir gegeben ze hclffer
Und zu ainem schermer:
Da von so savme dich niht nier
Vnd nim zu dir dein her mit wer
Grauen, freien, dienestman.
— 7 —
So du sie sterkesl iiiügst gehan
Vnd var da mit durch dev lanl,
Di manigen man sint vnbekant:
Ceciliam vnd Galabriam,
5. Tuscan vnd ytaliam,
Durch die alpen in Ahnaniam,
Da sitzent haiden fraissam.
Bei dem wazzer ist Tunaw genant
Da vindest du sa zehant
10, Ain Stat mit vierekke stainen
Mit vil grozzen vnd niht clainen;
Dar inne vindest du haiden,
Di sint greuKch vnbeschaiden,
Starch vnd darzü wol gelert
15. Ze vrleugen vnd zu dem swert,
Ir Warnung ist auch vest vnd gut
Vnd ze allen zeiten wol behiit;
Doch mügent si dir niht vor gcsein,
Wann ich binz der gevertte dein.
20. ijei der stat gelegen ist
Ain pühel mit gar schön genist,
Dar auf plümen vnde cle
Da geschiht den hayden von dir we.
Der pühel ist des Siges genant
25. Vnd wird vil heilich noch bekant
Mit heiliger manne werch vnd tat,
Als ez got geordent hat.
Vnd swenne du auch chomest dar,
So nim vil reht eben war,
30. Daz du mit deinem gezelde da.
Ligest vnd niendert anderswa
Vnd scholt auch daz gewis han,
Daz dir nihts mag Aviderstan.
— 8 -
Du gewinnest sig vnd rach groz
An Gotes veinden der eren ploz.»
D.
)o der engcl disev wort (Bl, 2.)
Het gesprochen also dort
5. Zu künch Karl dem rainen man,
Der von dem slof erwachte san
Vnd gedacht in seins hertzen grünt
Dev selben wort, di im het kunt
Getan der engel, als hie vor stet.
10. Deheinen zweifei er daran het
Vnd gedahte aber wider sich
Vnd sprach: her ich pite dich
Durch di angest vnd die not
Vnd durch den pitterleichen tot,
15. Den du durch mich hast erliten,
Daz du wol allez best verniiten,
Wer ez dein wille gewesen.
Als wir noch hevte hören lesen,
Daz du mich der vart niht wendest
20. Und zu den hayden sendest
Mit deiner helffe vnde trost,
Daz wir von sunden werden erlost.
Dos morgens er ain snelle vart
Zu braht vnd niht lange gespart
25. Zu dem pabst Gelestino genant.
Der ain heilig cristen was erkant.
Dem sagt er von wort ze worte,
Daz er von dem engel horte
Vnd bat in Rat vnd helff darzü,
30. Darvmb er im sjiat vnde frii
Wolte dienen naht vnd tach.
Als verr sein dienst geziehe)! mach.
D
er pabst mit trewen antwürte do;
— 9 —
»Mein liebster sun ! mein Rat ist so,
Daz du nach gots gepote lebst
Vncl darwider niht enstrebst.
Als dir der engel hat kunt getan,
5. Des scholt du wesen vndertan,
Darzu gib ich dir meinen segen.
Der schol dein ewicleichen pflegen.
Mein pot appollinus genant,
Ain heilich weiser man bekant,
10. Der schol dein gelaite sein
In gantzen trewen reht als mein,
Daz du volpringest disev tat,
Div dir got selb geboten hat.«
Do der pabst im also riet,
15. Künch karl hin wider haim schiet,
Ain vrlaup er von dem pabstc nam.
Als seinen eren wol gezam.
Und do künch karl haim gerait
Der edel herr gar vnuerzait,
20. Zehant sein poten er avz sande
Mit briefen in di lande
Und enpot dar an den seinen
Hertzogen, fursten, grauen, ft-eien,
Daz sie zu im schölten chomen,
25. Des müstens ymmer nemen fromen
Und allen seinen Ratgeben,
Daz sie im auch rieten eben
Umb semleich sache auf ain frist,
Daz mir hainlich geoffent ist.
30. Kurtzleich sein Rat zesampn wart praht
Zu im auf ainen tag vnd naht.
Den er allen chvnt da tet.
Wie der engel geredet het.
Als hie vor geschriben ist.
— 10 —
Daz gepol im iesus crisl.
Fürsten, graven, freien, her
Di weisten mit ir witzc 1er
Antwürten im der rede geleich
5. Mit verdahten müt gemainleich
Alle auz ainem mvnde
Mit willen da ze stunde.
Und sprachen zu dem .kayser do,
Daz si wern gewis vnd fro,
10. Guts gelükkes vnd der milte,
Dev in von im nie bevilte
Vnd der waren engeis tete,
Daz got erbärmicleichen hete
Ainem tötleichen menschen gesendet
15. Saemlichez zaichen, an in wendet
Sein engellische potschaft
Von der hohen gotes craft,
Darvmb, herr künch karl reich,
Gehaizzen wir ev all gcleich
20. Vnd setzen got ze pfände
Vnd ewr wirdichait ze hande,
Vns selben, daz vns niht geschiht,
Seit got hat mit vns allen pfliht
Von so milter angevangner vart.
25. Leib vnd gut wirt niht gespart,
E wir werden überwunden,
Vns müst geschehen groze wunden.
Wir müzzen gesigen oder verderben
Oder wir müzzen alle sterben
30. Mit ev, swaz ir greiffet an
Daz welle Avir ev sein vndertan.
Uo der künich karl also
Ir aller antwürt horte do.
Des frewet er sich innecleiche
— 11 —
Vnd was von hertzen freudenreiche
Vnd lobte Got seiner genaden
Di er auf in het geladen;
Zehant ruft er den kamerern
5. Vnd sprach: ich wil niht empern
Ain grozze vart volpringen,
Dar an mir schol gelingen.
Ir schult palde gahen,
Ere vnd selichait wil vns nahen.
10. Eylt vnd pringt vil drate
Avz der grozen kemenate
Silber, golt, claynöd darzü,
Daz wil ich geben spat vnd frü
Den fürsten, die ez dienen wellen
15. Vnd auch andern guten gesellen,
Er wer junch, stark oder alt.
Di waren zu der rayse palt,
Swi di all genennet sint,
Die verwagen sich weib vnde kint
20. Vnd gelobten trew vnde stet.
Als er si gepaeten het.
Darzü gab er in harnasch gut
Jedem man nach seinem müt,
Als vil als er sein wolde
25. Nach kay serlichem solde ;
Halsperch vnd ander claynot
Mit seiner haut er inz pot,
Darzü verdachte rösser gut,
Dev vil stark waren vnd früt;
30. Darzü liez er niht vnderwegen
Er tet, als noch manige pflegen
Vnd hiez beraiten manich guten wagen,
Di ir speise scholden tragen
über lande auf dev vart.
35. Also ez schon geschikket wart.
- 12
De
)er küiiicli vesticleich gcpot
Ernstleich on allen spot
Ain gemezzcn tac nach sclis Avochen,
Daz scholt beleihen vnzcrprochen,
5. Daz si sich beraitcn scholden
Allcz, des si haben Avolden
Auf der erd vnd auf dem mer,
Mit allem irem her
Ze anvehten Geciliam vnd Appulliam
10. Vnd darzü Calabriam,
Tuscan vnd ytaliam,
Als er von dem engel vernam.
%
lach der vorbenanten frist,
Als hie vor gesprochen ist
15. Der künich hiez beraiten vnd machen
Ain wirthschaft mit frolichen Sachen
Allen edeln vnd seinem rat
In kayserlicher pfalntz vil drat.
Do dev wirthschaft vergangen was (Bl. 3)
20. Vnd dev zeit, als man hie las,
Da hiez der künich vil drate
Besampnen frü vnd spate
Die gewaltigsten vnter lierren,
Si sein nahen oder verre,
25. Daz sie des heres nemen war.
Sunder iegleicher seine schar
Schol mit vleiz behüten
Mit allerhande guten.
l
laz her wart groz, stark, vngezalt
30. Mit ainen müt vnd mit gewalt
Sic auf daz velt da quamen.
Tn gotes namen amen.
— 13 —
Karl eröffnet den Feldzug mit einem Kampf gegen die
Heiden in der Lombardei , diese rüsten sich und sind ent-
schlossen, sich und ihr Land mit wehrhafter Hand zu be-
schützen
Mit doners geleichen stralen
Wider den künich karlen.
Karl erscheint wiederum Gottes Engel im Traum und
verspricht ihm, dass die Feinde in seine Hand gegeben wer-
den. Die Schlacht dauert lange, erst am achten Tage werden
die Heiden sieglos. Sie werden getauft und glauben nun
fürder an Christum:
Und also alles volch des landes
Schämten sich des alten gewandes.
Karl schreibt einen Hoftag in Italien aus, stiftet Bis-
thümer und Abteien, erwählt Bischöfe und Aebte, lässt Kirchen
und Gapellen bauen und überall die neue Lehre predigen. —
Nun beeilt sich Karl nach Alemannien zu kommen und zieht
auf Anrathen seiner Herzoge über den Berg »Ganales« und
über »Friola« nach Baiern.
Dev rays niht lenger wart gespart, (Bl. 6)
Daz sie chomen auf die vart
Und auf des landes strazzen,
Dar inne di haiden sazzen,
Da hin in vor was gezaiget.
Ir vart aldar wart genaiget.
Dar sie funden ainen grünen walt
Schön vnd eben gar wol gestalt,
Der zwischen zwain wazzern was gelegen,
Der heilig engel müz ir pflegen!
Daz ain wazzer ist saltza genant,
Daz ander yn ist wol erkant.
Den walt zehant si slügen ab,
iVIanich starker frvmer knab
- 14 —
Maclil gar eben vnd weil alda
Von aligoliawen pawiiien sa
Sie machten weite vnd prait
Alvnib vnd vmb on allez lait.
Jedem fürsten wart genomen
Ain weite, darein er scholt komen.
Darnach vnd iedeni man gezani,
Also man im di weite nam
Vnd iedem fürsten wart erweit,
Wa er scholt haben sein gezelt
Vnd auch dev stat darzü,
Daran er mühte haben rü.
Das Heer Karls kommt nach der Stadt »Oedinge«, la-
teinisch »locus desertus«. Die Bewohner lassen sich taufen,
und Karl errichtet ihnen Kirchen und ein »wunderlich gestift.«
Nach einem Jahre der Rast in (Jdinge wird Karl vom Engel
abermals ermahnt, weiter zu ziehen nach der Stadt, »mit
vierekke stainen« an der Donau , er werde jene nehmen
gleich dem Manne in der »alten e«, der Jericho erobert. Der
Engel beschreibt die Gegend, wo das Heer lagern soll:
Auf dem puhel Signuft genant,
Nahen pei der stat erkant
Seht ir schir ain chrevtze sten
Daz mag ev ze gut ergen. (Bl. 8)
An der selben stat alda
Ilaizt ewr gezelt aufslahen sa. —
Der König bricht auf und
Do viertzehen tag vergangen waren
Des kuniges her mit den scharen
Ilüb sich von ir vesten gut
Sie waren türstich vnd wolgemvt.
Mit grozzer sterche man sie sach,
Vil manich herhorn lavt da sprach,
- 15 —
Darzü liort man iiianigen schal
In dem her reht überal,
Vnd auch manigen süzzen dank,
Der durch ir aller oren drank,
Vnd von gesmeid gar wunnecleich
Sah man da gleizzen kostperleich
An saeteln, zevmen vnd an schilten
In dem her künch karl des milten,
Darzü stäup von erd erwegt
Vnd hitze von rosse mvnd geregt
Betrübten gar des tages liht
Und des gestirnes schön gesiht.
Das Heer nähert sich der Donau und Karl befiehlt seinen
Marschällen, wohl auf das von dem Engel bezeichnete Kreuz
zu achten. Einer ist so glücklich, das Zeichen zu finden:
Ain chrevtz er sach, des wart er vro.
An seinev knie viel er do
Nider auf di heihg erde
Vnd pätt daz chrevtz an mit begerde.
Schnell bringt der Marschall dem Könige die Kunde:
dieser zieht mit allem Heere hin und lässt dort auf dem
»pühel des sigs« die Zelte aufschlagen. Man rüstet zur Be-
lagerung. Vorher redet Karl zu dem Volke:
Künch Karl stünt auf pei dem amt, (Bl. 10)
Do sich daz volch het gesamt.
Sein antlütze da erschain
Vor dem volche lieht vnd rain.
Als ain Morgenstern sein prehen
Durch den nebel sich lat sehen.
Sein stimme wart dem doner geleich;
Sein volch er flehte vleizzicleich,
Daz ez anpaet got den guten,
Der mit willen vnd mit muten
Gab sich durch vns in den tot
— IG —
Gar für alle vnser not,
Daz er vns geb mäht A^nde craft
Wider di vngelauben haidenschaft.
Karl entsendet Boten in die Stadt Regensburg, um die-
selbe zur Uebergabe und zur Bekehrung zum Christenthum
auffordern zu lassen. Die Heiden weisen dieses Ansinnen
trotzig ab und lassen dem Könige sagen , sie würden ihn,
sobald er in ihre Gewalt fiele, an zweier Rosse Zagel binden
und in Schande verderben lassen, nicht minder müssten alle
seine Fürsten Kinder des Galgens werden, lieber solche
Rede betrübt, schneidet Karl der Stadt die Zufuhr an Korn,
Salz, Holz, Oel und Wein ab. Dieser Zustand dauert ein
volles Jahr. Eine Hungersnoth bricht in der Stadt aus und
die Heiden, die von der Kälte schrecklich leiden, werden ver-
zagt. Gottes Engel mahnt Karl endlich zum Sturme. Mit
Grimm werden die Thore erbrochen, eine Menge Heiden
niedergemacht, andre sofort getauft und also die Stadt ge-
wonnen. Die Christen danken Gott und ihr König baut drei
Kirchen in Regensburg: eine der hl. Trinität, die andre
unsrer 1. Frauen und die dritte Allen Heiligen zu Ehren.
Bischöfe und Pfaffen werden geweiht, die Stadt neu befestigt
und zur freien Stadt erklärt für immer. Darauf verlässt Karl
Regensburg, zieht gen »Swoben,« das ebenfalls christianisirt
wird.
Darnach fuhr das Heer nach Franken, an den Rhein,
gen Brabant und in die Niederlande. Der Engel verheisst
neue Siege, fordert Karl auf, hier eine Stadt zu gründen und
gibt ihm zugleich Kunde vom Herannahen der hl. Schotten
aus dem fernen Westen :
Ain heiligev diet vil raine,
Die got lieb hat gemaine
Koiiit mit grozzen vnresten
Von Osten vnd von westen,
Do dev werlt ain ende hat
— 17 —
Vnd der erde niht mer stat
Vnd dev svnne dem tage ende gibt
Ze ybern in der schotten land daz geschiht.
Diese heilige Schaar habe Freunde und Magen ver-
lassen und folge, durch die Welt fahrend, Christo nach. Von
diesen Männern nun solle Karl eine wackere Schaar sammeln,
auf dass durch sie alle deutschen Lande geheiligt würden.
Er solle ihnen in der Stadt Regensburg eine Kirche und ein
Kloster bauen. Karl will den göttlichen Befehl befolgen und
gründet vorerst die Stadt Aachen. Die Gewaltigen des Landes
unterwerfen sich und werden getauft.
Zu diesen Zeiten lebte in Hybernia der hl. Patricius,
der dreissigtausend seiner Landsleute bekehrte und mit ihnen
das Land von bösem Gewürm befreite. Viele dieser Neu-
bekelirten unternahmen eine Pilgerfahrt nach dem hl. Land
und kamen von Schottland, Britania und England über
Flandern nach Deutschland und Italien, wo sie überall Wun-
der thaten und Gottes Lehre verbreiteten. So kam der Bischof
Mansuetus, ein bekehrter hl. Schotte nach Rom und wurde
vom Papst zum frommen Werke nach Lothringen und Bur-
gund gesandt, ebenso der hl. Furseus, der nach Frankreich
ging, und bis zur Stadt Parisius die neue Lehre trug. Drei
Bischöfe der Schotten, Hildolf, sein Bruder Erhart und Herr
Albrecht, die auch nach Rom pilgerten, den »antlaz« zu
empfahen, nahmen auf päpstlichen Befehl ihren Wohnsitz in
der Stadt »Treverin.«
St. Hildolf wurde dort zum Erzbischof geweiht nach
»pfeif leicher regel.« Als er von dem Lichte schied, folgten
ihm sein Bruder Erhard und Herr Albrecht im Amte nach.
Diese nahmen von der Gemeinde Urlaub und zogen nach
Baiern, nahmen Herberge zu Niedermünster in Regensburg
und thaten Zeichen und Wunder.
Zu eben dieser Zeit kam aus Hybernien St. Kylian mit
zwei Gesellen Golonato und Totnato. Nach Sihotten Sitte
— 18 —
wollten sie erst gen Rom fahren ; allein in Flandern mahnte
sie ein Engel, durch Alemannien zu ziehen. Später schickte
der Papst den hl. Kylian nach Würzburg in Franken. —
Bischof Vigilius mit sieben andern schottischen Genossen
wurde von göttlicher Eingebung durch Kärnten und Steier-
mark gewiesen, in Salzburg Hess er sich nieder und ver-
waltete den Bischofssitz. Von den sieben Gesellen vertrieb
sich St. Tullus zu Unmünster löblich die Zeit ; Herr Declanus
setzte sich mit zweien seiner Landsleute zu Freisingen nieder,
zwei blieben in Roet und St. Alta zu Altenniünster. — Bald
darauf sah man abermals eine Schaar guter Männer aus
dem Westen kommen:
Darnach ze kurtzer zeit geschach, (Bl. 17)
Daz man frolich chomen sach
Manich schar guter manne vil,
Als ich evch beschaiden wil.
Sie füren von ybernia
In pilgreins weise dort vnd da,
Ze Rome wolten sie gaben
Vnd gütlichen da empfahen
Von gots genad paebstlichen segen
Darauf sie sich heten gewegen.
Von got darvmb in wart gegeben
Ewig frewd vnd ewig leben.
Der aller heiligiste man
Der gute herr sand Golumban,
Der sterchest kempfe bechant
In ytalia dem land genant,
Dar braht er mit im in der schar.
Der man wol moht nemen war
Sand gallen vnd sand mangen di claren
Die ein lieht seins weges waren,
Florencium vnd maximianum
Albortmii vnd colninbannin
— 19 —
Vnd neemiam vnd fumianvm
Vnd darzü auch sanctinum.
Ein Bote Gottes redete mit Columban im Traume, er
solle die Gefährten in Alemannien zurücklassen und mit seinen
Nächsten über die Alpen ziehen nach der Stadt Mediolanensis
genannt. Des Morgens versammelte Columban die Brüder,
eröffnete ihnen sein nächthch Gesicht, vollzog den Befehl,
indem er Abschied nahm und sich nach Mailand wandte:
Da schinen sie mit lügenden vil
Vnd mit wundern ane zil.
Da emphiench er ein selich ende
Gar ane alle missewende.
Seine Gefährten blieben in Deutschland : St. Gallus mit
grossen Ehren in »Swobenland«, St. Florencius zu »Loers«,
Maximianus in »Hersuelt«, St. Albertus in »Elwange«, Fu-
mianus zu »Auspurch« und St. Mangus zu Kempten. Ein
weiteres Schottenheer unter den Bischöfen Florentinus und
Ymarus wurde von Gott nach Sachsen gefühi"t nach der
reichen Stadt »Gozlar« und nach »Liuizeden«.
Wir kehren wieder zur Erbauung Aachens zurück. Es
naht der Stadt eine hl. Schottenschaar , auf der Romfahrt
begriffen , und Karl schickt Boten ab , um sie in die Stadt
einzuladen, damit er ihnen königliche Gabe reiche. Die Schotten
antworten , sie hätten nichts mit dem König zu schaffen,
sondern wollten nur Gott unterthänig sein ; Karl möge seine
Gabe denen geben, die mit ihm leben. Da eilt Karl mit dem
päpstlichen Legaten den »sunderlingen« selber entgegen und
beschwört sie, durch das deutsche Land zu ziehen, wie ihm der
Engel aufgetragen hatte. Die Schotten bestehen auf ihrem Plan
nach Rom zum Papste zu gehen, bis ihnen der Legat erklärt, er
stehe hier an Papstes Statt und gebiete ihnen, dem Befehl
des Königs zu gehorchen. Da erschrecken sie sehr und wählen
sofort hundert aus ihrer Mitte, die sie Karl zur Verfügung
stellen. Einer der Schotten, St. Ottmar stirbt und wird be-
— 20 —
graben an der Stätte, die denselben Namen hat. Karl aber
baut bei Aachen das Kloster »Bursetum« , wo er fünfzig
Schotten cinquartirt, die Uebrigen werden nach Cöln in das
nougestiftete Kloster St. Martin abgeschickt.
Do daz also geschehen was, (Bl. 19)
Sie sprachen deo gratias
Lob vnd ere Gott sei gesait
Vmb disev gütev arebait.
Darauf bricht Karl mit Heeresmacht nach Gallien auf
und unterwirft die heidnischen Völkerschaften und :
Reht als ob ez wäre gras,
Also chrank ir leben was.
Aber die Heiden in Alemannien benutzen den Zug Karls
und rotten sich zusammen, um Regensburg den Händen der
Christen wieder zu entreissen. Die verzagten Einwohner der
Stadt wollen fliehen , allein die Weisesten der Bürgerschaft
rathen, auf Karl zu vertrauen und sogleich Boten an ihn
abzusenden. Diese kommen in des Königs Lager:
Do man nu den brief gelas,
Zehant der Künich travrich was
Vnd sah auf ze got vnde sprach:
Zwar ez ist der natur ein stach
Vnd vngemach der grozzen trewe,
Da von wirt mein iamer newe
Ob man trew gein dem niht wielte.
Der sein trew halt vnd noch hielte.
Karl zieht mit starker Ritterschaft zum Schutze der
Stadt herbei, die bis jetzt immer noch von den verfluchten
Heiden hör die viereckige Stadt genannt wurde , nun aber
den Namen Regensburg erhält:
Seit got vns hat belaitet eben
Vber Tvnaw in disev stat.
Des namen schol sie nu haben rat
Vnd schol Regenspurch sein genant,
— 21 —
Daz sol ev allen wesen bekant.
Vnd all div weil dise werlde stat
Regenspurch den namen hat.
Karl lässt die Heiden anfragen, ob sie desselben Tages
oder erst nach acht Tagen den Kampf wagen wollten. Sie
wählen das letztere. Während dieser Zeit wird dem Ghristen-
heer fleissig von den sieben im Lager weilenden Bischöfen
gepredigt. Am achten Tage kommt es zu der grossen Schlacht
bei dem »Pühel des siges« * Drei Tage lang wird grimmig
gestritten. Bereits Avanken die Christen: da, als der ent-
scheidende Augenblick gekommen ist, erscheint ihnen eine
himmlische Gestalt, ein lichter Ritter auf weissem Rosse, und
führt sie zum Siege.
Do der künich vnd sein fürsten (Bl. 23)
Die da waren ie die türsten
Vnd die Christen gar gesahen,
Daz die haiden zu in nahen,
Vil sere sie do erschrachten,
Do mit sie ir hertz erwachten
Vnd waren traurich alle da.
Jeglicher viel do nider sa
Mit seinem antlütz auf dev erde
Vnd machten fevht ir wange werde
Mit zehern vor dem almehtigen got.
Der irs gepaets ,wol ahtot ;
Wann do dev selbe Christen schar
Der gaistlichen mann so gar
In grozze travren chomen waz,
Vil churtzlich geschähe daz,
Daz sam ein doner erhöret wart
* Auf dem »pühel des siges« wurde später Weihsantpeter gebaut.
Heute existirt der Name nicht mehr, die Stelle aber kann nur der jetzige
protestantische Kirchhof in Regensburg sein , wo bis zum Jahre 1552
Weih St. Peter lag. Davon später.
22
Vnd auch an der selben vart
Der sterchest Ritter in erschain
In liehtes schein gar geraain;
In weizzer wat was er bechlait,
Ein weizz grozzes ros er rait,
Mit grevHch wunden er durchsnait
Der ritter schar lanch vnd prait.
Die haiden fluhen schiere hin,
Daz einer niht belaip vnder in.
Als man die Leichen der Erschlagenen auf der Wahl-
statt zur Bestattung sammeln will, bittet man Gott, er möge
die Christen durch irgend ein Zeichen unter der Masse der
todten Leiber kenntlich machen und siehe! alle Gefallenen
des Christenheeres haben ihr Antlitz gegen das Himmelreich
gerichtet, während die gottlosen Heiden mit ihren Gesichtern
der Erde zugewandt, daliegen. 30,000 Christen werden auf
dem »pühel des sigs« begraben; die Heiden dienen den Raben
zur Speise. Karl stiftet in Regensburg zwei Klöster Nieder-
und Obermünster, setzt Gerichte ein und entlässt sein Heer.
Die Königin wird ihm zugeführt nach Oeting am Inn und
grosse Feste werden gefeiert. Dem König wird ein Sohn geboren:
Die kunigin wolt auch kurtzweil haben
Und gebar einen Knaben.
Noch unternimmt Karl einen Zug nach »Spangenlant«.
Mittlerweile kam ein neues Trüpplein schottischer Brü-
der nach Bamberg und Regensburg gefahren, unter ihnen
namentlich der heilige Marianus. In der letzten Stadt war
der Zudrang des Volkes so gross , dass sich die Heihgen in
die strengste Abgeschiedenheit zurückzogen, wo sie sich mit
dem Abschreiben hl. Schriften beschäftigten.
Vil manigen tag sie da beliben, (Bl. 25)
Ane vnderlazze sie da schriben
Manich püch, daz noch da ist.
Daran man noch hevte list
— 23 —
Von der alten e vnd newen.
Daz taten sie durch gotes trewen.
Legende von St. Marianus.
Sand Marian der herre rayn
Ze allen zaiten was alayn.
Durch das volch daz geschach,
Wann vil Wunders man da sach.
5. Sie getorsten avs ir cell niht gen,
Weder herfür sitzen noch sten.
Sand Marian alain belaip
In seiner chamer, dar inn er schraip.
Dev gustrein des Münsters was
10. Ein gutev frow vnd trahtet daz,
Daz si im all naht lichte bot,
Des im ze schreiben was vil not.
An einer naht sich fügte daz,
Daz dev gusterin vergaz,
15. Daz si dem Schreiber niht liebte pot.
Sand Marian vil lange paitot,
Biz daz er lieht het gesehen,
Daz wart da niht geschehen.
Der Schreiber sand Marian genant
20. Rakte auf sein tenkev haut:
Zehant sein vinger prvnnen gelich,
Als fünf lampen erlich,
Vnd schraip mit seiner zeswen hant
Piz ZV der zeit Metten genant.
25. Do gedaht dev Gusterin an in,
Wie si vergezzen bete sin,
Daz si im niht Meht geben hot
Zii der naht, als si vormals tct.
Des wart ir hertze vol geseret
30. Vnd west niht, wa si sich hin keret;
Wann si ir wol fürhtent waz,
— 24 —
Daz si geschendet würd A'nil) daz,
Daz derselbe man vil gut
War betrübt in seinem müt.
Dev frow stünt uf, vngeschiiht si gicnch
5. Mit travren, daz si vmbe viench.
Zu dem venster chom si dar
Vil leise vnd niht offenpar.
Daz venster eines löchels phlach,
Dar durch div frowe ersach
10. Die fünf vingor gotes kneht
An der tenken hant prinnen reht,
Vnd schraib mit der rehten hant.
Do ir daz wunder wart bekant,
Sie lief zu der Abtessinne sa
15. Vnd sagt ir waz geschah alda.
Dev abtessinne nam vil scliir
Andehtich swester zu ir,
Vnd giengen alle parfüz dan
Zv dem venster sand Marian,
20. Der gotes kneht was bechant,
Vnd wollen sehen da zehant,
Ob ez war waer oder niht
Der Gusterin haymlich gesiht:
Do sie nv alle sahen gelich
25. Marian tenken hant löblich
Prinnen, als fünf liehte chlar
Vnd mit der zeswen schraib er zwar.
Do sie daz wunder beten gesehen.
Als ich hie vor lian veriehen,
30. Hin wider hinder sie da giengen,
Mit grozzer andaht sie enphiengen
In ir hertz das lieilig zaichen etc.
Auf dieses Wunder nmss man dem neugierigen Volke
das Kloster sperren und zuletzt wird der Zulauf den Heiligen
— 25 —
so lästig, dass sie bei Nacht aus der Stadt entweichen. Auf
dem »purger perg« überrascht sie ein Unwetter und sie über-
nachten unter freiem Himmel in der Nähe des Galgens. Im Schlaf
erscheint ein Engel Marian und heisst ihn in deutschen Landen
zu verbleiben bei Vermeidung des Zornes Gottes und zwar solle
er an dem Orte sich niederlassen, den er am folgenden Tag von
der aufgehenden Sonne zuerst bestrahlt sehe. Am Morgen findet
der Heilige einen unschuldig Gehenkten unter dem Galgen —
wie ihm der Engel verkündet hat — macht ihn lebendig und
dieser läuft vergnüglich nach Regensburg hinein; seine Frau
und Kinder schreien beim Anblick des Todtgeglaubten auf, aber
er erzählt allem Volke das neue Wunder, Unterdessen hat Marian
den ersten Sonnenschein über der Kirche auf dem Siegesbühl
liegen gesehen. Bischof Ott und die Pfaffheit ziehen den hl.
Schotten mit Kreuz und Fahnen entgegen und bitten sie, wie-
der in ihre Mauern zurückzukehren. Man baut den Heimge-
kommenen Zellen und der auferweckte Gehenkte, Sandolf,
wird ihnen als Diener beigegeben.
Karl streitet noch immer sieghaft in Africa und im
Westen von Europa und beschliesst auf seiner Rückreise zu
Rheims, einen Reichstag nach Regensburg ausschreiben zu
lassen auf Ostern in dem Monat April. Auf diese Zeit trifft
er in Regensburg ein und hält Musterung in seinen Stiftungen.
Mit ihm kommen Erzbischöfe und Aebte , um die neu er-
richtete Kirche auf dem Bühl des Sieges einzuweihen. Am
Vorabend des festlichen Tages haben die sieben Schotten
eine wunderbare Erscheinung : sie sehen den hl. Petrus mit
allen Aposteln die Kirche einsegnen und goldene Buchstaben
an die Wände schreiben, hören Engel himmlische Gesänge
anstimmen und riechen einen gar guten »sniack«. Marianus
gebietet St. Sandolfen, die Erscheinung dem Könige und dem
Volke zu verkünden. Sandolf stellt sich an die Pforten der
Kirche und ruft das Wunder mit lauter Stimme aus, so dass
Karl beschliesst, die Sache zu untersuchen. Sandolf erzählt
— 26 —
ihm sein Al)onteiier am Galgen. In der Kirche findet man
wirklich die Zeichen genau, wie die Schotten angegeben, und
der süsse »smack« ist noch wahrzunehmen, Karl besucht
den hl. Marianus und die übrigen sechs Schotten der Reihe
nach und jeder berichtet das Gesicht; wie es denn Alle auf
die gleiche Weise gesehen haben. Bei dieser Gelegenheit
erzählt Karl weitläufig alle seine frühern Erscheinungen der
andächtigen Volksmenge. Die Kirche auf dem Bühl des Sieges
wird Weihsandpeter getauft. Sofort Avird ein Bericht an den
Papst abgesandt. Die in Rom angelangten Boten erzählen
dem Papst Leo die ganze Geschichte, wie (Bl. 40)
In der Kirchen in einer naht
Wart dev weihe vol zu braht:
Von in sie horten süzzen sanch,
Da von manige stimme erclanch
Von den Engellischen scharen,
Di pei Sand Peter da waren.
Auch smakten sie den besten smak,
Der aller süzz der gute phlak;
Vnd wie sand Peter do zehand
In pischofs gestalt wart bekant;
Vnd die kirchen weihet er
Mit dem himellischen her.
Auf Anrathen der Gardinäle billigt der Papst die vom
Apostel vorgenommene Weihe, gibt den Boten einen »antlaz«,
verspricht selber nach Regensburg zu kommen und verleiht
der Kirche »brief vnd hantfest«. Als Karl hört, dass der
hl. Vater naht, zieht er ihm mit Weib und Kind entgegen
bis Öting. Dort vernimmt er die traurige Kunde, dass der
Papst, der schon in deutschon Landen, in der Stadt Verona,
angekommen war, plötzlich gestorben sei. Karl begibt sich
zu den Schotten nach Regensburg zurück, verspricht ihnen
ein Kloster nebst AVeingärten und Gülten und kehrt dann
heim in seine Pfalz nach Aachen , von wo aus er noch
_ 27
vierundzwanzig andere Schotten nach Weihsandpeter schickt.
Auf einem Hoftag in Aachen setzt er seinen Sohn Lothar
zum Erben und Nachfolger ein, und lässt die Vasallen die-
sem den Huldigungseid leisten.
Karls Tod. (Von dem todehienach geschrihen stat, (Bl. 43)
Den der grozze clmnich charl genomen hat.)
m der zeit gotes engel chom
Zu künich karl, als er was gewon,
In der gesiht zv im redent was :
»Gotes frevnt, karl ! wizze daz,
5. Daz got mich hat gesendet zu dir,
Des scholt du gelauben mir !
Fürwar er dir enpoten hat,
Daz ich dir sag an diser stat.
Du scholt deinem havse ahten
10. Vnd vmbe deine sele trabten,
Wann dich got hat zu im geberlt,
Daz er dich wil losen von der werlt
Vnd wil, daz du enpfahest eben
Daz ende, daz er dir hat gegeben.«
15. Do der Engel volbrahte het
Die rede, do für er hin ze stet.
Des morgens sant künch karl schir
Nach den pischöffen von cöln vnd trir
Vnd nach andern pischöffen vil,
20. Die darumb waren in dem zil,
Nach aebten vnd nach andern prelaeten
Vnd nach den fürsten. Die waren gepaeten.
Die chomen ze der selben stunt.
Da tet er in allen chunt,
25. Daz got niht mer an im wolte,
Daz er iht lenger schölte
Leiden ditz kvmberliche leben,
Daz vnserm leibe ist gegeben.
28
l
}o die herren disev ^vort
Von dem kunige heten gehört
Mit grozzem schrai vnd wainung
Vnd mit l)ärmicliclicr lüung ^)
5. Vnd rüflcn vndo sprachen gemain
Paide groz vnd auch chlain:
Ach got, warumb ist der wille dein
Daz wir eilende schüln sein?
Warvmb nimst du nv hin
10. Den hyrten von den schaffen din?
Warvmb läzzest du geweizzen
Dein herte der wolfe peizzen?
Wer schol fürbaz vor gen
Gotes volche vnd vor sten?
15. Oder war Avirt nv mit seiner craft
Des vrlevgs fürer auf di haidenschaft?
Oder wer schol nv stiften vnd pawen
Münster vnd closter mannen vnd frawen,
Mit guten werchen vnd getat,
20. Die er darzü gewidemt hat?
l
on in allen geschähe daz,
Daz ir wange wurden naz
Fcvhte von ir zaeher pach,
Sie gewunhen lait vnd vngemach.
25. Iriv haubt sanktens nider,
Sie wunden sich hin vnd wider;
Vor laid ir haupt sie habten sa
In ir banden ieglicher da.
In der weil vnd an der stet
30. Künich karl sein geschäfte tet
Vor in allen vil weislichen,
Vnd darzü gar christenlichen ;
Zu liiejen - schreien, brüllen. Mhd. Wh. von Benecke-Müller I, 1050.
Vngeschaft liez er nihtes niht,
Daz zu der sele hete pfliht,
Daz wart versigelt allez sa
Mit siben jnsigel ze gezevge da.
5. Seiner frowen er auch schaffent waz
Vnd seinem svn, künch karl daz,
Daz sie gar an erben schölte
Von vaters reht, als er wolte.
D=
larnach der künich niht enhez
10. Zehant er mit im gen hiez
Pischöff fürsten gemainclichen
Vnd erweit im reichlichen
Erlichen ein stat vil gewisse
Einen sarch seiner begrebnisse.
15. Dev stat im wol gevellich waz.
Darnach was vnlange daz,
Daz er nv siechen begvnde
Vnd hiez sich ölen an der stvnde
Vnd gesterchen mit der heilichait
20. Gots leichnam, dev all heilicheit übertrait.
Doch het er vor von im gesant
Lauter peiht vnd rew zehant,
Daz er het christenliche reht
Enpfangen, daz was alles sieht
25. In der gestalt des heiligen glauben
Mit rcAve püz offen vnd taugen
Vnd mit frolichem mute balt
Vnd mit der schön seiner gestalt
Vnd mit den zaichen der heilichait,
30. Dev got an in het gelait
Nach der vberwintnvsse, die er het
Von den veinden an maniger stet,
Nach den stiften vnd den pawen
Kirchen, Mvnster an ze schawen
30
Vnd nach cliristenlicher ordenvnge
Vnd auch der heilichait fürderunge,
Mit der pischöffe henden
An vil manigen enden.
5, Als er cz geordent het,
Darnach ruet er zc stet
In gutem vrid ewiclich
Pei got in dem himehich.
0 wehch gerte künichch
10. Der höhe löbehch,
Die himel rürent was!
Vnd nv geschehen ist daz,
Daz si ze der erd gevellet ist
Von des werchmaisters hst.
15. 0 wehch swert nv erloschen ist,
Dem nie niht ze deheiner vrist
Mühten sein veinde widerstreben!
Sie müsten dev fluht vor im geben.
Wie mak daz geburtlich ertreich zwar ^)
20. Der äugen regen trucken gar
Von der hinvart eins sölichen vaters gut
Des vrides vnd der haymüt!
D.
)o nv also gehöret waz
Von aller maeniclichen daz,
25. Daz künich karl was verschaiden,
Darvmb sie waren in grozzen laiden,
Daz wolten sie durch in leiden
Darzü des niht vermeiden.
Zu seiner begrebnuss sie chomen sa
30. Vnd begiengen sein pifüy ^) da
Reichlich dar zu demüticlich,
Löblich vnd auch als erlich,
Daz dhein kayser noch kvnch
") Beide Hss. lesen var. — -) Nebeiif. zu bivilde = Begräbniss.
— 31 —
Vor im, alt oder iviic.h,
Mit so grozzer wirdichait
In dev erd nie wart gelait,
Als künch karl, der raine man,
5. Dem eren vnd güts nie niht zeran.
Do sie in nv begraben beten
Schreien vnd wainen da sie teten
Herren vnd daz voleh gemain.
leder man do gienge haym
10. An sein herberg mit iamers smertzen,
Daz er het an seinem bertzen.
Nv lazzen wir den rainen ligen,
Sein sei ist zu got gedigen.
Nach dem Tode des Frankenkönigs wird das von ihm
für die Erbaimng des Klosters Weihsandpeter gestiftete Gut
veruntreut —
Das gut was hin mit manigem tail,
Got geb den prüdern fürbaz hail!
und als nun noch siebenzig weitere Schotten, die von der
berühmten Kirche bei dem »pache Tvnaw» hören, hingezogen
kommen: da droht Noth unter ihnen auszubrechen und sie
beschliessen , Boten in die Heimath Hibernien abzuschicken,
um ihren Landsleuten Kunde von ihrem Schicksal zu über-
senden und Hülfe zu erbeten. Die zwei Brüder Isaac und
Gervasius und zwei Laien Chvnrat Zymberman und Onol
unternehmen die Reise und gelangen zum König von Hiber-
nienland Gonchuburobzin slapursalach Dieser nimmt die Ab-
gesandten gut auf, füllt ihnen zwei Lederhosen mit Gold
als Gabe für Weihsandpeter und gibt ihnen ein Geleite auf
den Heimweg mit. In Aachen angelangt, legen die Boten
dem römischen König Lothar, dem Sohne Karls, ein reiches
Geschenk zu Füssen und berichten ihm die Dieberei, die an der
Stiftung seines Vaters begangen Avorden ist, worauf des Königs
Herz trauriff wird und er die Uebelthäter aufhängen lässt.
— 32 —
Die vom König von Hibernienland mitgegebenen Ge-
loitsboten besuchen ihre Landsleute , die hl. Schotten zu
Köln im Kloster St. Martin, dann fahren sie durch die
Stadt »Maegentz« und kommen über »Frankenfurt« und
»Wirtzburch« nach Regensburg. — Der Abt Dionysius
von Weihsandpeter und die Brüder , hocherfreut über die
mitgebrachten Schätze, beschliessen, sofort an die Erbauung
des Klosters zu schreiten. Graf Albrecht von Nidersil, wohn-
haft zu Frontenhausen, besitzt ein Grundstück vor Rüsehns
(auch Rislin's) Thor * gelegen,
Geleich einem perglin gestalt, (Bl. 50)
Weit vnd lustsam gezalt
Von den gesunden Avinden,
Die man oft da moht vinden
Mit hailsames luftes mäht ;
Genüch nahen pey der stat aht
Gein westen vor dem tor
Da gelegen was dev hofstat vor
Die Schotten tragen den Bischöffcn von Regensburg
Ott und Herrn Hertweich ihr Anliegen vor. Fromme Boten
werden an Graf Albrecht abgesandt, um über den Ankauf
des Ackers zu verhandeln. Albrecht reitet selbst nach Re-
gensburg, mit ihm Gebhart von Sultzpach, des Ackers »Sal-
mann« und Gerhart von Krigling. Der Kauf wird abge-
schlossen um 200 Mark Silbers und 10 Mark Goldes und durch
des Salmannes Hand bestätigt.
* Der Besitzer dieses Grundstückes war Friedrich, Graf von Fron-
tenhausen. Siehe später.
Rüselins- oder Roselinsthor schloss einst im Westen die Stadt
ab. Der ursprüngliche Name ist Ronzanpurg-Thor. Dasselbe fiel, als
die Mauern gegen Westen hin erweitert und das Schottenkloster St. Jacob
in den Bereicli der Stadt gezogen wurde. — Gütige Mittheilung über
diesen und die folgenden Localnamen verdanke ich Herrn Prof. Dr. Reber
in Regensburg.
— 33 —
D;^ nu der selbe Graf Albreht
Daz gut enpfangen hete reht,
Do lobt er dem pischof zehant
Mit gantzen trewen an sein liant
Ze dem ersten, swenn der kvnich von Rom
Oder der kayser ze lande chom
Ze Regenspurch in dev werden stat,
Daz er dann zehant vil drat
Ze in gagen seinen ainigen svn
Fürte, genant Chvnradun
Vnd sein Tohter, Alheit genant,
Daz sie sich verzigen zehant
Aller der rehten vor in ze steten,
Die sie an dem acker heten.
Also daz sie deheinen wan
Darnach nymermer schüln han. (El. 53.)
Grosse Feier beim Kaufe auf dem Acker. Es werden
Zelte aufgeschlagen und Messen gesungen. Beim Opfer legt
Graf Albrecht 50 Mark Silbers auf den Altar und bietet den
Boten aus Hibernien, die nach Rom aufbrechen, sicheres Ge-
leite an über die Alpen bis nach Trient. — In Regensburg
aber gehen die Werkleute gleich an die Arbeit. Zuerst
wird eine Kapelle zu Ehren St. Gerdraut erbaut und nach
und nach entsteht das Münster St. Jacob. Nach dem
Tode des Dionysius erwählen sich die Schotten — die nach
St. Benedicts Regel leben — Cristan, aus dem Geschlechte
Makicarchia zum Abte, und dieser fragt als kluger Mann die
Brüder an, wovon man in der Folgezeit — wenn das Gut,
das der König von Hibernienland geschickt, aufgezehrt sei —
zu leben gedenke. Einmüthig antworten die Brüder, man
solle noch einmal eine Bettelfahrt nach der Heimath unter-
nehmen, da inzwischen der alte König gestorben sei und
Donat regiere. — Der Abt Cristan unterzieht sich selber
der Reise mit Eugenius seinem Kaplan, drei Knechten, dem
3
- 34 —
Koche Benedictus und sieben Pferden. Während seiner Ab-
wesenheit empfiehlt er des Klosters Sorge dem Prior Garns
und dem neu eingetretenen Grogorius und fährt mit einem
Geleitsbrief von König Lothar nach Hibernien. König Donat
nimmt ihn gnädig auf und gibt grossen Schatz. Auf der
Heimreise stirbt Abt Cristan in der Stadt Gassiliensis (Gashel) in
Hibernienland, als man ihn dort eben zum Erzbischof machen
wollte. Sterbend übergibt er den Schatz getreuer Obhut.
Der Kaplan eilt nach Regensburg, den Tod Gristans zu ver-
künden und die trauernden Brüder erwählen Gregorius zu
dessen Nachfolger. Dieser geht erst nach Rom, um beim
Papste Privilegien für die Kirche St. Jacob auszuwirken.
Schon vorher war ein hoher Pfaffe von schottischer Abkunft,
Meister Marianus, nach Regensburg gekommen, er war
Von der lere Paris der stat
Da man der chvnste prunnen hat
und früher der Lehrer des Papstes Adrianus gewesen, zu
dem Gregorius nun kommt. Der Papst ertheilt Gregor um
seines Lehrers Marianus Willen die Weihe, die verlangten
Privilegien und »antlaz« für vierzig Tage. Nach Regensburg
zurückgekehrt, macht sich der Abt auf, das grosse Gut in
Hibernien abzuholen und gelangt glücklich nach Gassiliensis.
Dort war König Donat gestorben; sein Nachfolger Murcher-
tachus Obrin aus Tunnaschiach gibt Gregorius noch grössere
Gabe als sein Vorfahre mit für Regensburgs Kloster, dessen
Besitzungen der Abt nun vergrössert:
Darnach kauft der Abt zehant (Bl. 59)
Mit rat weiser manne bekant
Zwene höf ze heresinge ^)
Vnd zwene höf in dem selben dinge,
*) Heresinge, es gibt ein Dorf Eresing in Oberbayern, was hier
kaum gemeint sein wird. Vielleiclit Heretinge zu lesen -=^ Harting,
1 Stunde östlich von llegensburg. Dasselbe »härting« später in der
Legende.
35
Die pei Golmikach ^) sint gelegen
Nahent an der strazze wegen,
Vnd zwen höf bei Gebelcliouen ^) bekant
Vnd einen hof Stockheim ^) genant,
Vnd einen hof bei Ennebach^).
Vnd bei dem wazzer altmvl lach
Ein dorf, Gristet ^) genant,
Daz kauft er von dem edeln man zehant
Von Brandenprvnne ^') hern Albrehten
Ze aygenschaft mit allen reliten,
Laut vnd gut groz vnd chlain,
Swaz dar zu gehört gemain.
Ez sei wenich oder vil,
Daz lazzen wir an disem zil.
Darnach chauft er in dem gedinge
Ein dorf genant Gvndolffinge ^).
^) Golmikach ist schwer zu enträthsehi, es dürfte vielleicht Kulm-
bach sein. (Die Karlsb. Hs. hat Cholepach.)
^) Gebelchoven = Gebelkofen, Hofmark mit Schloss in der Pfarrei
Wolkering bei Regensburg, gehörte 1212 dem Schottenkloster.
^) Stockheim. Dörfer dieses Namens in Oberfranken, in Unter-
franken und in Schwaben.
■•) Ennebach = Ernbach in der Pfarrei Obertraubling bei Regensburg.
(Karlsb. Hs. bimpach.)
^) Gristet =; Griesstetten, Dorf im Decanat Pföring in Mittelfranken.
Es ist jetzt noch ein nicht unbedeutender Wallfahrtsort der sog. drei
elenden Heiligen, der aus Irland zuerst nach Bayern eingewanderten
Mönche Zimius , Marinus und Vimius , deren Leiber in der Kirche zu
Griesstetten aufbewahrt sind. (Das Nähere bei den acta sanct. der Bol-
landisten II. Bd. des Monats Juni pag. 596 u. ff. nach einem Auszuge
aus dem Berichte des Regensburger Bisthums-Administrators, des Weih-
bischofes Albert Grafen von Wartenberg, auf Grund alter Aufschreibungen
des Klosters St. Jacob.)
®) Karlsb. Hs. : von praitenprun.
') Gundolffinge, wahrscheinl. Gundlfing, Dorf im Dekanat Pföring
in der Oberpfalz. Gundelfingen ebenfalls eine an dei- Donau gelegene
Stadt in Schwaben.
36
Darnach ein edel man bechant
Her Porchtolt von Swartzenburch genant
riet claz chreutz an sicli gonomen
Vnd wolte gern vber mere cliomen
In daz lant ze dem heiligen grap.
-------- ^)
Vnd opfert da sand Jacob
Der kirchen ze eren vnd ze lob
Ze Dydeldorf^) ewiclich
Den merern hof nützlich,
Ein mül vnd drev vischlehen da,
Vnd ein gut, gelegen anderswa
Bei Dydeldorf vnd evordischorf ^)
Vnd bei Miltzhausen ^) dem dorf
Vnd Marchsteten ^) vnd mahtenfelt ^)
Vnd desinhive ^) vnd gezelt :
Daz allez chauft Gregoriiis
Der abt genant alsus
Vnd allez, daz darzü gebort
') Der hier fehlende Vers lässt sich aus der Karlsh. Hs. ergänzen:
Als im got in seinen mut gab.
-) Dydeldorf ^^ Dieteldorf, Pfarrdorf mit Schloss im Dekanale
Schwandorf in der Oberpfalz, das dem Regensburger Schottenkloster
gehörte.
^) Evordischorf ist schwer zu bestimmen. Viele Dörfer ähnlichen
Namens: Ebersdorf in Ober- und Mittelfranken, Ebertsroith in der Ober-
pfalz, Eokersdorf in Oberfranken, Eggertsdorf in Niederbayern etc. (Karlsb.
Hs. Evorchistorff.)
*) Miltzhausen, fraglich ob Malzliausen in Oberbayern oder dann
statt Willishausen in Schwaben.
^) Marclisteten, Markstetten im Dekanat Schwandorf in der Ober-
pfalz.
*^) Mahlenfeit ungewiss. Förslemanns alldeutsches Namenbuch fiiln L
ein Megino-, Megin-, Meine-, Meinveit auf. (Karlsb. Hs. mautelfelt.)
') Desinhive, wahrscheinlich Deisenhofen bei Gögging, Dekaiiiits
Kellieim in Niederbayern. (Karlsb. Hs. deseinhuil.)
— 37 —
Redlich mit genantem wort,
Vnd zwen höf in der revt genant
Bei swaichhusen ^) da bechant.
Mit dem übrigen Gute erneuert der Abt das Kloster ;
das Münster lässt er niederreissen, ausgenommen die Thürme,
legt Weingärten an etc.
Zu dieser Zeit war St. Macharius, ein edler und viel
geistlicher Herr aus Schottenland Prior des Klosters St. Jacob.
Der hatte Heimweh nach dem grünen Eilande und nahm mit
drei andern Brüdern Urlaub, um hinzufahren, auf dass seine
Augen sehen möchten die Freunde und die Magen grüssen
könnten. Auf der Reise erkrankt Macharius in Wolftal, einem
Dorfe bei Würzburg und im Traume erscheint ihm sein Lands-
mann, der hl. Kylian, und ermahnt ihn, hier zu bleiben. Der
Bischof von Würzburg, Emrich, hatte in derselben Nacht
eine ähnliche Erscheinung : St. Kylian befahl ihm, St. Macharius
in Wolftal aufzusuchen und den hl. Schotten in Würzburg
ein Kloster zu bauen. Am Morgen eilt der Bischof hin, findet
Macharius und dessen Gesellen, nimmt sie in die Stadt,
schafft ihnen gute Kost und eine Kapelle, lässt auf Macharius
Anrathen noch zwölf andre Schotten aus Regensburg kommen
und gründet jenseits des Mains ein Schottenkloster, bei dem
Marienberge, auch »Rabenstain« genannt. König Konrad, der
Nachfolger Lothars hält ein Gespräch mit seinen deutschen
Unterthanen in Würzburg.
Leofende von St. Macharius.
11
o daz gespraech ain ende het (Bl. 63)
Pei wirtzburch an der selben stet.
Der pischof des niht liezze da,
Nach Machario sand er sa.
Der abt der schotten was bechant
Swaichhusen = Schwaighausen, Dorf bei Regensburg.
— 38 —
Vnd tet im da peiht zc hant.
Do er nv gepeihtet hete,
Der abt nam vrlaub da ze stete,
Wider zu seinem closter gen;
5. Da pat in der pischof sten
Und sprach: abt, lieber svn mein!
Du scholt hevte pei mir sein
Vnd zu meinem tische sein geladen,
Vnd scholt des haben chainen schaden.
10. Der abt antwurt im, daz er niht
Möht ane sein brüder haben pfliht.
Der Pischof in bei der hant nam
Vnd gebot im bei der gehorsam,
Daz er den tach bei im saezze
15. Vnd auch da mit im aezze.
Der abt müst seiner gehorsam leben
Vnd dem gebot, daz im was gegeben.
l
ler pischof lüde mer zehant
Die tevrsten Chorherren bechant,
20. Daz sie sich des vermäzzen
Vnd an dem tage mit im ezzen.
Daz taten sie alle sa
Ane alle Widerrede da.
Do nv daz äzzen beraitet waz,
25. Der Pischof Emrich liez niht daz,
Er satzte den Tvmprobst vor .
Mit den wirdigsten von dem chor
Zer tenken selten, do daz geschach,
Den abt Macharium darnach
30. Er satzte zu der rehten hant,
Daz er sein gemazze wer bechant.
Do er sie nv alle hete
leglichen gesetzet ze stete
Vnd do sie alle geleich sazzen,
— 39 —
Frölichen trunken vnd azzen
Chorherren vnd ander frume man,
Dem sem der Pischof vil wol gan:
Der Pischof zu dem schenken sin
5. Sprach: nim disen pecher hin,
Der hie vor vns stenent ist,
Vnd pringe vns ze dirre frist
Avz meinem chaeler den besten wein,
Der darinne müg gesein,
10. Ze eren den abt mein ^) gemaezzen,
Der hie pei mir ist gesaezzen.
D<
)o antwurt im der schenke da
Vnd sprach vrolich zu im sa:
Erberger vnd milter herre mein,
15. Swaz ir gebietet, daz schol sein,
Ich tun gern ze aller frist
AUez, daz ewr wille ist!
Den pecher nam er sa zehant
Von dem Pischof in div hant
20. Vnd giench in den chaeler hin;
Manich geverte lof mit im in,
Jvng edling, die dienten da,
Vnd zaepfte vil vazze sa;
Den pecher er do fult zehant
25. Des besten weins, den er vant
Vnd trüg in für den pischof nv,
Dem raichet er den pecher zu.
Den nam er vrölichen do
Vnd pot in dem abt Machario.
30. Do wart Machario zehant
Grozzev sorge bechant
Vnd rewe an seinem hertzen,
^) Die Hss. lesen meins und meines, gimäzi ahd. — aequalis.
- 40 -
Da von er het vollen smertzen.
Doch den pecher er da nam
Von dem Pischof, als im gezam,
Sein hant darüber rächt er sa
Vnd tet des chreutzes zaichen da
Vber den pecher, mit der vart
Der wein da ze wazzer wart.
De
]o er nv getrunchen hete
Macharius da ze stete
10. Den pecher hin wider gab
Dem pischof, daz er sich auch lab.
Do nu der pischof verstünt daz,
Daz ez lautter wazzer waz,
Do raicht ers dem Tvmprobst dar,
15. le einer dem andern an der schar,
Alle die da sazzen
Ze der tenken selten vnd azzen.
Der pischof da vnmütich wart
Vnd sprach zdem schenken an der vart:
20. Du böser kneht, got hazz dein leben,
Man schölt dich dem galgen geben!
AVarumb spotstu vnser Wirtschaft
Vnd diser grozzen herschaft?
Sag an schalch, sait ich niht dir,
25. Daz du des besten weins brehtest mir.
Den ich iender möhte han?
Vnd des schölst du niht enlan.
Den wolt ich ze trinken han gegeben
Meinen gesten, di bei mir hie leben,
30. Meinem brüder vnd den herren mein.
Nv hast du braht wazzer für wein,
Darvmb scholt du wizzen daz,
Daz du verdient hast meinen haz!
D
0 daz der schenk vernomen het.
- 41 -
Schreient vnd wainend ze stet
Viel er auf die erden do
Für den pischof vnd sprach also:
Mein vnschuld wil ich ev fürbringen
5. Genendiclichen ^) an disen dingen ;
Vnd ob ir niht gelaübet mir,
So scholt doch erbarmhertzenlichen ir
Gelauben disen edeln ivngelingen,
Die pei mir waren ze disen dingen.
10. Vil schier die diener all gelich
Ghomen für den pischof Emrich,
Vnd die dem schenken volgten mit
In den chaeler mit gutem sit.
Do er zaepft daz weinvaz,
15. Daz aller beste darinne waz,
Vnd die auch mit im waren da,
Do sie den pecher vol trügen sa;
Mit ir aiden völliclich
Bewarfen sie allez daz gäntzlich,
20. Daz der scheuch gesaget het
Als hie vor Reschriben stet.
D.
)er Tvmprost auch antwurte do
Dem Bischof vnd sprach also:
Erberger herre! ir schult niht
25. Mit vnmüt haben fürbaz pfliht.
Villeiht von got daz geschehen ist,
Swie wunderlich vns sei ze der frist.
Wizzet, daz Macharius
Der abt genant alsus —
30. Vmb denselben herren wizzet,
Der ze chainer frist niht izzet
Dheins tiers, daz lebentich ist gewesen.
^) Karlsb. Hs. gnadiglich.
— 42 —
Von dem man ie horte lesen,
Noch trincket niht, daz trunkenheit
Mvg geben, lait vnd vrölicheit,
Wein, maet, noch anders iht,
5. Daz ze trvnkenheit hab pflicht.
Herre vater, wir sahen dar
Vnd namen vleizziclichen war,
Do ir dem Abt Machario
Den pecher raicht mit dem weine, do
10. Gesegent er dar vber zehant
Des chrevtzes zaichen wol bekant.
Wir erchanten do angst seins mütes
Vnd erpidemvng seins leibes gutes
Vnd vil grozzen smertzen,
15. Den er het an dem liertzen.
l
larumb sein wir gewis an der frist,
Daz ditz von got geworht ist.
Wann hie gar offenhchen
Vor vns allen sihticlichen
20. Von gots gnaden daz ist geschehen,
Daz man hie nv hat gesehen,
Daz der beste wein ze dirre frist
In lauterz wazzer vercheret ist
Von Machario dem abt genant,
25. Der demütich ist vnd got lieb bekant.
Darvmb frewen wir vns mer
Mit gewonlichen siten mer dann her
Vnd tun von vns travren an der stat
Vnd loben got in seiner maiestat,
30. Der gerücht des ze geschehen
Bei vnsern zeitcn vns ze sehen,
Daz er vns erzaigen wolt
Ein sölichz zaichen daz geschehen seit.
Do daz der Tvmprost gesprochen het
— 43 —
Der pischof chert sich an der stet
Gein dem selben abte do
Vnd sprach güthch zu im also:
Macharie, aller liebster svn !
5. Warvmb liezest du mich also tun,
Daz ich mich versvndet han
Gein got vnd dir ane wan?
Wann hete ich versehen mich
Semhcher sache an dich,
10. Ich het dich an meinem tische niht
Beswäret mit dheiner geschieht.
A.
Luf stünt der Pischof Emrich
Vnd die andern gemainclich
Von dem Tisch, sie giengen hin
15. Andehticlichen mit ir sin.
Der pischof hiez den Tvmprost da
Den pecher nemen in sein hant sa
Vnd vor in allen hin scholt gan
Zu der obersten kirchen ane wan.
20. Der Pischof het an seiner hant
Den abt Macharium genant
Vnd er sande palde poten für
Ze ieglicher kirchentür,
Daz man zesampne lävt besunder
i25. Durch div gnad vnd durch daz wunder,
Daz der wein vercheret ist
In lauter wazzer ze der frist
Von dem Abt Machario,
Des sie alle waren vro.
30. Die bei im waren gesäzzen
^) Der wahrscheinlich auch hier durch mein Versehen ausgelassene
Vers lässt sich aus der Karlsb. Hs. ergänzen : vnd des tags do heten gessen.
_ 44 —
Die giengen nach einander schon
In einer andehtigen procession,
Den pochor trüge man vor in
Dvn'ch div stat ze der kirchen hin,
5. Vntz daz sie chomen an ein stat,
Do sand Kylian einen Alter hat etc.
Do crhal dev kirche ze der frist
Von dem volch, daz wüft vnd tobt
10. Von freuden vnd got do lobt.
Viel schier man hüb an daz gesanch
Mit lauter stimme, daz ez erclanch
Te deum laiidamiis,
Daz bedeutet sich alsus:
15. Gott herre wir loben dich.
Vnd also svnsen sie für sich.
D<
lo der psalm volbraht wart,
Die Chorherren alle mit der vart
Naigten sich mit ir knien zeiiant
20. Ze den füzzen des abts vorgenant
Vnd gerten, daz er in rücht ze geben
Seinen seligen segen über ir leben.
Des folgenden Morgens begleitet man Macharius mit dem
Becher in grosser Prozession zum Schotten-Kloster, dem der
Bischof St. Kyhans Pfründe auf ewig verschreibt mitsammt
reichen Weingärten und zudem noch die Kirche St. Jacob
stiftet. Der König Konrad, der den Zug sieht^ lässt sich das
Wunder erzählen, versucht das heilige Wasser und verspricht,
den Schotten in Würzburg ein Kloster zu bauen.
Ende: Do daz der künich gesprochen het, (Bl. 66)
Da stuont der pischof uf ze stet
Vnd die mit im waren da
Vnd giengen gemaine sa
Jeglicher an sein gemach.
— 45 —
Vnd an dem andern tag darnach
Wart da den Schoten gegeben dar
Sand Kyhans pfründe offenbar
Als einem ieglichen Chorherren do.
Daz stet vntz hevt den tag also.
Vnd also dienten die schotten ,?e lob
Got, in dem closter ze sand Jacob
Vor der stat Wirtzburch genant,
An dem perg Rabenstain bechant;
Je einer nach dem andern gar,
Als in ir haimvt geleit ist dar
Von dem pischof E'mrich,
Alz ez noch hivt ist sihticiich
Vor der vorgenanten stat,
Dev Wirtzburch den namen hat. ^)
Beinerkiiiigen.
1) Die Handschriften. 1. Die hier im Auszug mitgetheilte
und oben beschriebene Londoner Pergament-Hand-
schrift (Harleian Gollection 3971) wurde schon von Pertz
im »Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichts-
^j Von dem vorstehendem Gedichte habe ich absichtlich einen
ausführlichen Auszug gegeben, und diejenigen Stellen, die mir ihrem
Inhalt und auch der Form nach zur Charakteristik des Gedichtes die
bemerkenswerthesten schienen , wörtlich ausgehoben. Meines Erachtens
ist »Karl der Grosse und die Schotten« mit ebensoviel Recht der Mühe
einer vollständigen Ausgabe werth , als viele andere Gedichte seines
gleichen, die, das unsrige in keiner Beziehung überragend , dennoch die
sorgfältigsten Herausgeber gefunden haben. Da aber diess bloss eine
Entschuldigung gleichsam einer Unthat wäre , und ich eine solche auf
eigene Hand zu begehen nicht gewillt bin , stelle ich die Entscheidung
dieser Frage nach den hier gegebenen reichlichen Auszügen unsern
Fachleuten anheim.
— 46 —
künde,« Bd. 7, 711, erwähnt. Pertz setzt die Hs. ebenfalls
in's XIV, Jiihrh. Eine frühere, mir nicht zu Gesicht gekom-
mene Anzeige derselben steht in der »Abendzeitung, Weg-
weiser im Gebiete der Künste und Wissenschaften« Nr. 45
vom G. Junius 1821, wo zugleich eine unvollständige Inhalts-
angabe des Gedichtes, die bis zum Tode Karls reicht, nebst
einigen Proben mitgetheilt sind. Ausserdem vergl. Massmann
in den »Bayerischen Annalen« 1835, 19. ^)
Es ist noch zu bemerken, dass die Londoner Hs. in
verschiedene Abschnitte eingetheilt ist, deren Inhaltsanzeige
gewöhnlich in rother Schrift angegeben ist. So steht auf
Bl. 13, a:
Flie man nv end hat,
Wi des ersten gewunnen wart
Regenspurch di stat,
Bl. 20, a: Hie vindet man aber geschriben,
Wie khvnich karle vaht wider
Die haiden, di sich gesamnet hetten
Von alle der werlt stellen,
Vnd wollen eruehten Regenspurch die stat,
Die chvnich karl zu dem gelauben bechert halt.
Bl, 24, b: Hie hast du nu geschriben ze haut.
Wie chvnich karle wider choTn in das laut,
Genant yspania,
Ze vehten wider die haiden da etc.
') Erst nachträglich sehe ich, dass Ludwig Uhlaiid unser Ge-
dicht nach der Copie der Karlsburger Hs. (das Manuscr. Mailäth's) kannte
und so auch um die Existenz der Londoner Hs. wusste, dieselbe aber
mit M. irrthümlich für eine Papierhs. hielt. Uhland sagt über Karl und
die Schotten: »Soweit mir dieses Gedicht bis jetzt bekannt geworden ist,
erscheint es vorzüglich dadurch beachtenswerth , dass es Karin auch in
deutscher Sage als Glaubenshelden darstellt, wie diess auch bei der
Kaiserchronik der Fall ist.« (Uhlands Schriften zur Gesch. der Dichtung
und Sage II, 94.)
— 47 —
Bl, 39, b: Hernach geschriben stat,
Waz man antlazzes von weichsandpeter hat. u. s. f.
2. Es existirt noch eine zweite Handschrift, eine Pa-
pierhandschrift des XV. Jahrh. aus der Bischöf-
Hchen Bibliothek zu Karlsburg in Siebenbürgen,
welche nebst dem Gedichte über Karl den Grossen und die
Schotten auf der innern Seite des Einbandes ein Fragment
des Nibelungen Liedes, zehn Strophen aus der dreiund-
dreissigsten Aventiure, das bekannte Karlsburger Bruchstück^)
enthält. Die Karlsburger Hs. (9891 Verse) stammt — wie
am Schlüsse derselben ausdrücklich beigefügt ist, aus dem
.Jahre 1405. Der Codex (in c{uarto) enthält, wie der Lon-
doner^ weder Vorrede noch Titel. Die Karlsburger Hs. war
durch den Grafen Mailäth, den unglücklichen Geschichts-
schreiber Ungarns und den Herausgeber der Koloczaer Hand-
sclu-ift ^) zum Drucke bestimmt. Derselbe unterblieb aus
mir unbekannten Ursachen; das Manuscript Mailaths —
es sollte bei Cotta erscheinen — kam in Lassbergs Besitz
und befindet sich gegenwärtig mit der ganzen Lassberg'schen
Bücherei auf der Hofbibliothek in Donaueschingen. ^) Graf
^) Herausgegeben durch v. der Hagen im Jahre 1836 in seiner
Germania I, 337 u. ff.
-) Johann Graf Mailäth, Geschichtschreiber und Dichter, geb. 1786
zu Pesth, suchte 1855 in Folge grossen Elends, in dem er zu München
lebte, mit seiner Tochter den Tod im Starnbergersee.
t) Dr. K. Barack: Die Handschriften der fürstl. Fürstenbergischen
Hofbibliothek zu Donaueschingen. Tübingen 1865, unter Nro. 114.
Die Hofbibliothek in Donaueschingen, gegen deren frühern Vor-
stand, Hrn. Dr. Barack, ich noch eine Schuld des innigsten Dankes abzu-
tragen habe, stellte mir in liberalster Weise unter ihrer Jetzigen, ebenso
zuvorkommenden Direction, des Herrn Registrator Schelble, nebst anderm
Material auch das Manuscript des Grafen Mailäth zur Verfügung, wofür ich
hier nochmals bestens danke. — Das vor mir liegende druckfertige, mit einer
Einleitung versehene Manuscript (495 S. in 4", in grünem Saftianband) trägt
folgenden Titel: »Karl der Grosse und die Schotten, ein alt-
- 48 —
Mailäth, der einen diplomatisch getreuen Abdruck der Karlsb.
Hs. veranstalten wollte, hielt die ihm eben nur aus dem
erwähnten Auszug der Abendzeitung als Papierhs. bekannte
Londoner Hs. für die jüngere, eine Ansicht, die ich hier
nicht erst zu widerlegen brauche. Nebst ihrem geringern
Alter ist die Karlsb. Hs. mit der Londoner auch an Kor-
rektheit nicht zu vergleichen. Einige Proben werden diese
Behauptung bestätigen:
Karlsburger Hs. Anfang:
Uss alter vorher komen ist
Wie man es noch geschriben list,
Das vier erweit stet sindt,
Als man noch geschriben vindt,
5. Die niemant vndertanig süllen wesen
Dann päbst oder kaiser als wir lesen.
Die erst stat rom ist genant,
Tuschkan haisset da ir laut
Pey dem wasser teifir genant
10 Das in dem land wol ist bechant.
Trier ist die ander stat
In lutring, das wasser den namen hat
Die musel ist es aldo genant
Und manigem man wol wekant.
15. Köln die trit stat man nennet
Bey rein dem wasser man sie erkennet.
deutsches Heldengedicht nebst einem Bruchstück des Ni-
belungen-Liedes, herausgegeben von Johann Grafen Mai-
läth. Stuttgard und Tübingen bei J. G. Cotta.« Auf dem
Titelblatt befmdet sich das Lassberg'sche Wappen. Der Herausgeber
beabsichtigte das Werk dem damaligen Kronprinzen Maximilian von
Bayern zu widmen. Die — wie mir scheint ungenaue Abschrift des
Gedichtes wurde an Ort und Stelle selbst von einem Professor am
bischöllichen Lyceum zu Karlsburg angefertigt. Mailäth's Arbeit mag
aus dem dritten oder vierten Decennium unsers Jahrhunderts stammen.
— 49 —
Regenspurck die vird stat
Die vil gros wirdichait hat
In pairii ist sie wol ein krön,
Bey der tinnaw stet sie schön. ^)
5. Das selb wasser fleusse es gat
In das mer, vier porten es hat
Als hie vor geschriben ist
Vnd als man hernach wol list
Von der grossen wirdikait,
10. Die den vier steten ist aufgelait;
Rom die stat vnd trier,
Köln regenspurck die stet vier
Den ist mit rechter kur gegeben
Wie sie mit eren süllen leben
15. Vnd wie sie gefreyt sind,
Als man es noch hernach geschriben vind.
Vir sullen ze disen Zeiten gedagen
Rom koln trier vnd sagen
Von regenspürgk der werden stat,
20. Was die wird vnd cre hat
Als die geschrift weweisen kan,
Die püecher die noch geschriben stan
Von alter her der siecht es wol
Was recht die" stat haben sol.
25. Regenspmxk ist sie genant
Vnd ist vil weit verer wekant
Von alter her vil manigk iar
Das sag ich euch gancz furwar.
Die stat was mit gevierten stain
30. Mit grossen vnd nicht mit klain
^) In der schwäl)isch-alemannischen Schrift des 14—16. Jahi'h.
bedeuten zwei Punkte über einem VocaJe die Länge (schön := schön).
Der Umlaut wird durch sehief gestellte Punkte bezeichnet.
— 50 —
Unb vnd vmb all vmb gebenn
Ze allen selten, schön vnd eben
Mit gezüt vnd flois, darzu
Paidew spat vnd frue
5. Was iederman all er möcht
Wie gczirt gewand es als im töcht.
Sie flissen sich auch starcker man
Ze allen zeitten dar an,
Sie warn wol pey reichtnm
10. Vnd darzu mit grossem rum.
Gering silber vnd gold
Gaben sie viel grossen sold
Als es die haiden wollten han
Nach irem willen frawen vnd man.
15. Das wert vill lang also
An alle mue vnd dro
Vncz an kunich karel zeit
Der vertraib si dann mit grossem streit.
Die Eigennamen der Karlsb. Hs. sind zum Theil grau-
sam verstümmelt, hie und da Verse ausgelassen, oft ein und
derselbe Vers wiederholt. Ich führe noch einige frappante
Beispiele von dieser Unkorrektheit, die ich freihch auf Rech-
nung des Abschreibers setzen möchte an:
Zu Karls Tod. — das er niht lenger solde
leiden das kunigreich (statt kumberlich) leben.
Oder: — Warumb lassest du geweisen
Den hirtt der wol speysen (statt dein hert
der wolf peissen).
Später: da gelegen was dy hoffart (statt hofstat)
vor etc.
Die Lond. Hs. enthält nicht, wie Graf Mailäth — um
ihr jüngeres Alter zu beweisen — in seinem Manuscript an-
führt, spätere Einschaltungen. Diese erweisen sich lediglich
als die schon besprochenen Ueberschriften der einzelnen Ab-
— 51 —
schnitte. Dagegen hat die Karlsburger Hs. offenbare Lücken,
so fehlt ihr das wichtige Factum, dass Karl ein Sohn, der
später im Gedicht auftritt, geboren wird. Die vielfach ver-
derbte Hs. gibt auch zum Schluss die ordinäre Zuthat:
Hie hat das puch ein end
Got vns sein engel send!
2. Die historische Grundlage. In unserm Gedichte, das
seinen Ursprung mönchischer Speculation verdankt, die,
unbekümmert um die Entstellung der Geschichte die Grün-
dung der Schottenklöster in Regensburg auf Karl den Grossen
(den zwar die Kirche nicht canonisirt, das Volk aber heilig
gesprochen hat) zurückzuführen bestrebt ist, ^) dämmert
dennoch oft ein historischer Schimmer durch das Chaos der
Anachronismen und Fabeln hindurch. Halten wir diese spär-
lichen Strahlen fest.
Nach Eginhard lieferte Karl der Grosse den Heiden eine
Schlacht bei Regensburg im Jahre 780.^) In den ersten
Jahren des folgenden Decenniums erscheint Karl nach dem
nämlichen Gewährsmanne einige Male zu Regensburg. Ebenso
hat er im Jahre 799 mit Papst Leo in Paderborn eine Zu-
sammenkunft. 813 wird Karls Sohn Ludwig zu Aachen zum
römischen König gekrönt.
Aber erst zwei Jahrhunderte später geschahen die An-
siedelungen der irischen Mönche, die das Mittelalter con-
sequent Schotten nennt ^) in Regensburg. Allerdings scheint
^) Diese Fabel widerlegten schon im Anfang des XV. Jahrhunderts
Andreas aus dem Kloster St. Mang zu Stadt am Hof, dann Bruder Martin
von St. Emmeran und endlich Aventin, Ann. Boj. I, IV, cap. 4, 9.
-) Auch Konrad von Megenberg (Gonradus de monte puellarum)
erwähnt in seinem Tractatus de limitibus parochialibus in Ratispona
editus a. d. 1373 (Hs. auf der Regensb. Stadtbibl.) Cap. V diesen Sieg und
den collis victoriae.
^) Vrgl. Zeuss, die Deutschen und ihre Nachbarstämme, p. 569. —
Irland selber führte den Namen Hybernia oder Scotia.
_ 52
nach dem Mönch von St. Gallen auch Karl der Grosse schon
früher Sciiotten an sieh gezogen zu haben, allein sie gehören
doch wesentlich der meroAvingischen Periode an.^)
Unter dem Bischöfe Otto von Ritenburg in Regensburg
(lOGO— 1089) wurde das in der Folge nach St. Jacob ver-
legte Weihsantpeter durch den Schotten Marianus und fünf
seiner Gefährten, welche die Usurpation Macbeth's aus der
Heimat vertrieben haben soll, gegründet. Sie fanden Auf-
nahme in den Klöstern Ober- und Niedermünster. Die
Aebtissin Willa von Obermünster überliess ihnen die zu
ihrem Stifte gehörige Kirche Wihen St. Petri, wovon sie sich
nur das Grundeigenthum vorbehielt, und ein reicher Bürger
baute den Schotten bei der Kirche ein Hospiz, welches sie
im Jahre 1075 bezogen. Sie lebten von Almosen und Bücher-
abschreiben, bereiteten sogar das Pergament selber. Einer
von ihnen, Isaac, erreichte das hundertste Jahr. Im Jahre
1089 nahm Kaiser Heinrich IV das arme Klösterlein in seinen
Schutz durch einen Schirmbrief. ^) Nach und nach kamen
so viele schottischen Benedictiner nach Regensburg, dass man
darauf dachte, den Männern, die sich durch den Unterricht
der Jugend rasch beliebt machten, neue Räume zu bauen,
und während Weih-St. P^ter sich im Süden (ausserhalb) der
Stadt befand, gewann man für das neu zu bauende Kloster
*) W. Watlenbach, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter
bis zur Mitte des XIII. Jahrh. 2. Aufl. p. 83 u. ff. — Die nachfolgenden
historischen Notizen über Regensburg verdanke ich ebenfalls Herrn Pro-
fessor Dr. Reber in Regensburg.
^) Vrgl. Ried, God dipl. episcop. Ratisb. I, 160 und Monumenta
boica 29 Bd. p. 209: Omnibus Ghristi fidelibus memorie committimus
qualiter tempore Ottonis Ratisponens. Givitatis Episcopi Scotigene quidam
pro cruciando corpore salvandaque anima patria sua exularant ac diu
orationum loca visitantes Ratispona tandem vcnerant, qui Ecclesiarn in
Wihen S. Petri orationis providendani susciporent mox officinas edi-
ficant, nionachicamque vitam inibi celebrant et ab eleeniosynio fidelium
tantum ibi victitant — etc.
— 53 -
eine Oertlichkeit im Westen der Stadt. Vor dem damaligen
Roselin-Tlior ^) besass Friedrich, Graf von Frontenhausen, eine
geräumige Hofstatt und Grundbesitzungen, welche um 1109
von dem damaligen Regensburger Burggrafen Otto und dessen
Bruder Heinrich, beide Landgrafen von Steffaning und Riten-
burg, sowie von des letztern Gemahlin Bertha, Tochter Her-
zogs Leopold von Oestreich, dann von Luitgarda, Gemahhn
des Grafen von Bogen, ferner von den beiden Herren Gund-
acker und Werner von Laber und einigen reichen Bürgern
von Regensburg gekauft Avurden. Dort wurde den Schotten
ein grosses Kloster mit Kirche gebaut. Bischof Hartwich L
weihte im Jahre 1120 die Kirche ein, deren berühmtes
romanisches Portal noch jetzt eine Hauptzierde der Stadt ist,
wie denn die Basilica zu St. Jacob in der Kunstgeschichte
des Mittelalters eine bedeutende Stelle einnimmt. ^) Kaiser
Heinrich V. hat im nämlichen Jahre das Kloster durch eine
Urkunde in seinen und des Reiches Schutz genommen und
mit Privilegien ausgestattet. Weihsantpeter wurde nicht ver-
lassen, sondern gehörte, nachdem dort ein Priorat des Schotten-
klosters St. Jacob errichtet worden, mit zu den Besitzungen
des neuen Gotteshauses. Die Kirche Weih-St. Peter und die
dazu gehörenden Gebäude bheben stehen bis zum Jahre 1552.^)
In dem durch den Abfall des Kurfürsten Moritz von Sachsen
vom Kaiser hervorgerufenen erneuten Krieg des schmalkal-
dischen Bundes gegen Karl V. wurden auf Befehl des in
Regensburg kounnandirenden kaiserl. Obersten, Grafen von
Eberstein alle zu Weih-St. Peter gehörenden, als vor den
Thoren der Stadt gelegenen und die Vertheidigung liindern-
M Siehe p. 3±
-) Vrgl. den schönen Aufsatz Wattenbach's, die Gongregation der
Schotteuklöster in Deutschland, iu der Zeitschrift für christl. Archäologie
und Kunst v. F. v. Quast und H. Otte. I. Bd. 1856 p. 21 u. ff.
^) Thomas Ried, historische Nachrichten von dem im Jahre 1552
demolirten Schottenkloster Weyh St. Peter zu Regensburg. Regensb. 1813.
— 54 —
den Gebäude niedergerissen und die Steine zur Ausbesserung
der Stadtbefostigimg verwendet. Der Platz wurde darauf
der evangelischen Bürgerschaft als Begräbnissplatz zugewiesen
und ist bis zum heutigen Tage solcher geblieben. Von Weih-
st. Peter ist gegenwärtig nur noch der Name eines Thores
übrig, das im Süden der Stadt zum Bahnhofe führt.
Es hält schwer, eine genaue Reihenfolge der Schotten-
äbte in Regensburg festzustellen, da die Urkunden theilweise
zu fehlen scheinen. Einmal ist Weih-St. Peter verschwunden,
und zu St. Jacob wurden im XVII. Jahrhundert die meisten
Leichensteine beseitigt; zudem hat die Bibliothek der Schotten
schwere Verluste erlitten, theils durch Brände in früherer
Zeit und theils scheint zuletzt bei Aufhebung des Klosters
(1862) Vieles verschleudert oder nach England verkauft wor-
den zu sein.
Paricius in seiner »Kurzgefassten historischen Nachricht
von allen in denen Ring-Mauern der Stadt Regensburg ge-
legenen Reichs -Stifter, Hauptkirchen und Klöstern» etc.
(Regensb. 1725) stellt p. 226 folgende Reihenfolge der Schotten-
äbte auf:
Dominicus 1098, erwählter Schüler Mariani Scoti bis
1121, unter ihm die neue Kirche (St. Jacob) eingeweiht. (Auf
ihn bezieht sich wohl die noch nicht aufgefundene Vita S.
Dominici Konrad v. Megenbergs, der von 1342 — 74 in Regens-
burg wirkte.) Vermitius 1121 — 1133, Christianus 1133—1164,
Domninus 1164—1172, Georgius I. 1172—1204, Joannes I.
1205—1212, Mathaeus I. 1212—1214, Jacobus I. 1214—1223,
Joannes IL 1223—1265, Pauhnus 1266—1279, Marrobius
1279—1291, Mathaeus IL 1290—1293, Mauritius L 1293 bis
1295, Marianus 1295—1301, Donatus L 1301 — 1310 etc. etc.
Dagegen befindet sich auf der Regensburger Bibliothek
ein geschriebenes Verzeichniss, betitelt: series Abbatum mo-
nasterii S. Jacobi von dem bereits genannten Thomas Ried,
das wesentlich von obiger Reihe abweicht (wie jenes auch
— 55 —
erst die Aebte, die zu St. Jacob residiren angibt), aber wohl
das genauere sein wird. Doneljus 1107, Vermitius 1121,
Christianus 1148, Gregorius I. 1156, Patritius 1193, Joannes I.
1204, Matthaeus I. 1211, Gregorius II. 1214, Jacobus I. 1223,
Joannes IL 1233, Sanctinus 1241, Deocharus 1243, Mat-
thaeus II. 1247, Jacobus II. 1251, Gelasius I. 1257, Mat-
thaeus III. 1261, Macrobius I. 1277, Mauritius I. 1293, Ma-
carius 1295, Marinus 1296, Donatus I. 1300.
Nach unserm Gedichte waren Erhard^) und Albrecht
die ersten Schotten^), die nach Regensburg kamen, und als
erster und einziger Abt von Weih-St. Peter wird Dionysius
genannt (der in keinem der obigen Verzeichnisse erscheint);
später scheinen nach unsrem Gedichte die Aebte des Haupt-
klosters St. Jacob auch die Oberhoheit über Weih-St. Peter
ausgeübt zu haben, und als die ersten Aebte zu St. Jacob
werden Cristan und Gregorius (beide in Ried's series abbatum)
angeführt.
Das Gediclit macht auch den hl. Golumban (f 615 zu
Bobbio) zum Zeitgenossen Karls. Ebenso Avenig passt ein
Papst Cölestin in diese Zeit (Coelestin IV. 1241, Cölestin V.
1294),^) noch Aveniger König Konrad oder gar Lothar, der
hier zu Karls Sohn gemacht wird. — Noch ein Wort über
die beiden Mariani, die im Gedicht erscheinen. Marianus,
wahrscheinlich fälschlich Scotus genannt, kam mit Johann
und Candidus 1067 nach Deutschland, wurde auf Zureden
des Bischofes Otto von Bamberg, Benedictiner , zog nach
Regensburg und soll der Gründer von Weih-St. Peter sein.
^) In den Jahren 1357 oder 58 schrieb Konrad von Megenberg
seine Vita S. Erhardi gedr. in den acta Sanct. Jan. T. I.
-j Nach Raderi Bav. Sanct Tom. II, p. 232 hiess der erste Irlän-
der, der um 1080 nach Bayern kam und sich auf ewig in Obermünsler
zu Regensburg einmauern liess, Muricherodachus.
^) Leo und Hadrian (Hadrian I.) im Gedicht gehören in das Zeit-
alter Karls.
— 56 —
Starb um 1080. ^) (Eine vita S. Mariani Scoü in den Acta
Sanct. Febr. T. II, 365 -7:äJ Der andere Marianus mit dem
Zunamen Scotus, geb. um 1028, kam 1052 nach Deutschland
und soll in Regensburg die Mathematik und lil. Schrift ge-
lehrt haben. 1058 bezog er die Abtei Fulda und starb in
St. Martins Klause zu Mainz um 1082 oder 1085. Er schrieb
eine Chronik von Geburt Christi bis 1083 (v. Waitz edirt).
Es erübrigt noch, von der von Regensburg aus gestif-
teten Schottenkolonic St. JacoJj in Würzburg zu reden. ^) Im
Jahre 1134 wurde von Bischof Emmerich von Würzburg ^)
den Schotten das Kloster St. Jacob gegründet'^) und St. Maca-
rius ^) soll 1140 zum ersten Abte desselben erwählt wor-
den sein.
Später wurden von Herzog Heinrich IL auch Schotten
nach Wien berufen. Die Oberhoheit über diese, sowie über
die andern Zweigstiftungen in Würzburg und Memmingen
übte bis zu Ende des XIII. Jahrhunderts St. Jacob in Regens-
burg aus.
3. Das lateinische Original. Pertz füjjrt im VII. Bande
des Archivs für ältere dcütsclie Geschichtskundc pag. 711
eine lateinische Handschrift des britischen Museums über
') Ueber ihn Waltenbach im schon genannten Artikel in der Zeit-
schrift von Quast und Otte p. ^7.
') Unser Gedicht lässt den iil. KilJan mit .seinen Gefährten Golo-
nato und Totnato ebenfalls zu Karls Zeiten nach Würzbürg kommen,
obgleich dies ein Jahrhundert früher geschaii. — Hierüber J. Gropp:
Lebensbeschreibung deren Heiligen Kiliani, C.olonati, Totnani etc. nebst
gründlicher Nachricht von dem alten Dornb- und nachniulen Gollegiat-
Stifft zum iXeuen-Münster Wirtzb. 1738.
^) Nach Mailäth's Vermuthung Enunerich Graf von Leiningen,
27. Bischof v. W.
') Vrgl. Ludwig Sc. Wirceb. p. 993.
■') Ueber Macarius theilt Mone's Anzeiger, Jahrg. 1839, p. 203 das
Fragment einer andern Legende mit.
— 57 —
die Gründung von Weihsanipeter in Regensbiirg an.^) Es
ist dies der Cod. 3973 der Harleianischen Sammlung, im
Catalog folgenderweise bezeichnet: »Historia fundationis eecle-
siao Petri Ratisponae et sanctorum Hibernensiuni. Videtur
de iisdem rebus agere quae tractantur in no. 3071 cum quo
in forma consentit admodum.» Dieser Perg. Cod. 3973 be-
steht aus 87 beschriebenen Blättern in Folio, Jede Seite zu
zwei Golumnen ä 26 — 27 Zeilen. Die ziemlich regelmässigen
Schriftzüge und Abkürzungen weisen auf das Ende des
XIV. Jahrhunderts hin.
a) pag. 1. Incipit prologus in libellum de fun-
dacione ecclesie consecrati petri Ratispone. Humane
sapientie dyafiona claritas et clara dyaffonitas, quas prosiliens
prothoplastes e fönte creationis primitive produxerat, ipso in
peccatum defluente periit, terra corrupcionis fuligine obscurata.
Ponderosa igitur et obscura intellectus humani ratio parturit
et ingemiscit, expoUari cupiens cecitatis quam incidit densa
caligine, viduique (?) rursus ammissi luminis puritate fastigia
vero tam eminentissimi culminis, unde mit subito motu facili
diuturnis laboribus anxia conscendit pedetemptim et vix illu-
stratur parvo cognicionis lumine etc.
Nach dieser etwa drei Seiten langen praefatio incipit
libellus de fundacione ecclesie consecrati petri quae
vulgariter dicitur weihsantpeter, tractans de hyber-
nia et sanctis hyberniensibus quorum corpora ibi
rec{uiescunt.
Gandelabro superponere cupiens lumen divine miserati-
onis, cjuod in rcgione umbrae mortis liabitantibus nobis illuxit,
in unum volumen redegi scripta veterum, quae in diversis
codicibus repperi ac seniorimi reverendorum relatibus intellexi
de praepollencia sanctitatis ecclesie sancti Petri consecrati
^) Ich verdanke die Beschreibung dieser Hs. sanirnt den hier ge-
l)otenen Auszügen der Freundlichkeit meines Landsmannes, des Herrn
Dr. Sigg von Zürich, z. Z. in London.
— 58 —
Ratisponc, que vulgo weihsantpeter dicitur et sanctorum
hybernensium, quorum illuc grata societas, iit mihi fragraret
per vite meritum et virtutis cxinde daret odorem, divinitus
est directa et quia de sanctis palmitibus huc aliunde per
manuiii domini mirifice transplantatis tractaturi sumus, prius
aliquid de illa terra disorere convenit, vnde nobis tarn gloriosa
propago Vitium pullulavit. In Occiduis mundi partibus in
Oceano hec terra sita est, que hybernia vocitatur, amena,
pascuis opima (et) fructibus, lacte et melle manans, piscibus
exuberans, irugum fertilitate plurimum copiosa: vasa ire dei,
peccatores, rei, sordentes spurciciarum plenitudine hujus
exemplo terrae sperare discant, quod ipsos si se ad graciam
habilitaverint, mutacio (?) dextere excelsi viciis evacuans
replebit gracia etc.
So geht es fort von Capitel zu Gapitel (25 Cap.):
Quahter sit conversa terra illa; de fide et benignitate gentis
illius; de concilio Sanctorum, qualiter venenata et demonia
eiciuntur de terra etc. etc. bis
b) Bl. 14, b. Anfang dieses Tractates:
Asia ab Oriente vocata antiquitus a regine (?) avus
nomine funxit in imperio etc. (Ich wage es nicht, weder den
Eingang noch den Schluss dieses total entstellten Gapitels
abzudrucken.)
c) Bl. 15, b. Hie incipit tractatus de civitate
Ratispona nomine quatuor lapidum. Ex antiquis tem-
poribus quatuor principales civitates esse videntur, que sub-
gaudent privilegio unius libertatis ac juris unius, que nulli
homini servierunt (nee) uli subsunt potestati, quam apostolice
auctoritati et imperial! maiestati. Quarum prima est Roma,
alia Treveris, tercia Colonia ac Ratispona, que quarta. Roma
quidem sita est in tuscia iuxta fluvium tyberim, Treveris in
Luteringa iuxta fluvium mosolam, Colonia super fluvium
renum, Ratispona civitas bavarie super flumen danubis, quod
quatuor portis intrat in mare. Roma, ut praedixi, est sita
— 59 —
in affrica (!), Treveris, Golonia ac Ratispona site sunt in Europa.
De quibus civitatibus est ad praesens tacendum: recursum
breviloquum habeamus ad Ratisponam, urbem praeclaram,
prout in legendis antiquis et coronicis evidentius est repertum.
Ratispona est civitas antiqua, antiquitus nominata civitas
quadratorum lapidum, quia munita fuit de quadratis lapidi-
bus magnis et politis undique, ut apparet hodie in eiusdem
muri parietibus, habundans gloria et diviciis, in pompa
vestium et robustorum murorum fortitudine, auri et argenti
habundantia usque ad tempus karoli regis magni licet pagani
eam inhabitabant (?). Karolus igitur, filius pipini regis roma-
norum, qui pipinus rex duxit filiam regis francie et per eam
recepit filium nomine Karolum mortuo autem pipino, patre
Karoli, Karolus successit patri in regnum, sapiens, prudens
et judex laudabilis viduis, orphanis, religiosis et toti populo,
vir timens deum in illis diebus tunc augmentabat ecclesiam,
et crescebant undique christiani: Eodem tempore apparuit
angelus domini in sompnis Karolo regi, dicens ei: Karole
amice dei, dominus deus misit me ad te, ut hec verba nun-
ciarem tibi etc.
Schluss (Bl. 87): Cepit tedere et mestus esse et mul-
tum debilitare, quia gravis infirmitas accedebat et indicabat
eum jam velle absolvi. Ipse quoque cernens se non posse
pre längere nimio subsistere nee habere se considerans inter
mortales amplius
(Bricht mitten im Satz ab. Nach Pertz handeln diese
letzten Worte vom Tod Herzogs Welfs, in Gegenwart der
Grossen von Schwaben und Friedrichs von Rothenburg und
Alhaide, seiner Tochter.) — Vergleichen wir nun den letzten
Abschnitt c, bei den Worten: ex antiquis temporibus begin-
nend mit dem Eingang unsres deutschen Gedichtes über Karl
den Grossen und die Schotten, so sehen wir auf den ersten
Blick, dass in diesem Theil der lat. Hs. 3973 das dort wört-
lich übersetzte Original vor uns hegt. Der deutsche lieber-
— 60 —
Setzer weist nicht nur oft auf dasselbe hin, sondern gibt
sogar einige Male sein vorliegendes Latein unübersetzt wieder.
Bei einer künftigen Herausgabe des deutschen Gedichtes ist
auch das lateinische Original, das, Avie es scheint, weiter
reicht, als die lieber Setzung vollständig abzudrucken.
Dieser Tractat ist auch — ob ganz oder bloss im Auszug,
ist mir unbekannt — in dem Münchner cod. germ. 2928 aus
dem XV. Jahrhundert zu finden. In jener Handschrift be-
finden sich nebst einer CIhronik von Scheiern folgende Stücke:
Bl. 116. De civitate Ratisponensi. Bl. 201. Excerptum
libelli de fundacione ecclesie consecrati Petri.
Daneben gibt Pertz im Archiv X, 455 noch von einer
Wiener Hs. Kunde, die er folgendermassen charakterisirt:
»Cronica Karoli. Sehr fabelhaft, geschrieben zur Verherr-
lichung der Schotten, enthält die Gründung von Weih-St. Peter
und St. Jacob in Regensburg und ihres Klosters Memmingen,
sehr weitläufig aber romanhaft.»
4. Die deutsche Uebersetzung. Aus den reichlich mit-
gcthcilten ProJjcn dos deutschen Gedichtes und dem bis-
her Gesagten kann man mit Bestimmtheit darauf schhessen,
dass die Abfassungszeit unsrer Uebersetzung nicht weiter als
in das XIII. Jahrhundert zurück zu setzen ist. Als St. Jacob
zu Regensburg in seiner Blüthe stand, musste der immense
Nimbus Karl des Grossen auch dieser Stiftung von seinen
Strahlen leihen und so spielt auch hier ein Stück der alten
Fabel von der Schenkung Constantins im Kleinen und unter
veränderten Verhältnissen ab.
Die Kunstübung des Dichters ist keine aussergewöhn-
liche: wenn auch einzelne Stellen wahrhafte Begeisterung
erkennen lassen, so ist doch der grössere Rest unmässig
breit, schwunglos, oft langweilig, die Verse zum grössten Theil
platt und reimann. Es scheint mir, dass Mailäth eine zu
— Gl —
gute Meinimg von dem Gedichte hatte, als er dasselbe fol-
genderweise charakterisirte: »Die erste Hälfte ist femig,
schnell vorschreitend, das Ganze poetisch; die zweite Hälfte
breit, ruhig, sich langsam bewegend, einfach erzählend, ohne
Schwung. »
Nach dem Dichter oder vielmehr dem Uebersetzer zu
forschen ist ein so vergebliches als unnöthiges Bemühen.
Jedenfalls war er ein Benedictiner zu St. Jacob oder Weih-
st. Peter in Regensburg, wie auch schon Thomas Pvied an-
genommen hat.^)
5. Die spätere Legende. Aus dem deutschen Gedicht
entwickelte sich im XV. Jahrhundert eine kurze Prosa-
legende für den Volksgebrauch ^) , die meines Wissens zwei
Ahil und zwar ohne Zweifel zuerst gegen Ende desselben
Jahrhunderts gedruckt vrorden ist: einmal von Johannes
Stüchs in Nürnberg^) und dann von Fritz Kreuszner in Nürn-
') MaihUh in der Einleitung (Bl. 57) zu seiner projectirten Aus-
gabe macht den Versuch aus folgender Stelle des Gedichtes, die von
sieben Schotten, die nach R. kamen, handelt, auf den Namen des Dichters
zu rathen :
» — der sechst prüder ysack.
der auch wol der tewtsch p flach.
Donat der sibent was,
der vil gern sang vnd las.»
Schliesslich ^sei noch ei'wähnt, dass G. Zappert, der bekannte
Schlummerlyriker in den Sitzungsberichten der k. k. Academie der Wissen-
schaften, phil. -historischer Classe XIII. Bd. Wien 1854: »Ueber das Frag-
ment eines liber dativus» p. 183 die Vermuthung äusserte, dass jenes
Buch, das der Kaplan des Grafen von Plaien den Wiener Schotten
schenkte, unser Gedicht gewesen ist.
') Nach einer Notiz Schuegrafs in den Verhandlungen des histo-
rischen Vereins von Oberpfalz und Rogensburg IX. Bd. 1845 erkaufte
schon im Jahr 1458 der Regenslmrger Magistrat eine Legende, worin
der Sieg Karls über die Heiden verhen-licht wird. Oline Zweifel die
vorliegende.
*) Vrgl. Panzer's Annalen Th. I, 47.
— 62 —
berg.^) Aus sprachlichen Gründen scheint mir der letztere
Druck älter zu sein. Es liegen mir Abschriften beider Drucke
vor.^) Ich gebe einen Auszug aus demjenigen von Stüchs.^)
Das ist die loblich legend von des grossen kayser
Karls stroyt vor der stat Regenspurg geschehen.
(Darunter ein Holzschnitt, der diesen Streit darstellt. Ein
Engel reicht dem Kaiser das Kampfschwert. Der Druck trägt
keine Jahreszahl; auf der Rückseite: Gedruckt zu Nürenberg
durch Johannem Stüchs. G Bl. in Kleinquart.)
Anfang: Von alten zeytten sein vier ursprünglich stett
als die fodristen jn tugenthafftem herkomen gehalten w^orden,
und in ewige freyhait begnadet, das sie kainem menschen
zu dienstbarkeit verbunden seyn, AUain bäbstlicher wirdeig-
kait und kayserlicher maiestat stetige andacht zu beweysen,
als des heyligen, römischen reiclis getrewen. Die erst ist
Rom, zu den zeytten ein haubt der weit, in welschen landen
an der Teyffer gelegen. Die ander, genant Trier ligt in
Entringen an der musel. Die drytt Köln an dem rein unnd
die vierdt Regenspurg an der Tonaw. Nach Christi gepurt
in dem sechtzehenden jar erweiten die römer Tiberium, des
kaysers Juli stieffsun. Und jn dem achtzehenden jar seins
reichs ward unser herr Jesus christus gemartert. In dem-
selben jar hüb Tiberius an zu pawen die stat R.egenspurg.
Und ward nach jm genandt Tyberina.
Folgen die verschiedenen Benennungen^ der Stadt: »die
vierecket stat», (urbs quadrata) »germansshaym, hyaspolis,
') Vrgl. Panzer's Nürnbergische Buchdruckergeschichte p. 177 und
dessen Zusätze zu den Annalen p. 19.
^) Der erste auszugsweise in einer Copie des Hrn. Prof. Dr. Reber
in Hegensburg, der andere nach einer Absclirift des Freilierrn v. Meuse-
bach, die er unterm 29. Januar 1824 für Lassberg besorgte. Jetzt Donau-
eschiiiger Hs. Nro. 132. Titel: »Das ist die loblich legend von keisers
karls streyt vor regenspurg geschechen.»
■') Der Kreuszner'sche Druck ist mir erst später zugekommen.
— 63 —
imbrippolis, reginopolis, regenspurg.»^) Hierauf ist von dem
Brückenbau die Rede: »man hüb an zu pawen die selben
pruck do man zalt nach christi gepurt ailffhundert vnd funffun-
dreyssig jar.»^) Die Legende geht auf Karl den Grossen über,
dem ein Engel im Traume erscheint und ihn zur Heiden-
bekehrung auffordert. Papst Gelestin gibt ihm den Legaten
Appollonius »an seiner stat beystandt zu thün.» Karl erobert
Sicilien, Apulien, terram laboris (terra di lavoro) und Tuscien,
fordert den lombardischen König Desiderius auf, die Taufe
zu empfangen. Da dieser sich Aveigert, schlägt Karl eine
Brücke über den Po (pada), liefert den Heiden eine sieben-
tägige, siegreiche Schlacht und besetzt das Land nach christ-
licher Ordnung,
— »vnd zoch darnach in Almaniam, das hie disshalb
des gepirgs Hgt. Und schlug seine gezelt in bayrn auff,
hiessen die selben zeyt Hünen zwischen der wasser und Dalra^)
(? ebenso Kr.), do yetzund oetting ligt, das was zu bayrn
angefangen, in mainung bayrn zum glauben zu bringen, be-
sonder die vierecket stat, die alzeit ein haubt in bayrn ge-
west ist und noch darinnen die stercksten hayden etc.»
Die Fürsten und Städte Bayerns unterwerfen sich und
lassen sich taufen, ausgenommen die Heiden in der »vier-
ecketen stat regenspurg.» Karl zieht nun »nach Offenbarung
des engeis für die statt, schlug seine gezelt auff den sigpühel,
darauff yetzund diss gotzhauss stet. Do fände er ein crewtz,
als jm gottes enget zu fueget des sigs do selben gezeigt het.»
Nach etlichen Stürmen und der gütlichen Aufforderung zum
^) Kreuszners Druck: Derselbigen stat name wardt nochmals zu
fünffmalen alweg von rechter vrsach wegen verkert, das man sie nant
gemenshaim hyaspolis vnd impripolis vnd ratispona vnd regipölis ; die
letz genantten siben namen diser stat vnd sach der selbigen findt man
in der stat legendt vntterscheidenlich.
*) Fehlt b. Kreuszner.
^) Ein Druckfehler für Salza.
— r,4 —
Glaiibon antworten die Heiden: »wir getrawen in unsere
götter, in unser veste stat gepew vnd unser gut, des wir
genüg auss zu geben liaben, daz wir noch in kürtz kayser
karl eim vngezampten ross an den zagel binden, und durch
unser gantze stat schlayffen, und in also beschämen und mit
manchorhande gayslung vom leben biss zum todt bringen
wellen, auch die Fürsten seines voleks am galgen erstecken,
auch das ander volck alles mit dem schwert verderben, das
keiner darvon sol kumen.»
Die Belagerung dauert ein Jahr, Hungersnoth bricht in
der Stadt aus; auf Vermahnung des Engel Avird endlich zum
Sturm geschritten und nur derer geschont, die die Taufe
begehren. Nach der Einnahme wird christliche Ordnung in
der Stadt gestiftet und die Mauern werden wieder aufgebaut.
Dann zieht Karl gegen Schwaben, Franken und Lothringen,
um nach seiner Art das Evangelium auszubreiten; er erbaijt
auf des En^rels Befehl Achen (Ach) »zu krünung römischer
künig in iniser lieben frawen münster». Auch Brabant unter-
wirft sich.
Nun fährt die Legende fort: »Item do die alten mech-
tigen haiden von forcht wegen keyser Karls von Regenspurg
gewichen waren und vernumen betten, daz kayser Karl jn
die verre als gen Sachsen (die er dann zum glauben pracht
hett) kumen was, samelten sie ein unzelich volck, do mit
zugen sie nach der Tonaw hei'auff und umbiegten die ge-
vierten stat Regenspurg lanss halben ^) von ainem ortt der
Tonaw biss zu dem andern, von osten bis gen westen, das
die Christen in der stat gross forcht begryffen.» Während
die Einen zur Flucht rathen, sind die Andern der Ansicht,
die Stadt, die ihrer Treue befohlen sei, zu vertheidigen und
schicken dem Kaiser Kunde von ihrer und der Stadt Noth
iiml Zwangsal. »Als bald Kayser Karl die mer und botschafft
vernam, sprach er: Mit grosser müe liaben wir die verjrten
*) = auf iler Landscjile; der andre Druck gibt lanssdhalben.
— 05 —
zum liecht des glaubens bracht, sich zympt auch den Stetig-
keit und trew zu beweysen und zu halten. Hub sich auff
mit gantzer seiner macht und zoch eyllents zu der gevierten
stat^» lässt eine Brücke auf Schiffen schlagen: »von der selben
schyffpruck wegen belib diser stat der nam Ratisp o na.»
Sie beichten nun Alle und berathen sich, Avie sie »mit gots
hilff mit in ritterlich streytten wollen und als sie auff den
siechbühel vor der stat, darauff yetz das gotz hauss
weichs sant peter stet, jre gezelt, schjTm und wer ge-
vestet und jr streyt wagen, als sich gepürt, wider die hayden
gesteh betten, auch den hayden zu geschryben und in wal
gelassen, ob sie des morgens früe oder am achten tage
streytten wolten: begerten die hayden am achten tag zu
streytten. Do waren siben bischoff jm hör^) kayser karls,
und nach seinen kayserlichen gepoten prediget jr yetlicher
ein tag das wort gots. Domit er die Christen ermanet und
haist der selbig platz noch auff der predig.» Am achten Tag
beginnt der grosse Kampf, -) dauert bis in die Nacht hinein,
erfolgt am andern Morgen von Neuem »und ward ein sausen,
^) Andrer Druck her.
-) — vnd an dem achten tag zu mal frü ward vnzellich gehört
grausam gedön in dem nechmetten vnd zu fügten sich peyd partey
grymmiglich auff eynander vnd mannlich mit vilueltigen scheymbarn
panern vnd gleisseden schütten, als das wol gestirnet firmament in
wintterkalter nacht, vnd traffen mit sollichen vngestiiem iiTes geschoss,
sieg, stürm geschrey vnd erschellung der pusaumen zu peyder seitten,
das von vergiessens ires plutz das dür ertreych do selbs bedecket wardt,
auch die ding darauff vor sweyss, staub vnd kott vermüst vnnerkent-
lich wurden, vnd weret yr arbeit, schissen vnd stechen, slahen vnd
streytten den gantzen tag piss zu der nacht, das vor finster yeder teyl
stundt in seynen hämisch zu ross vnd zu fuss, ire wer in iren henden
vnd vertriben also die nacht vngeslafen; piss frü, als die morgenrötten
auff prach traffen an eyn ander beyde her grimiglich vnd geschach des
selben anderen tags gross manslacht vnd die krefftigen, wolgerüsten
viellen fast darnyder, als zerbrechen vil paüm in weiden etc. (Nach dem
Drucke Kreuszners.)
— 66 —
als ein schiessentz wasser oder ein grosser ungestümer windt
die zusamen stiessen, das weret alle tag biss das es finster
ward; do gelagen vil Christen, die man begrub bey dem ge-
zelt kayser karls, do yetzund das gotzhauss stet weich sant
peters, und die verwunten pracht man in die stat zu pflegen
nach jr nottürfft.» Am dritten tag erneuerte Schlacht, »Künig
karl und der legat Appollonius und die byschoff und vil
geystlicher, andechtigcr lierren paten zu got mit wainen und
grosser andacht umb sig vnd heylsamkait christenlichem volck.»
Als am Mittag die Heiden sahen, dass der Christen so wenige
waren, schickten sie ihre besten Streiter voran, welche das
Ghristenheer in die Flucht drängten »biss zu k. karls gezelt.
Des erschrack k. karl, der Legat und die Fürsten und vor-
geer der Christen gar seer, und streckten sich für got auff
die erden und als sie hyn zu got rüfften mit vergiessung
jrer zeher, paldt do kam gottes enget von der höhe, als ein
dvnderschlag, und erschyn jn aym weyssen klayd auff einem
weysscn ross; vor des schwert wichen und niedergiengen der
hayden ritter und pcst streytter als der schnee an haysser
sonnen, oder als daz wachs beym fewr. Sie begrayff die
forcht, das sie wichen biss zu dem klainen pechlein genant
mertanie ^), » allein durch ein Wunder Gottes vermochten sie
wegen des grossen Wassers nicht über das Bächlein zu gehen
und flohen »biss gen härting ^) ; die chrfsten eylten nach und
erschlügen die hayden do selbst so gar, das auss in allen
nit ainer belayb, der die mer haym verkünt hot und ligen
die hayden zu flärting begraben, als man die pühol jm felde
noch sieht.» Karl lässt die Verwundeten pflegen, die Todten
begraben »an diser stat geweicht sand peter, der warn nach
überschlahung bey dreyssig tausent und liess die kirchen
weich sant peter pavven,» und gründet nun auch Nieder- und
Obermünster »durch frawen hemma, die künigin mit zeyt-
*) Der Name schwer erklärlich.
'^) Harling eine Stundo östlich von Regensl)urg.
— 67 —
liehen güttern begabt — als die Coronicken des gut unter-
schaid geben.» Nachdem Karl die Kaiserkrone empfangen,
regierte er noch vierzehn Jahre. »Item do die welschen
geniainiglich zu land zugen mit Urlaub des kayser karls,
schickt er seinen marschalck mit in, der pracht die keyserin,
die do swanger was von rom biss gen ötting; do gepar sie
einen sun und ward nach seines vatters namen genant Karo-
lus etc. Item keyser karl an stat der welschen ritterschafft,
die er heym vnd von im gelassen hett, nam er zu im die
von teutschen landen mit namen Bayrn, Düringen, Sachsen,
Swoben, Francken, von Lutringen, Brabanten, Frantzosen, Bur-
gundien und ander landt, mitt den zoch er gen dem nider-
gang der sunnen all zu christenlichem glauben.»
Und nun fährt die Legende weiter: »Item die selben
zeyt kamen siben geystlich und wirdig brüder und gottes
diener auss schottenland mit namen Maurianus, Mantatinus,
Mürthethanus ^) , Clemens, Gervasius, Ysaak und Donatinus
von Ach gen Bamberg, darnach gen Regenspurg, sanct Er-
harten und den grossen bischoff Albertum ^) haym zu suechen,
die woneten zii nidermünster etlich zeyt in löblicher andacht.
Und als sie nun verrer gen rom walfarten (sant Peter und
Paulus haim zu suchen) auch vermainten, hielt man sie auff
mit grosser pete, dann man sie nit geren ziehen liess. Also
wurden sie ains, dah sie haimlich bey nacht dar von ziehen
wollen, und alspald sie für die stat auff den pürger perg ")
komen, begrayff sie ein gross ungestümes wetter, dem ent-
wichen sie und schmückten sich h Inder das gericht. Do selbst
sie in der forcht entschlieffen, also öffnet in gottes engel im
schlaff, wie sandolfus vor funff tagen unschuldigklich erhenckt
wer worden und gottes will wer, daz sie sollen bleiben an
^) Im andern Druck: Mürtliethatus und Donatus.
^) Nach dem andern Druck: Albrecht.
^) Wahrscheinlich der jetzige Galgenberg, ehemalige Richtstätte,
im Süden der Stadt.
— r,8 —
dem ortt, do sie des morgens der sunnen scheyn des ersten
würden sehen. Als pald die brüder erwachten, do paten sie
got mit andacht für den vorgenannten unschuldigen sandolfen,
der wurde wyder lebendig und gieng haim in sein hauss und
offenbaret solich geschieht, die an jm ergangen waren. Die
brüder sahen den schein an sant peters kirchen am aller
ersten: darein giengen sie, wann man pawet yetlichem ein
besondere wonung, do in dann sandolfus, der von jrs gepets
wegen erkückt ^) was von dem todt, dienet und zu trüg prot
und Wasser und ander nottorfft.»
Zusammenkunft des Papstes Adrian mit Karl in Regens-
burg auf Ostern. »Do nun über vier wochen des babst an-
welt, Gardinel und legaten Urlaub hieschen, begeret kayser
karl, daz sie jm, vor ee sie naher schyden dise kirchen sant
peters consecrieren und weihen wolten.» Alle zur Weihe
nöthigen Dinge, Salzwasser, Aschenwedel und Kerzen werden
in Bereitschaft gemacht. »In der ■ selben nacht, do die brüder
an jrem gepet warn, hörten sie mit suessem gesang got loben,
und daz gotzhauss mit sampt seinen wonungen wardt erfult
mit begierlichem rauch und der ersam und heylig sant peter^),
in ertzbischoffs korklaidung, wardt von jnen gesehen mit
unzelicher englischer schar_, jn solchem liccht, das die brüder
der klarhält nit vor gesein mohten und als sie die weyhung
verbrachten, do wurden sie darnach nymmer gesehen. Des
morgens früe, do der kayser, legat, kardinal, bischoff und
ander solcher gesiebt, hymlischer weih, gesanges und wirdigkait
erjnnert wurden, nit allain durch die brüder ee genant, svn-
') Interessante Form für diese späte Zeit. Uebrigens ist dieselbe
dem deutschen Gedicht entnommen:
Do er von dem tod e r k ü c Jv t was,
Nicht lenger lies er das
In die stat er lief zehant etc.
'■') Nach Kreuszners Druck : »sant peter vnd die zwelffpoten,» wie im
Gedicht.
— 60 —
der auch durch den süssen geschmack und zaichen der weich
auff den altaren, an den vier wenden und winckehi der kirchen
und auff dem estrich und hymhschen schryfften, wurden sie
do eintrechtigkhch zu rat, das es sundigen henden unzimUch
zu weyhen wer, so es durch die hymhschen verpracht war.»
Der Papst Adrian wird aufgefordert, die Kirche mit Gnaden
zu versehen, denn er sei »got sunder danck und lobs schul-
dig, der bey seinem leben diser sant peters kirchen die siben-
feltigen gnad und barmhertzigkeit verliehen het: Des ersten,
wann der pühel des sigs durch gottes engel zaigt und genent
ist; zum andern, das die figur des crewtzs christi nach des
engeis zaigung do ist gefunden worden. Zum drytten die
Überwindung und aussstreyttung der hoffertigen und unge-
laubigen hayden, die Regenspurg bissher mechtigklich besessen
hatten. Zum vierden der veltstreyt, der durch den engel
sichtigklich wider die hayden geschehen ist. Zum funfften,
das über dreyssigtausent mertrer do begraben ligen. Zum
sechsten, das die siben brüder do ge^vont und got durch sie
grosse zaichen und mirackel gewürckt hat. Zum sibenden,
das höchst und wirdigst die hymlisch weyhung sant Peters
do gesehen ist.» Dess wegen wird dieser Kirche »der nam
weich sant peters und mit manigfeltigen römischen ablass
oder Vergebung der sunden geben.»
Die Legende schliesst: »Item die kayserin kam mit jrem
sun her gen regenspurg, do dann alles regiment got zu lob
nach des kaysers willen geordent, gesetzt und volpracht ward.
Darnach zu fuget er seinen sun und gemahel mit jm zu der
stat Ach, die er dann erhebt und het lassen pawen. Do
hin berüfft er seinen letzten kayserlichen hoff, der dann von
allen christenlichen herschafften und vorgeern löblich besuecht
und do selbst bestettigt worden ist aller der christenhait eer,
nutz, Ordnung und nottorfft. Und do nun kayser karl alt
was LXXII jar, schickt unnd ordnet er zu der seel ein hayl-
sam Testament, das er bekrefftiget mit siben Sigillen. Und
— 70 —
entschlieff jm herren an sant Agaten tag nach christi ge-
purt sibcnhnndert ^) (!) unnd jm fnnfft zehenden jar, seiner
reich jm XL VII. und seines kaysertliumbs jm XIIII. jare.»
Die Vergleichung dieser Legende — verfasst zum Lobe
Weih St. Peters — mit dem doutsclien Gedichte zeigt, dass
hier bloss ein oft fast wörtlicher Auszug aus dem ersten
Theil des Gedichtes (bis zu Karls Tod) vor uns liegt mit
einigen unbedeutenden Veränderungen, so am Schlüsse der-
selben, wo im GedichL die Kunde von der W^eihe Petri erst
durch Boten dem Papste Leo gebracht werden muss, während
die Legende den Papst Hadrian bei dem Wunder in Regens-
burg anwesend sein lässt.
Die erwähnlen Drucke der Legende stimmen ausser
einigen Sätzen im Eingang und der Orthographie wörtlich
mit einander.^)
Ein Jahrhundert später dichtete Hans Sachs, der
während seiner Wanderschaft einst zu Regensburg in Gon-
dition gestanden, ein Lobgedicht auf Regensburg ^), in welchem
*) Der andre druck : VIII hundert.
'^) Erwähnenswerth ist eine dem Exemplar des Druckes von Stüchs
auf der Regensburger Stadtbibliothek beiliegende Notiz, geschrieben von
der Hand des um die Regensburger Geschichte hochverdienten, im Jahre
1827 dort verstorbenen Thomas Ried, Verfasser des codex diplomaticus
Ratisponensis. Sie lautet: »Altdeutsche Handschrift im brittischen Mu-
seum in London von Karl des Grossen Streit vor Regensburg, ein
deutsches Gedicht aus dem XV. Jahrh. — Der Verfasser ist ohne Zweifel
ein Mönch v. Weih St. Peter. Er erzählt mit frommer Weitläufigkeit,
wie viele Ablässe in St. Peter gewonnen werden können, welche Güter
es besitze, wie diese verwaltet worden. Die Schicksale dieses Klosters
werden der Hauptgegenstand des Gedichtes. — Morgenblatt (soll heissen:
Abendzeitung) 1821 nro. 45, 6. Juni.» — Herr Dr. Reber, dem ich auch
diese Mittheilung verdanke, vermuthet, dass Thomas Ried selbst die
schon früher erwähnten Proben in der »Abendzeitung» veröffentlicht
hat, was ich bezweifle.
^) Herausgegeben mit erläuternden Anmerkungen durch Scliuegraf
in den Verhandlungen des historischen Vereins von Oberpfalz u. Regens-
burg. 9 Bd. 1845.
— 71 —
die hier behandelten Ereignisse zum Theil ebenfalls erwähnt
sind.
Anfang: Regensburg die alte berühmte Reichstat
Tyberius Nero erbauet hat etc.
Zuerst habe die Stadt »Tyberiana» dann »Quadrata,
die viereckigte Stat» geheissen. Die Schlacht auf dem Sieg-
bühl berichtet Sachs also:
— Kayser Karl der Gross genannt
Der führt ein krieg mit Tassilo,
— Ein herzog nennt Beyern also —
Ihm das ganz Beyerland einnahnl.
Nachdem er auch für Regenspurg kam,
Thät mit den hunnen ein feldschlacht,
Ein grosse Summa der feind vmbracht
Die von dem kayser wurden erschlagen;
Aufs kaysers Seiten auch etlich lagen,
Die man herrlich begraben hat
Zu St. Peters-kirchen vor der Stat,
Zu der zeit kayser Carl bezwungen
In der Stadt Regenspurg Alt und Jungen,
Dass sie christhch Glauben annahmen
Liessen sich tauffen allesamen etc.
II.
Gedichte des XIII.— XV. Jahrhunderts.
Additional Manuscript Nro. 24, 946. Schöne Papierhandschrift des
XV. Jahrh. 294 Bll., schmal Foho mit Goldschnitt in grünen Saffian
gebunden. Die Titel in rother Schrift. — Die letzten zwei Blätter von
jüngerer Hand geschrieben. Die Handschrift wurde unterm 29. Juli 1862
von dem berüchtigten Libri gelcauft.
Bei der grossen Wichtigkeit dieser Hs. gebe ich eine vollständige
Beschreibung derselben mit Auszügen.
Bl. 1 — 2. Ungenaues Inhaltsverzeichniss : Dy tafel vnd register
darnach man ain yede matery in diesem buch
dester ee vinden vnd nach der zal suchen mag.
I. Im anfang sechs Rueff vnd sprüch, so ain doctor
gemacht vnd aus der heil, geschrift getzogen hat.
Bl. 3 — 4. 1. Der erst von den zehen gepoten:
In gottes Namen heb wir an
Der alle ding volbrinngenn khann
Oben in dem obristen thron
Er ist allain der heiligist
Er ist allain herr Jesus crist
Mit got dem vatter ewig ist
Im singent alle enget schonn
Wol in dem himel vnd in dem thron
Vnd all chor in süssem don
Sy lobent gottes maiestatt
Wol in der heiligen drinitat etc.
— 73 —
Bl. 4 — 7. 2. Von unsers herren leiden:
In dem anfang aller guten dinge
Ruef wir got an das vns gelinge
Das wir den seinen willen volbringen
Wann got der lierr gesprochen hat
Kain guot werich mag nit werden volbracht
On mich vnd mein gotliche macht etc.
Bl. 7 — 8. 3. Von vnser lieben frowen:
Gottes müeter soll wir rueffenn an
Ir guet vns wol helfenn khann
0 Maria du solt vns nit Verlan
Wann du vnser liebe mütter pisst
Und vnnsers hern Jhesu crisst
Hilff Maria zu aller frisst etc.
Bl. 8 — 10. 4. Als der engel den grues braht:
Gott sas in seiner maienstatt
Mit seinem sun so nam er ratt
Wie er menschen brecht aus sender not
Aus seinem thron er herabe kam
Clar menschait von ainer jungfraw nam
Sein werde gothait wol antzam etc.
Bl. 10 — 11. 5. Von dem glauben:
Wir sollen bitten den heiligen geist
Umb rechten glauben aller maist
Der vns den weg der warheit weist
Heiliger geist nun chum vns her
Erfüll deiner gelaubigen hertz beger etc.
Bl. 11 — 12. 6. Von dem heiligen kreutz:
Der sig des konigs scheinet schon
Des konigs kraft damit gar fron
An dem das flaisch geweckt
Gehangen ward an des galigen werck
Dein leib mit wunden manigfach
Ain scharffes sper sein hertz durchstach etc.
— 74 -
Vielleicht sind diese G Sprüche von Heinrich von Mügeln (XIV.
Jahrluuiderl), der von den Meistersingern »der heiligen Schrift Doctor»
genannt wird. (Vrgl. K. J. Schröer : die Dichtungen Heinrichs von Mügeln.
Wien 1867.)
Bl. 12 — 60. II. Hie vahent sich an die teichnoer.
Von den folgenden zum grössten Theil ungedruckten
Sprüchen Heinrich des Teichners gebe ich die Anfänge:
Bl. 12, a. 1. Was der gröst valsch sey:
Ainer fraget mich der mär
Was der grossist valsch war
Auf der weit vnd wider gott
Da sprach ich der grosst spott etc.
Abgedruckt bei Lassberg, Liedersaal I, 395 u. ff.
Bl. 12, b. 2. Wie man biderleut erkennen sull:
Ainer bat mich das ich im nant
Wie man biederlewt erkant
Do sprach ich das ist schwär
Der getrew ist angeuär etc.
Bl. 13, a. 3. Wer jedermann gefallen mug:
Mir wont oft wunder bey
Ob in der wellt yemant sey
In aller wellt jung vnd allt
Frisch gemait wolgestallt etc.
Bl. 13, b. 4. Das sich kainer grymen sol:
Leib vnd seil ist nicht als guet
Als ain wol besinter muet
Der an got lat all sein sach
Er sey wirdig oder schwach etc.
Gedr. bei Lassberg, Liedersaal HI, 137.
Bl. 14, a. 5. Die mess hat 8 tugent:
Ainer bat mich im 1er zu geben
Wie er sollt zu kirchen leben
— /o —
Die weil der briester messe liatt
Da sprach ich an ainer stat etc.
Gedr. bei Lassberg III, 317.
Bl. 16, h. 6. Wir sullen in sunden nit slafen:
Es is recht an aller stat
Wer erib von ainem herren hat
Der soll im dienen dester mer
So hat der mensch die gröst er etc.
Bl. 17, a. 7. Ain böser solt nit wissen das gefert
Wie sich ain biderman ernert:
Ich hon gehört von weisen
Von allten vnd von greisen
Man sol das ende sehen an
So sprichet man ain böser man etc.
Bl. 18, b. 8. Seinem vbergenossen soll ainer vbersehn:
Zwen nachgebawrn warn
Die begunden ainander varn
Ainer dem andern was zu schwär
Der ain der was ain burger etc.
Bl. 19, a. 9. Von vbermüt ain peispil:
Ein pawman zu im selber sprach
Do er das körn ane sach
Ich will liewr nit vertragen
Ob mir icht wunden wurd geslagen etc.
Bl. 20, b. 10. Von bösen alten weihen:
Etlich alter weib nit erkennen
Sollt man si secken ^) oder prennen
Darzue so trueg ich gern ain zäun
Nymbt ain arm man ain frawen etc.
Bl. 23, a. 11. Wie ainer heyraten sollt:
Mit krancker hab ain man mich fragt
In welher weis es mir behaatt
^) secken = culeo includere et suffocare, Strafe der Kindsmörder-
innen. Friscb II, 140 c.
— 7G —
Er wollt im ain eelich frawen nemen
Ich sprach so la dir zemen etc.
Gedr. bei A. v. Keller, Erzählungen aus altdeutschen
Handschriften (35. Publ. des Stuttg. lit. Vereins) p. 653.
Bl. 25, a. 12. Was in der weit der höchst hört sey:
Ich ward gefragt fromder wortt
Was in der wellt der obrist hortt
Ob allen horden möcht gesein
Ich sprach ain rotes myndelain etc.
Bl. 26, b. 13. Von kurtzen rocken:
Ich kom an ain stat durch mer
Da was oft ain mynner
Die der mynne zaichen trugen
Vnd vil wenig guts gewogen etc.
Bl. 28, b. 14. Von den die den frawen arckwan machen:
Anders nicht dann Verlust vnd gewin
Also geet die zeit hin
Vnd hat sich also gemischet
Das ain laid mit lieb erlischet
Vnd ettwerm lieb mit laiden etc.
Gedr. im Liederbuch der Clara Hätzlerin ed. Haltaus
p. 186 u. ff.
Bl. 29, b. 15. Von dem armen hofman:
Ainer fraget mich der mär
Was das aller ermest war
Das auf der wellt mag gesein
Do sprach ich die grössten bein
Leit ain armer hofman etc.
Bl. 30, b. 16. Zwo lieb mugen nit in ain hertz:
Es lebt niendert fraw noch man
Der zway lieb gehaben kann
Ane vallsch in seinem muet
Jeglich fraw missetüt etc.
1
— 77 —
Bl. 31,b. 17. Von ammen vnd kamerweiben:
Ich hon manig schlacht gemezzen
Und han aines noch vergezzen
Des ain noturft ist zu schreiben
Von ammen vnd von kamerweiben etc.
Bl. 33, b. 18. Das wolfailist ist lieber frund vnd ge-
sell mein:
Ainer fraget mich der mer
Was das aller wollfaillst war
Auf aller diser wellt krais
Do sprach ich kain ding ich wais etc.
Bl. 34, a. 19. Von trunckenhait vnd vasnacht:
Trunckenhait vnd vasnacht
Han ich recht geleich bedacht
Man will was der truncken tut
Das soll alles wesen gut etc.
Bl. 35, b. 20. Ein klain wetter vertreibt ain fawlen
werchman:
Es ist ain allter spruch gemain
Das man spricht ain wetter klain
Treibt ain fawlen werckman ab
Dem geleicht ist ain edelknab etc.
Bl. 36, b. 21. Bey Übeln weihen püest man die sund:
Ich hört von ainem gutten man
Der wollt alle dise wellt Verlan
Vnd wollt buezzen in ainer willd
Das er furbas menschen bild
Nit gesäch bey seinen tagen etc.
Bl. 37, b. 22. Maniger ruembt sich seiner aigen
schänden:
Maniger ruembt gar vast sein adel
Wann er hat an ern zadell
Vnd vnadelichen tut etc.
— 78 —
Bl. 38, b. 23. Ainen alten man wolt der tüfel sund
schunden:
Zu ainem mal was ain jmiger man
Wenn er liett das ding getan
Des die man mit frawen pflegen
So was er in rewen streben etc.
Bl. 40, a. M. Von singern ain peispil:
Hangen singer vindet man
Der die herren effen kan
Das er singt ain loblied
Vnd das von kainem herren schied etc.
Bl. 41,a. 25. Sich zu gots tisch ze beraiten 1er:
Ainer fraget mich der mär
Was dem menschen das nutzist war
Dem gots leichnam wirt gegeben
Wie er nach der zeit sull leben etc.
Bl. 43, a. 2(). Wie ain ritter seiner hawsfrawn ain
rosshawt anlegt:
Ayn ritter sas in bayrnland
Der was ain dienstherr bekannt
Do hett sein weih den vbermüt
Sie wollt nur tragen klaider gut etc.
Gedr. l)ei A. v. Kellers Erzählungen p. 201, wo sich am
Schluss der Dichter Hans Ramminger nennt.
Auch in Münchner codd. germ. 270 und 379. Vrgl. Halm,
die deutschen Es. der k. Hof- und Staatsblbl. zu München.
Bl. 44, b. 27. Von ainem kläusner:
Ain clausner gesezzen was
In ainem walld als ich las
Darinn was er worden alt
Da gieng er ainsmals aus dem walld etc.
Bl. 40, a. 28. Ob gut sey dy weit aufzugeben oder nit:
Ainer bat mich das ich im sait
Weihes den menschen bas furtrait
— 79 —
Das er all wellt aufgeit
Vnd in ainer clausen leit etc.
Bl. 46, b. 29, Was vnderschaid salld vnd gelück hab:
Selld vnd geluck sind zway ding
Das geluck das ist ring
Wirt die selld dauon verlorn
Er war pezzer nie geporn etc.
Bl. 47, a. 30. Von zucht vnd warhaitt:
Es was weilimt in der wellt
Das man wag für alles gellt
Schone zucht vnd warhait
Das ist aus der wellt verjait etc.
31. Der sünder sol nit vert zweifeln noch
V e r t z a g n :
Bl. 47, b. a) Wer so vil gesundet hat
Das in der zweiuel bestatt
Vnd an gott so ser verzagt
Das im sein hertz das nu sagt etc.
Bl. 49, a. b) Mich wundert ainer sach dick
Maniger sundet one strick
Ane vorht vnd vber macht
Der muess ain handvest haben bracht
Von gott das er icht verlorn werd etc.
Bl. 50, a. 32. Gott ist vns verporgen:
Gott ist vns verporgen vor
Jegl eicher weis mit gespartem tor
Als latein verbergen kan
Tewtsche wort wie nahent ich stan etc.
Bl. 50, a. 33. Wie man sich sull zu gots tisch beraiten:
Ainer fraget mich der mär
Was dem menschen das nutzist war
In der antlas wochen zill
So man zu dem allter will etc.
— so —
Bl. 50, b. 34. Aber ain 1er davon:
Wer sich well beraitten woll
Wann er zu dem alltar soll
Der soll als ain bawman graben
Was der ackers mag gehaben, etc.
Bl. 51,b. 35. Warumb die wellt välscher sey dann vor:
Ainer fraget mich der mär
Warumb die wellt vallscher war
Den ye vor bey ewrn tagen
Ich sprach das will ich dir sagen, etc.
Bl. 52, a. 36. Von den so sich der frawen ruemen:
Das posist kunter das ich wais
Das ist ain wollf in aim krais
Ain iesslich tier peist als vill
Als es im zu aim mal will. etc.
Auch in einer Abschrift Lassbergs aus einem Hug'sehen
Codex des XV. Jahrhunderts erhalten. Vrgl. Barack, die
Hss. der fürstl. fürstenb. Hofbibl. zu Donaueschingen, p. 49. 12.
Bl. 52, b. 37. Von der frawen vnstätikait:
Ainer fraget mich der mär
Was das aller posist war
An den schonen frawen gemait .
Da sprach ich vnstätikait. etc.
Auch in Münchner cgm. 270.
Bl. 53, a. 38. Von dem bluemlein vergismeinnit:
Ich kom in des mayen zeit
Auf ainen gruenen anger weit
Der stund in ainem tiefen tall
Da sach ich pluemen manigfall
Gen der liebten sunne prehen.
Ich gedacht ich mues die ansehen
Wie der may sey getziert
Vnd ieglichs bluemlein formiert
Gegen des hechten mayen schein etc.
— 81 —
Schluss: Sy sprach vergismeinnit das edel pluemelein
Pflantz mir in den garten des hertzen dein
Vnd der zawn der vmb den garten galt
Soll sein nitliebers vnd vergismeinnit an aller statt.
Bl. 55, a. 39. Von Spielern wimdertzaichen:
a) Nu höret was von spil geschach
Wie sich der offenlich räch
Ain stat ist manigem man bekant
Die ist Jenua genant, etc.
Bl. 57, b. b) Nu hört wie ainer behalten ward
Der gut herr sand bernhart
Ainem spiler ainsmals bekam
Der spiler rueft in frolich an. etc.
Nro. 39 und 40 sind Erzählungen aus den Gesta
Romanorum. Die lat. Prosaerzählung zu 39, b siehe b.
A. Kellers Gesta Romanorum Stultg. 1842, p. 280.
Bl. 58, a. 40. Das frawen nit wol verschweigen mugent:
Hort das bewart Marobius
Der hat dauon geschriben alsus
Vnd nembt des in den buechen gawm
Von her sypyones trawm. etc.
Zu den 13 Handschriften, die uns die an 70,000 Verse enthallen-
den, meist ungedruckten Spruchgedichte Heinrich des Teichners (f um
1377)^) überliefei't haben, gesellt sich nun auch die unsrige. Die drei
letzten Gedichte, Nro. 38 — 40 sind nicht mehr von ihm ; in den übrigen
nennt er sich stets am Schlüsse: »Also sprach der Teichnaer.»
Bl. 60 — 85. III, Hie vacht an kern freidancks gedieht
Der auf der weite leuf wol ums hericJit.
Die folgenden Gedichte, Reispiele, die der Schreiber unsrer
Handschrift ausdrücklich — aber wie man auf den ersten Blick sieht —
^) Vrgl. Th. V. Karajan, über Heinrich den Teichner, in den Denk-
schriften der Wiener Academie 6, 85 u. ff. — Herr Prof. Bartsch theilt
mir mit, dass von Prof. Strobl in Wien eine Ausgabe des Teichners
vorbereitet wird.
— 82 —
fiil seh lieh Herrn Freidank zuschreibt, rühren von verschiedenen Ver-
fassern her und sind ihrer ursprünglichen Abfassungszeit nach in's
13. Jahrb. zu setzen. Beinahe alle dieser trefflichen Fabeln sind gedruckt.')
Viele derselben wurden von Grimm, Docen u. A. dem Stricker zuge-
schrieben, der eine Zeit lang ein Gollectivname für alle herrenlosen
Gedichte dieser Art war. Später hat Bartsch in der Einleitung zu
Strickers Karl (p. XLIX) eine Sichtung derjenigen Beispiele, die dem
Stricker angehriren, vorgenommen. Ich gebe nebst den Anfangszeilen
einige Male zur Vergleichung der Lesarten vollständige Abdrücke dieser
Beispiele.
Bl. ftO. 1. (Ohne Ueberschrift.)
Was nymer kain man
Von mynne geleren kan,
Die red ist gar verloren
Vnd wer als nuzze verhorn.
Sy hahen ze helen gleichen müt,
Ir helen ist ze nichte gütt.
Was hülfe kan sie vertagen?
Er kund es jr denn helfen tragen,
Es hat nit khraft, gelaubet mirs.
Es ward ain ochs vnd ain hirs
Ziisamen in ain joch erkoren,
Durch das sie bede hetten hörn
Das sie zügen geleiche.
Da gehillen sie misseleiche :
Das rind was ziehens gewent.
Dawider was der hirsse verdentt
Auf laufen vnd auf springen.
In khund nie bezwingen
') Namentlich in Haupt's Zeitschrift für deutsches Alterthum Bd. 7,
.318—382 durch Franz Pfeiffer. -- Altdeutsche Wälder Bd. 2, 1 u. ff.
v. Docen, dann Bd. 3, 167—238 durch Jacob Grimm. — Docen's Mis-
cellaneen zur Geschichte der teutschen Lit. Bd. 2, 209. — Hahn: Kleinere
Gedichte von dem Stricker Quedlinburg und Leipzig 1839. — Lassbergs
Liodersaal, Haupt und Hoffmanns Altileutsche Blätter etc.
Mehrere dieser Fabeln wurden auch später von Boner neu bear-
beitet.
— 83 —
Der starcke acker knechte,
Das er wollte ziehen rechte.
Do müssten sie sich schaiden,
"Wann sie vnder in baiden
Behilen (1. gehulen) vngeleich (in) ein.
Also geschehe noch leichte zwain,
Die mit vngeleichem synne
Pflegen einer mynne,
Die mynne wirt vnstätte,
So man sie aller gernest hette.
Gedruckt in Haupts Zeitschr. (Z) 7, 338 nach einer Wiener
Perg. Hs. des XIII. Jalirh. Vrgl. Hoffmann v. Fallersleben,
Yerzeichniss der altdeutschen Handschriften der k. k. Hof-
bibliothek zu Wien. Nro. 34, 173. Auch in den Altdeutschen
Blättern von Haupt und Hoffmann. 1, 108.
2. Von ainem biirgstall:
Es rait ain ritter der was tum
Auf ainer Strassen die was krum
Das schuef ain berg der da stund
Als noch genüge berge thuend etc.
Gedr. in Z. 7, 339, nach der Wiener Hs. 34, 203.
Bl. 61. 3. Wie ain leo seinen sun lertt:
Ain leo zu seinem sune sprach
Do er sich des todes versach
Sun ich bin blöde vnd allt
Von mir hast du den gewalt
Das du aller tiere herre bist etc.
Gedr. in Z. 7, 349 nach Wiener Hs. .34, 202. Auch in
einer Hs. des XV. Jahrh. in Donaueschingen, bei Barack
Nro. 93, 4.
4. Wie ain fraw aines spotte:
Ich kam in aines mayen zeit,
So die wise gerne leitt
Mit blümen befanngen,
Auf ain haid gegangen,
— 84 —
Die was mit blümen wol gevarb.
Nu nam ich ir aller war,
Welhew mir darzue lochte,
Das ich sie brechen möchte
Vnd bringen meiner frawen.
Als ich da gie schawen,
Do sach ich haselblümen stan,
Die seind vil nach gelich getan
Als die veyel sindt.
Des wanes was ich ain chind.
Der auch mir vil sere loug.
Der blümen schone mich betroug,
Das ich sie für veyel brach.
Als mir das geschach
Vnd ich sie meiner frawen auch trüg,
Da tuldet ich spottes genüch.
Sie sach daran ein schein,
Ich möchte wol ain tore sein.
Mein sin teuchten sie nit gut.
Das ich dise vnedel blüt
Für edeln veyel hette ersechenn.
Des wer vnrecht mir geschechenn.
Hett ich mich ee bedachtt,
Ee ich sie zu hofe hette bracht,
Das alle blümen veilvarwe
Nicht veyel sind garwe.
Noch alle blümen rosenvarb.
Das die nicht sind rosen gar:
Het mich des niht betrogen ^)
Ich biet sie gefragett,
Wie (sie) vnder in baiden
Sich ze rechte khünden beschaiden
') Der Abschreiber hat auch hier das alte betraget seiner Vorlage
motlernisirt freilich auf Kosten dos Reimes.
- 85 —
An varbe vnd an edelkaitt,
So wer mir nicht geschehen lait,
Nv lat ir euch durch gahes sehen
Solhe vnweissheit nicht geschehen,
Ob sie ist gutten weihen geleich
Vnd weder gut noch sinereich,
Was got so geleicht sie sich
Der haselblümen, die ich
Für den edeln veyel prach,
Vnd geschieht ew als mir geschach:
Ir verlieset vur war
Gutten gedingen vnd ewr iar
Vnd alle die arbait,
Die ir an sie habt geleit.
Gedr. in Z. 7, 320 nach der Wiener Hs. 34, 200. Auch
in Donaueschinger Hs. 93, 16.
Bl. 62. 5. Wie ain äff an ain vöchin tausch begert:
Zu einer füchsin sprachen die äffen
Wer hat dich so beschaffen
Das wir beliben also blos
Vnd dir dein zagel ist so gros etc.
Gedr. in Z. 7, 352 nach der Wiener Hs. 34, 198.
6. Wie ain kind sich verbrennt hatt:
Pey einem fcAvr ich gesach
Des mir ze lachen geschach:
Do lag ain ay gebratten
Vnd ain khind vnberatten.
Das wolld zu dem fewr komen
Vnd hett das ay gern genomen.
Do ims do niemand bott,
Do zwang es des hungers nott,
Das es das ay von den kholen
Gerne hette verstollenn
Vnd ertzeiget eines khindes list,
Der dicke one witze ist:
- 86 —
Es tet zu die äugen
Vnd went, es were tawgenn
Was dauon im geschach,
Durch das es selber nicht gesach.
Aus greif es nach wane dar
Vnd geriet die hand anderswo.
Es greif an ainen brannt
Vnd hette verprennt die hand,
Vnd Avas sein diephait wol gesehen.
Also mües allen beschehen,
Die mit blinden synnen
Nach fremden gewynnen
Kerent ir gemütte etc.
Gedr. in Z. 7, 368 nach der Wiener Hs. 34, 199.
Bl. 63. 7. Ain hwen gehaymbt sich zu aim habch:
Es stund zu ainen stunden
Auf ainem hamel ain habech gebunden
Als man noch dick sieht tun
Nu het gewonnt dar ein hvn etc.
Gedr. in Z. 7, 356 nach der Wiener Hs. 34, 197.
8. Von unkeuschen mannen:
Das ist ainer yeglichen katzen muet
Säch sie vor ir vnbehüett
Hundert tausent essen sten
Sie wolt zu jn allen geen etc.
Gedr. bei K. A. Hahn, Kleinere Gedichte von dem Stricker
p. 1 u. ff. Auch in der Wiener Hs. Nro. 34, 42.
9. Von vnfruchtbarn blüed:
Welich pawm des plüetes vil gebirt,
Vnd des opses darauf nicht enwirt,
Des blüen wirt schier vnmäre
Vnd geleichet sich dem lugnere,
Der mer gehcisset danne vill,
Des er doch nit geben will.
I
— 87 —
Des pawms blüen vnd jenes geheis
Das ist mir als ich wol wais.
Gedr. bei Hahn Kl. G. v. dem Stricker p. 2. — Auch
in der Wiener Hs. Nro. 34, 43.
10. Was siecht in der jugent wechst:
Das ist der sumerliten tugent
Wahin sie sich naigt in der jugent
Wie gros sie ymmer werdn kan
Es scheinet das erst naigen an etc.
Gedr. in den Altd. Blättern 1, 14. Auch in der Wiener
Hs. 34, 44.
Bl. 64. 11. Von ainem hann der ain mergriesen vand:
Vor ainem stadel da man trasch
Da ging ain han durch genasch
Vnd warb als er künde
Do er kratzen begunde etc.
Gedr. Z. 7, 381 nach der Wiener Hs. 34, B9 und Alt-
deutsche Wälder Bd. 2, 3.
12. Von ainem springenden hund:
Es was hie vor ain reicher wirt
Was den gesten freude wirt
Des het er alles genüg
Er schuef wo man sein gewüch
Das er vil wol gelobt ward etc.
Gedr. Z. 7, 345 nach der Wiener Hs. .34, 78.
Bl. 65. 13. Wie ain fleug ain kalen offt irret:
Ain fleug ainen kalen man
Vil ser peissen begann
Das sie jm das haupt blos vand
Da slueg er dar mit der band etc.
Gedr. Altd. Wälder 3, 227. In Wiener Hs. 34, 79.
14. Wie ainer in sünden nit vertzagen sol:
So ain man in kämpf stet
Sein kampfgenos in nit erlett
— 88 —
Er schlach in leicht darnider
So sol er sich erholen wider etc.
Wien«!- Hs. 34, 92.
15. Ain peispill so ain bawr gewalt vber-
kumbt:
Es was hievor ain arm man
Der so lutzel guttes gewann
Das er vil selten sat ward
Nu het er ainen hofwart etc.
Wiener Hs. 34, 96. — Dieses Beispiel scheint das Gegen-
stück von Nro. 12 zu sein.
Bl. G7. 16. Von misshelung vnd neid in stetten:
Es was hievor ain reichev statt
Da ward man seilten neides satt
Wie vnmüessig er war
Do warn (die) burger
Ainander alle gehass
Vnd wessten selber nit vmb was etc.
Gedruckt Altd. Wälder % 4. Wiener Hs. 34, 97; und
Nro. 37, XVIII.
17. Wie ain maus ain ochsen zwickt:
Ain ochs ob ainer kripen stuend
Als noch vil dick rindcr tuend
Da wolt er sten vnd essen
Nu kam ain maws vermessen etc.
Gedr. Z. 7, 359 nach der Wiener Hs. 34, 98.
Bl. 68. 18. Ain peispill das ain has nit zam wirt:
Ich hör sagen für war:
Der ainen hasen drcissig jar
An ainem band behabe
Vnd ziech er jm dasselb abe,
Er werd dannoch willd.
Ditz ist ain gleichs billd
Wie lanng ain man er hat;
Ob er sie on liüet latt,
— 89 —
Si Wirt im willder dann ain has,
Der da lauft in dem gras.
In Wiener Hs. 34, 102.
19. Wie ain rab pfawen federn an sich tett:
Ain rab kam an ain gras
Da vand er das im lieb was
Pfawen veder ain michel tail
Des ward er fro vnd gaill etc.
Gedr. Z. 7, 365 nach Wiener Hs. 34, 103.
Bl. 69. 20. Zwei spotteten an ainander:
Ich kom do zwen sassen
Ob ainem müsse vnd assen
Do geschach in so laide
Das sie sich betroffen beide etc.
Gedr. Z. 7, 370.
21. Ain tor wolt das fewr mit holtz ersatten:
Ain tor sprach zu dem fewre
Was ich vernd vnd hewre
Holtzes ye an dich getrüeg
Des dauchte dich nit genüg etc.
Gedr. Altd. Wälder 3, 203. Lassbergs Liedersaal 3, 615.
In der Wiener Hs. 34, 105.
Bl. 70. 22. Wie die affin ir kinde erretten tut:
Ain jager kam in ainen walld
Da waren äffen vngezallt
Da wollt er jagen inne
Er gesach ain affinne etc.
Gedr. b. Halm kl. G. von dem Stricker p. 39. - In der
Wiener Hs. 34, 106 nnd Nro. 36, 25.
Bl. 71. 23. Von den fleugen:
E die milich warm ist
So ist sie der fleugen genist
Dann kumbt sie zu massen
Vnd besteet sie an den Strassen etc.
In der Wiener Hs. 34, 113 und Nro 36, 26.
— 00 —
24. Ain peispill:
Gott hatt der herren vil
Die tuend als das vcderspil
Wer das vor lieb hat ze woll
Vnd machet es zu allen zelten voll etc.
In der Wiener Hs. 34, 122.
25. Salomon schillt drew ding die got vnd
der weit unmär sein:
Drew ding sind got vnmäre
Vnd seind der wellt swäre
Des armen hoffart die da gebirt
Das er dauon zu spotte wirt etc.
Gedr bei Docen, Mise. 2, 209. Hahn kl. G. v. d. Stricker
p. 41. Auch in Wiener Hs. 34, 129 und 36, 17 und im
Koloczaer Codex ed. Mailäth p. XIV, LXXI.
Bl. 72. 26. Hie lobt er den tod wie nutz der sey:
Got hat seinen lob gemerett
Vnd seinen namen ye geeret
Sein lob hat maniges lobes ruef
Das er den tod ie beschuef
Der kan vns wol frewde geben
Der tod seiigt vns das leben
Der tod ist vns nutz gar
Der tod ist vnser leibnar
Der tod schwymet in gotes lobe
Allen gutten dingen obe
Die gott der weit hat gegeben etc.
In Wiener Hs. 34, 147.
Bl. 73. 27. Ain hübsche zauberlist der l'rawen:
Ich hör die frawen dick sagen
Vnd grosse nott ainander clagen
Was in ir man laides tue
Da kan ich schon liste zue
Die Averden zu Paris gedacht
Von dannen han ich sie her bracht etc.
In Wiener Hs. 34, 148.
— 91 —
Bl. 74. 28, Die toren haben dye drey namen:
Esel gowch vnd äffen
Den ist wunderlicher ere beschaffen
Affen esel vnd gowch
AUso nennet man auch
Die do habent nicht mer dan ainen namen etc.
Gedr. in Lassbergs Liedersaal 3, 213. In Wiener Hs.
34, 165 und 78, VIIL Auch in der Koloczaer Hs. Vrgl.
Altdeutsche Blätter 1, 8.
29. Wie ain blinder schaden spuret:
Ain blinder nam ain eehch weib
Des was wolgestalt ir leib
Das ward bestätiget vnd betagt
Man gab sie jm für ain magt etc.
Gedr. Z. 7. 367 nach Wiener Hs. 34, 166.
Nach diesem Beispiele fehlt die Rubrik und es bcginul sogleich :
Es soll kain frumer man
Mit dem posen nicht ze thun han etc.
Gedr. Altdeutsche Wälder 3, 169.
30. Wie ain türsch ir zwelf ass:
Hie vor da kamen zwellf man
In ain vinsteres tann
Die wurden irr darinne
Das khom in ze vngewynne etc.
Gedr. Altd. Wälder Bd. 3, 179. Auch in Wiener Hs. 34, 170.
Bl. 76. 31. Wie ain weib ainen list erdacht ire
h o w n d e v o r dem a r n z e b e w a r n :
Ain weib het so michel hayll
Das ir ain hwen ain tail
Junger hüner ausbrachte
Darzue sie gedachte etc.
Gedr. Z. 7. 376 nach Wiener Hs. 34, 174.
92 —
32. Wie zway weib ainem man das har aus-
zugen:
Ain man het ain aUtes weib
Vnd het auch selb ain allten leib
Im was das har wol halbes graw
Da kam ain schone magt dar etc.
Gedr. Z. 7, 372 nach Wiener Hs. 34, 175.
Bl. 77. 33. Wie ain hund durch geits ain braten verlos:
Do man sagt gute mer
Das ringert oft swär
Zu. ainer zelten lief ain hund
Dauon ward mir ainest khund etc.
Gedr. Altd. Wälder 3, 170. Ebenfalls in Wiener
Hs. 34, 176.
Bl. 78. 34. Ain geleichnus vnd peispill:
Die hüer vnd die katz
Beleiben in gleichem satz
Muesses zehen schussel voll
Mag ain katz dazue komen woll etc.
In Wiener Hs. 34, 177.
35. Das man den s wein edelgestain nit fur-
legen soll:
Die weil dise wellt stat
Ymer man den lyeb hat
Der beschaidenliche tichtett
Der aber torn abrichttett etc.
In Wiener Hs. 34, 178.
Bl. 7'J. 30. Wie ain maus ain leo erschrackt:
Mews luffen aus ir holt
Da sie heften geessen woll
Sic hüben an frewd vnd spill
Vnd heften kurtzweil vill etc.
Gedr. Z. 7, 355 nach Wiener Hs. 34, 18iJ.
— 93 —
Bl. 80. 37. Wie ain pfaw aines kranichs spotte:
Ain pfaw gie als noch pfawen tuend
In ain garten da (ain) kranch stuend
Bey im kam (er) nider geflogen
Da was der pfaw so vngetzogen etc. *
Gedr. Z. 7, 353 nach Wiener Hs. 34, 183.
38. Ain kraw erwellt ir ainen vogtt:
Ain kraw ir ainen vogt erkos
Dauon sie doch den leib verlos
Sie ylet fliegen ballde
Zu ainem finstern wallde etc.
Gedr. Z. 7, 357 nach Wiener Hs. 34, 187.
Bl. 81. 39. Wie ain maus ainem leo hallf:
Ich will ew sagen ain mär
Es hett ain willdner
In dem walld gerichtet strick
Als sie noch tuend vill dick etc.
Gedr. Altd. Wälder 3, 175. Auch in Wiener Hs. 34, 188
40. Ain windesstos warf ain aych umbe:
Auff ainem berg stund ain aych
Der höche in die lüfte raich
Sie het auch gros vmbe sich
Von langen esten weytten strich etc.
Gedr. Altd. Wälder 2, 1 und Z. 7, 380 nacli Wiener
Hs. 34, 189. Auch in Donaueschinger Hs. 93, 11.
Bl. 82. 41. Von ainem fuchs:
Ain fuchs vor hunger ser chval
Zu ainem trauben er sich stall
Den er sach vber den weg hangen
Do er in nicht mocht erlangen
Dreistimd er gegen in sprang etc.
Gedr. Z. 7, 364 nach Wiener Hs. 34, 190.
42. Von ainem bäum:
Ich kom geritten für ainen walld
Der was von pawmen maniguallt
— 94 —
Da was ainer vncler
Der tauchte mich besunder etc.
Gedr. Z. 7, 325 nach Wiener Hs. 34, 1!)1.
Bl. 83. 43. Von aiiiem hundt:
* Der hund pillet niemaii an
Also dicke so den man
Der den stab in der hand treit
Wie er ze were doch sey bereit etc.
Gedr. Z. 7, 348 nach Wiener Hs. 34, 192.
Schliesslich einige Fabeln aus Reinhart Fuchs:
44. Von dem wollf:
Und war es euch nicht swäre
Ich sagt ew ain mere
Das ew vileicht ee ist geseit.
Es geschach von gewonheit
Das ain wollf ain viche bais etc.
Gedr. in Reinhart Fuchs von Jacob Grimm S. 346. Auch
in Donaueschinger Hs. 93, 14 und Wiener Hs. Nro. 34, 194.
Bl. 84. 45. Wie der wolf kuntschaft gab:
Es was hie ain geytiger hund
Dem was vil schalkait khund
Der sprach ain schaf an vmb ain brott
Das liehe er jm in hungers nott
Vnd zoch es für gerichte etc.
Gedr. in Reinhart Fuchs von Jacob Grimm S. 345. Auch
in Donaueschinger Hs. 93, 15 und Wiener Hs. 34, 196.
Auch nach diesem Beispiel fehlt die Rubrik und es
beginnt dasjenige von Axtstiel:
Ainem man brast ain agstestill. etc.
Gedr. Altd. Wälder 3, 224.
40. Ain wolf betrog den hueter:
Ain wolf gie zu ainen stunden
Da ain schaf behuet was mit hunden
Vnd der hirt nahent bey jm stuend
Da was dem wolf vil wol khund
Das er im nit geschaden mocht etc.
— 95 —
Hie hat kern frddancks gedieht ende.
Am Schlüsse unsrer Beispiele angelangt, ist auf das Verhältniss
dieses Tlieils der Londoner Hs. mit der Wiener Pergamenths. Nro. 34
(nach Hoffmanns Zählung), die von Pfeiffer bei Herausgabe seiner alt-
deutschen Beispiele in Haupt's Zeitschrift zum Theil benutzt wurde,
aufmerksam zu machen. Wir finden nicht nur alle die Fabeln, die das
Londoner Manuscript enthält (sogar die beiden aus Reinhart Fuchs),
auch in jener Wiener Hs. des XHL Jahrhunderts, sondern selbst die
Reihenfolge der einzelnen Stücke, wie sie die Wiener Hs. gibt, ist
in der Londoner oft geradezu beibehalten (vrgl. 31—35, 38—43 etc.),
was gewiss mehr als Zufall ist, so dass ich die Wiener Hs. 34 als die
Vorlage — gleichviel ob direkte oder indirekte — dieser Partie der
Londoner Hs, annehme.
Bl. 85. IV. Hie vacht an ain hübscher spruch so herr oswalld
von Wolkenstein gemacht hat.
Es folgt ein moralisches Gedicht des trefflichen Oswald von
Wolkenstein (1367—1445), sein politisches und religiöses Glaubens-
bekenntniss, das bei Beda Weber: Die Gedichte OsAvald's von Wolken-
stein, Innsbruck 1847 p. 94—105 gedruckt ist.^) Bei der geringen Anzahl
der bekannten Hss. (drei an der Zahl) und der Originalität der unsrigen
— die zwar im Ganzen mit der sog. Wolkensteiner Handschrift
stimmt — schien mir der vollständige Abdruck des folgenden Spruches
geboten zu sein.
Vom rechten, von richtern, rednern vnd vrtailen:
M
ich fragt ain ritter ongeuare,
Der sich der wellte manig jare
Zu gütter nias erfarn hett,
Durch manig kungreich, land vnd stett,
In fursten hofen hin vnd her,
Ain tail der haidenschaft entwer
Als dann aim ritter zu gepirt.
In ainem so was er verirt,
^) Man erwartet von Prof. Zingerle in Innsbruck eine kritische
Ausgabe des Wolkensteiners. — Nach der Wolkensteiner Hs. stammt
obiges Gedicht aus dem Jahr 1438.
— 96 -
Das icli in des beschaiden sollt,
Darumb vnd er mich fragen wollt:
Beschaid mich, lieber brnder mein,
Von weihen Sachen mag das gesein,
5. Das götliche gerechtikait
Geordent ist on vnderschaid
In aller cristenheit gemain,
Aym yeden menschen, lawter, rain.
Zu statten komen durch gericht,
10. Und doch gar selten das beschicht?
Besunderlichen der gestalt,
Do man des leges nit enhalt
Nach den gesetzten keiserlich
Da werden betrogen arme vnd reich.
15. Ich sprach: als verr ich mich verstan,
Da sein vil heubter schulldig an.
Wer da regiert nach seinem haubt,
Wie clueg er ist, er wird getaubt
Besetzt er nit ain weisen ratt,
20. Dabey fraw ere wol bestatt,
Vnd Voigt dem nach durch götlich vor cht.
In welhem lannd man das verhorcht,
So hat gewallt das recht verhagtt,
Als wenn der abt die wurfel tragt,
25. Die brüder spilen all hinach
Dem herren zu lieb buester sach,
Vitztumb, ratgeb, pfleger vnd verg,
Richter, urtailer, vorsprech, scherg
Die treten all ain valsche ban,
30. Ain ieder zu lieb seinem vbermann.
Zwar der gewissen wirt so holl,
Damit man sich behellfen soll
Zu gütliclier gerechtikait.
Seid das man ins nicht vnderseit,
97
Das niemand kain geleichs beschicht,
Das ist ain pose Zuversicht,
Und ist aim land ain herte bues
Wo man das recht erkaufen mues,
5. Damit so stett der armen schantz
Nur altzeit binden an dem tantz.
Der gebhart hat ain swachen nam,
Wie wol er ist naturlich zam,
Darumb das er ist gantz durchbaisst,
10. Mit grosser gierhait man das haist.
Dauon verlait sich manig gut geselle
Durch in jn abgrund der helle.
Es nemen, geben arm und reich,
Aber secht es ist vngeleich.
15. Wer nymbt, das man im gern geitt
Also das er kain argenn neid
Well tragen der gerechtigkait.
Weder vmb lieb noch vmb laid,
Dem geber wolle bey bestaun
20. Nur wes er götlich recht sol honn,
Es sey mit vrtail oder rat,
Sein nüm ist ym dester mynder schad.
Tätt er es aber durch gott.
Des wer vil pesser on spott
25. Beschäch es dann vmb ainen sunst,
Dabey so war ain clainer verlust,
Im würd doch so vil er davon.
Das im bezallt wurd der Ion;
Auch möcht er richten bald partey
30. Vnd tat sein gutten vleiss dabey,
Darinn erwürb er lob und er
Von got vnd von der wellte ger.
Sälig wer das recht, wo man das näm.
Wenn gute fruntschaft kam.
— 98 —
Was man an recht geschlichten mag,
Das ist den teufehi grosser sclilag.
Diircli recht verlauft sich manig cliet
Mit urtail, raten, gab vnd miett,
5. Valsch zeugnuss, aid vnd aufsätz hol]
Das fliegt dem teufl alles wol.
Kain recht km übt seilten zu dem zill
An Sünde wenig oder vill,
Besunderlich in der haitt,
10. Da yederman auf sein aid
Ertailen sol nach seinem haubt,
Darunder maniger ist betäubt,
Das er nit funfe zelen kan.
Wie mag derselb ain recht verstan
15. Vnd gillt als vil am abelesen,
Als war er salomon gewesen.
Vnd voraus in der gemain
Fuegt sich das recht gar seilten rain.
Hat ainer nur ain vrtailer,
20. Dabey leut nach der swär,
Sie volgen all demselben nach,
Wie välschlich ist die anesprach.
Der richter lat auch über gen,
Vnd wil das vnrecht nit vwsten,
25. Das dem ainen tail beschehen ist.
Das tut als gebhart wo der ist;
Fielst sich ain fürst swacher rät.
Den sei noch er nit höher krätt.
So ist das recht in seiner hand,^)
30. Nur wie in lust, wirt es bekant,
Wann sie wissen wol als die hund
Irs herren willen zu aller stund.
') Dieser Vers fehlt, in der Ausgabe von Weber. Die Wolken-
steiuer Hs. gibt ihn.
— 99 —
Da hat das recht kain andre gestalt,
Dann treib man frauel vnd gewallt,
Vnd desgleichen vollgt der schein
Von allen, die gewalltig sein
5, Vnd das recht besitzen für vnd für
An vorcht, gewissen, als ich spür
Hoch von dem haubt bis auf die fues
Vnd nymbt doch ende mit swarer bües.
Ain redner, der da nymet gut
10. Von ainem, dem er reden tut.
Der ist ain argbonlicher man,
Den solt man nit erlaiten lan.
Traut man darüber seinem aid,
Sund man daran, das ist mir laid.
15. Das recht hat gar ain bechsin ^) nas,
Es lat sich biegen als der has.
So in der hund bringt in den Avanck
Nur hin vnd her stet sein gedanck.
Ich hör, das maniger vorsprech nymbt
20. Zu baider seilt, das übel zimbt.
Von ainem nymbt er offenlich.
Der ander sticht in haimlich:
Der ainen bartey rett er das wort.
Der ander tail behabt den hört;
25. Mit dem so wirt durch in verhaut
Die ain partey die im getrawtt.
O Judas, du vnsaliger man
Was hast du brüder hie getan?
AUain nit der da vorsprech haist,
30. Manig höher, der den bechsel paist
Gaistlich, welltlich, vindt man der,
Vnd wollen dannoch haben er
') b = w wie Vers 119, 137 etc.
— 100 —
Gen dieser wellt, wie hallt gen gott,
Daselb da furcht ich ir mit spott.
Noch ains lass ich nit unvermelt,
Ain bos gewonheit in der wellt:
5. Die gaistlich sein vnd welltlich recht ^)
Reglern mcr dann rittor vnd knecht,
Vnd wollen nützen baide swertt.
Wie haben die so gutten Averdt!
Sant peter hett nur ains berait,
10. Da er den Juden mit versnaid
Vnd slawnt im damit nit gar woll,
Da er tet fliehen in die holl,
Vnd geet der grund doch von im her,
Von got gesatzt gaistlich 1er.
15. Offt gaisthch väter sind so zach,
Sand petern kainer volget nach,
Wo gaistlich herschen leut und land
Da wirt mer ungeleiches erkant.
Wann fürsten, den das zügepirt,
20. Das recht zu hallten unveriertt,
Oder annder adl gros vnd klain
In aller cristenheit gemain.
Got hat drey tail geordent schon
Darumb er geben wil den Ion,
25. Dort ewigleichen sunder swär:
Gaistlich, edel vnd arbaitter.
Der gaistlich ist also bedacht,
Das er sol bitten tag vnd nacht
Für die zwcn tail gotesckraft,
30. Vnd streitten soll die ritterschaft
Hert für die andern vorgenannt.
Der pawr dartzü ist gewant,
') Die Verszälihing hoi Weher ist hier falsdi.
— 101 —
Das er sein arbait taglich brauch
Umb unser narung, im selber auch.
Das hat ain grosse unterschaid^
Besunder an der gaistlichaitt
5. Durch vngeleichs in diser wellt,
Als ich das vormals hab vermell.
Ich wollt, wer gaistlich wer gemüt
Er hiellt sein orden in der hüt,
Als er das sollt von rechte tun,
10. Das war der wellt ain grosser sün.
Mer unfrid kumbt der wellte blos
Von Briesterschaft und irem genos,
Wann sunst vom laien beschicht,
Das hat doch got beschälen nicht.
15. Durch sie das recht vil mer erkrumbtt,.
Wann das sunst von niemand kumbt.
Das hab ich mer zu rom erfarn.
Wann andersbo in kurtzen jaren:
Recht zu unrecht, unrecht zu recht
20. Sie machen künden, krum vnd siecht;
Aufsatz, treugnus, loica spill
Lert man zu rom als vil man will,
An die brelatisch biegkney.
Die man da treibt durch symonej:
i25. Da unser Zuflucht sollte sein
Zu waschen ab der sunde pein,
Das man so pöse 1er da tregtt
Das sey dir got von himel clagt.
Das durch die gierten für vnd für
30. Zu mercken ist ain solhe spür,^)
Die vnser liechter solten wesen
Zu komen in das ewig leben.
') Vers 29 und 30, die sich auch in der Wolkensteiner Hs. be-
finden, hat Weber nicht in den Text aufsenomnien.
102
Es kuinbt als von den heubtern dar,
Die sich enplossent offenbar
Vnd das unrecht machen zam
An götlich vorcht, vnd sunder schäm.
5. Gaistlich, weltlich, wer das tut
Der ist von sünden nit behüt,
Wann sieht das haubt durch blöden wanck,
Die gehder werden alle kranck.
Der kaiser nymbt auch gern gut,
10. Vil fürsten habent denselben müt,
Sie liessen etwas vbergan,
Wo sie die vollge möchten han
An raten, lannden und auch leut;
Dafür ich geschätzte recht wol treut,
15. Wo man die kaiserlichen hallt.
Und ain gute gewonheitt allt.
Die ist zu hallten für ain recht.
Wer sich des vlis, da würd vil siecht
Das sunst gar langsam krum beleibt
20. Nach duncken recht^ wo man das treibt
Wo kaiserliche recht nit gan,
Da will man nichts nit hören von,
Das man dem kaiser icht engunn,
Und ist doch aller recht ain brun,
25. Daraus sie fliessen gantz gerecht
In alle land naturlich siecht,
Und mag kain landsrecht sein erdacht
An keiserliche recht volbracht.
Es mües ain züsatz davon haben
30. Vil von den keiserlichen gaben,
Alls alle Wasser habent grund
Vnd flus aus des meres slund.
Man well dann velschen gotes gesetz
Vnd das gerechte machen letz.
— 103 —
Was von dem reich zu lehen ist,
Das mag sich zwar zu kainer frist
Aus seinem recht entziehen nicht
Mit kainer loica geticht.
5. Vil gutter gewonhait ist vergundt
Aim yeden lande nach dem grimdt
Zu hallten nach des landes schein
Teglich zu pessern one pein.
Ain gewonheit bös, wie allt die ist,
10. Die ist zu meiden (in) kmizer frist,
Vnd götlich zu reformiern balld,
Das sie hais gut gewonheit allt;
Wo man desselben nit entütt
So gillt sie nit ain haller gut.
15. Gewonhait new niemand setzen mag,
Beschicht es darüber ane frag
Vnd an gewalt des kaisers gunst,
Penfellig ist dieselbig kunst.
Wann so er leicht, er pstat nit mer
20. Nur redlich allte gewonhait her
Ainer ieden sach ist gesetzt.
Das recht weisslichen miverhetzt.
Wie mag das ainer gachling hais
Bedencken, der es nicht wais.
25. So man in fragt auf seinen aid
Das recht zu trefen klar gemaidt,
Wie weis er ist, er wirf betört.
Er hab der recht dann vil gehört
Und dise wellt darzue versiiecht
30. Nach noturft, als sich das geriiecht
An enden, wo man recht vnd ratt
Vernunfftigklich vor im halt.
Als manig hirn, als manig haubt!
Wie kund ainem yeden sein erlaubt,
- 104 —
Das rocht bringen ganlz an sein stall,
Darauf!' man lang gestudieret halt.
Trift ainer ains, so vallt er zway.
Beduncken recht schadt mangerley,
5. Des man in rechten nit enthiellt
Wo man der kaiserlichen wiellt.
Ain bawr der nie geschrifl verhortt
Vnd mit den ochsen ist betört,
Der soll nu bas verstan das recht,
10. Dann ain giitler gewandert knechl,
Oder ain gelerter weiser man?
Wo wolt er das erlesen hanV
Noch wundert mich ains grossen auch.
Das man oft setzt ain öden gauch ^)
15. Zu ainem richter, der nicht hat
Götliche vorcht, noch weisen rat
Und was dem rechten zu gehört.
Das er des gennlzlich ist betört.
Wie soll der strafen weib und man
20. Der sich selb nit strafen kan?
Als ich euch noch das bas bedeut.
Wem man beuilht land oder leul,
Ambt, pfleg, gericht und dessgleich
Zii strafen, richten, arm und reich
25. Der soll sich hallten in dem schein,
Das er unsträflich müg gesein,
Vnd desgeleichen alle, die han
Herschaft, land, leul vndertan,
Gaistlich, welltlich, wer die sind
30. 0 wie gar seilten man das vindt!
Ain fürst in seinem hof vnd land
So habent rate, die da hand^)
') Dieser Vers durch ein Versehen hei Weber weggelassen.
"^) Unrichtig. Weber gibt: Sol liaben vele etc.
— 105 —
Gütlich t-ewissen, edel vnd Aveis
Ain gemain wort, der eren breis.
Wo des ain fürste nit enhatt
Das recht daselben übel statt,
5. Baide mit urtail vnd geding.
So hat das recht ain misseling,
Vnd tarf sich niemand trösten schlecht.
Wie vil er hat der glitten recht,
Im wirt die schrann also bestellt
10. Mit ainer urtail, da gefeilt
An seinem tail durch ciain gewin.
Da hat das recht ain bösen sin
Verzickte wort vnd all geucär
Im rechten sind verpotten swär;
15. Man lat sein aber darunib nicht
Vnd ist ain alts, als man da spricht.
Ain weiser man, der rattmessig ist.
Der tue sein vleis zu aller frist,
Damit er rat zu gleichem schid
20. Auf baid bartey nach güttem frid.
Will ainer sein ain schidlich man.
Der mag ain ^) baide rat wol geen ;
Will er aber ainem tail hillflich sein.
So red dem andern nicht darein,
25. Vnd hör auch seiner rechten nicht.
Nur was an offner schrann beschicht,
Damit bleibt er (an) mailes neid
Liebt im das recht zu beider seilt.
Kain ratgeb der soll weib noch man
30. Verfuern auf ain zweifeis wan,
Zu dem er nit gedienen mag
Mit urtail, kumbt es an die frag
^) Statt ain ist an zu lesen.
— 106 —
Verweist er in darüber sunst,
So hat er schuUd an seiner vertust.
Du rictiter, solt nit pärtig sein
In der partey, vil oder ciain,
5. Nocli nyeniand das gestatten bist,
Dem der desselben leders ist.
Wo man ain solhs gerichte liat
Vnd da ain richter das gestatt.
Das iede barty setzt ir leut;
10. Das recht ich weder lob noch treut,
Vnd wirt das recht hinhinder kert
Vnd durch die aid gröblich versert.
Da bist, richter, schulldig an.
Das du die partey lassest gann,
15. Wan ieder stat dem seinen bey,
Wie woU das recht sol wesen frey,
An argen list, grüntlich verclärt
Wie woll man seilten das bewärt.
Du sollt auch niemand fragen nicht,
20. Wo du hast solhe Zuversicht
Der ainem taile sey genaigt,
Ain gut gewisser ver da saigt.^)
Du sollt niemand fördern durch dein frag
Vnd ander sach, ich dir des nit ensag.
25. Man vindt nit vil derselben lannd,
Darin sölh krumpe recht ergand
Vnd ist den teufellnn ain grosser fliich,
Wo man tut richten nach dem buech,
Darinn die recht sein wol bedacht
30. Auf iede sach götlich verbracht,
Dabey gewonheit gut vergundt
Ainem ieden lannd nach seinem grund.
') Ungeschickte Umstellung': da versaigt. Weber liest: Ain guot
gewissen das versaigt.
— 107 —
Vnd die man hallt baid arm und reich,
Das ist aim lannd ain loblicher zeich,
Besimderlich in welschem lannd
Vnd in manigem küngreich mir bekant.
5. All reichstett haben auch denselben sit,
Vnd vil ander teutschen land damit,
Do man durch zwelf tut richten rain,
Bas dann durch sunst ain gantze gemain.
Seilten durch gemain ain sach ergatt
10. An schand vnd ettlich missetatt.
Ich lob sein nit, wo man des pfligt
Für gschribne recht, wo man die bigt.
Durch solhe leut, die es verstan
Da wirt versorgt baid frow und man.
15. Ain ebenbilld ich mellden wil:
Sicht ainer zwen ob ainem spill
Vnd die er nie erkante sunst.
Er gan dem ainen bas vertust.
Vnd dessgleich an ainer schrann,
20. Die man besetzt durch m anigen man:
Pstett aim da nur günstlich gevell,
Er hatt die vollg, gee wie es wöll.
Das als an statten nit beschäch,
Wo man die recht geschriben säch.
25. Oft ains gewissen ist so lom,
Vnd krümbt sich als der weg gen rom.
Darumb so lob ich sicher ciain.
Wo man ain sach auf gemain
Durch urtail dick erkennen tut,
30. Ain solhe gewonhait ist nit gut,
Wann götlich recht hat kainen twanck
Zu nötten auff ain hinderganck
Durch kainer hande urtail frey,
Es sey dann guter will dabey.
— lOS —
Nücli isL der Lädcl oiic zall,
Darinn das rocht hat bösen vall.
Zwar wider ditz, das man da hallt
Geschriben nach den buechen allt,
5. Vnd die man teglich bessern tiit,
Darinn ist meniglich wolbehuet.
Wo man die l'ucrt lautter, rain,
Bekenn ich oswalld von Wolkenstain.
V. Es folgen kleinere Erzählungen und Schwanke, oft
der obscönsten Art verschiedener Verfasser des XIV. — XV. Jahrhunderts,
die ihre Namen zum Theil Avohlweislich verschwiegen Iiaben. Manche
der Jüngern Gedichte dürften vielleicht Hans Rosenblüt oder Hans
Folz zuzuschreiben sein.
Bl. 90. 1. Ein hübsche peicht wie das Bulschaft nicht
sünd sey:
Eins tags fucht sich das
Also das ich gegangen was
In ain kirchen durch mein gebet
Do ich das gesprochen hett etc.
Gedr. im Liederbuch der Clara Hätzlerin p. 115. Eben-
falls im Münchner cod. germ. 731. Vrgl. Kellers Fast-
nachtspiele III, 1103. Auch in Wiener Hs. Nro. 39.
ßl. 97. 2. Von aincm gullden nottstall:
In grosser not mit gemischter fröd
Was ich ains tags daiion ich gcred
Wann mich gehick gelaidet hat
Aller meiner sorgen ist mir worden rat etc.
Gedr. bei Clara Hätzlerin p. 194:
In grosser not mit gunster fräd
Was ich ains tags dauon ich geüd etc.
Bl. 98. 3. Die schon abentewre:
Ich ging durch lust für ainen Avalld
Der stund so Avunnenkleich arestallt
— 109 —
Dabey ain michel wasser flos
Lawtter frisch vnd nit ze gros etc.
Von Peter Suchenwirt (XI Y. Jahrh.) Abgedr. bei
Primisser : Peter Suchenwirts Werke. Wien 1827. p. 80 u. ff.
Bl. 103. 4. Ain red wie lieblich ain jung man zucht-
licher Sitten von seinem Buollen vnder-
weist ward:
Ich gieng ains tags durch kurtzwyl bald
Do vand ich ligen mit gewallt
Dem argen winter ze laid
Ze veld vnd auch ze haid
Den mayen mit seiner gut
Der mit seinen fruchtpern bluet
Den winter het verdrungen etc.
Veründert abgedruckt hei Clara Hätzlerin p. 131. Auch
im Münchner cod. germ. 714. Vrgl. Kellers Fastnacht-
spiele III, 1379.
Bl. 107. 5. Von den varben vnd was yede varb be-
deuttet:
Mich fragt ain fraw mynnenklych
Sie sprach gesell beweis mich
Eins dings beger ich durch gott
Das du mir sagest sunder spott etc.
Gedr. bei Clara Hätzlerin p. 168, in Lassbergs Lieder-
saal I, 153 und bei Myller, Sammlung deutscher Gedichte
(III), Fragmente und kleinere Gedichte p. XXIV.
Bl. 110. G. Wie fraw venus vber die trew zu ge-
richt sas:
Merkt auf ir jungen ir werden
Die da lebent auf erden
In frewden vnd jn hohem muet
Die sullen gegen des mayen pluet
Sich frewen wann es ist worden zeitt
Wann der sues may der geitt
Frewd den wolgemüteh hertzen
Da wider bringt ' er senden schmertzen etc.
Bl. 114. 7. Von ainem eilenden gartten:
Es fuegt sich aines wintters zeitt
Das zwen gesellen on neid
Bey ainander lagen
Ye ainer begund den andern fragen
Was im ze sin wer etc.
Gedr. bei Clara Hätzlerin p. 152.
Bl. 118. 8. Von ainem trawm:
Sich fliegt ain zeit an ainem morgen
Das ich allain gar vnuerporgen
Lag ruen an mein selbs bett
Verlangen mich gar strenge hett
Vnd darzue senen gar besessen etc.
Gedr. bei Clara Hätzlerin p. 127. Auch in der Lass-
berg'schen Abschrift eines Hug'schen Cod. des XV. Jahrh.
Vrgl. }3arack Donaueschinger Hss. 72. In einer Weimar'schen
Hs. vrgl. Keller Fastnachtspiele III, 1444 und Münchner
cgm. 270, 379 und 713, Keller Fastn. III, 1164. Weitere
Hss. bei Haltaus in der Einleitung zu Clara Hätzlerin LIII,
Nro. V.
Bl. 122. 9. Newrait:
Es kam ains mals dartzue
Das ich in meines pettes rue
Ain nacht vngeschlafen lag
Bis das aufgieng der hechte tag
Des nachts ain newrait gefallen was etc.
»newrait» = novale, Brachfeld, hier eine Corrtiptel statt
newraif = frischer Reif.
Bl. 125. 10. Von ainem kallten prnnn:
Ich lass hohe kunst vallen zu tall
Wann es ist mir ain klains zu schmall
Nach der vernuft zii reden mir
Wann das ich doch ymaginier
— 111 —
Wie lieblich got vnd die natur
So menig form vnd figur
Wiirckt aus der elementen art etc.
Verändert abgedr. bei Keller Fastnachtspiele III, 1407
nach Münchner cod. germ. 439. In Donaueschinger Hs. 72.
Bl. 128. 11. Man sol sich vor klafern huetten:
Es ist nit lang das mich mein synn
Paten das ich die siies mynn
Fragt vmb iren suessen orden
Da bin ich sicher jnen worden
Ain tail von derselben frag
Sie sagt mir recht als ich euch sag etc.
Bl. 130. 12. Wie man von frawen wol reden soll:
Das got zu frewden ye erdacht
Das hat er wirdickleich volbracht
An wunenwerden weihen
Dauon ich will schreiben
Was got hat wird an sie gelait etc.
Gedruckt bei Clara Hätzlerin p. 113. Vrgl. Einleitung
p. LIII, Nro. 1.
Bl. 133. 13. Wie ain müter ir tochter lernet:
Ich gieng ains nachts von hawse spatt
Vnd kom für liebes kemnatt
Da hört ich reden zway darin
Das merckt ich wol in meinem synn
Ain müter vnd ain tochterlein
Die retten nach dem willen mein.
Die tochter sprach von erst ain wort
Sich senet aus der massen hart
Mein stoltzer leib vnd suechet muet
Es war wol zeit vnd tewcht mich gut
Das ich mir ain gesellenn fund
Der mir mein senen vertreiben kund etc.
Abgedr. bei Clara Hätzlerin p. 305. Auch in Dresdener
— 112 —
und Woimarer Hss. Vrgl. Keller Fastnachtspiele III, 1331
und 1443. In der Dresdener Hs. steht das Stück unter
Hans Rosenplüts Gedichten und Erzählungen. Vergl.
K. Falkenstein, Beschreihiing der königlichen öffentlichen
Bibliothek zu Dresden p. 383.
Bl. 135. 14. Von der pawren andacht:
Es giengen pawrn in andachtikait
In ain kirchen als man saitt
Durch cristenliche ding
Do ward vil manig bös ding
Gemeldet an demselben tag etc.
Bl. 137. 15. Von ainem eyfrer:
Ain man zu seinem Aveib sprach
Ach gott das ich dich nie gesach
Mir möcht mein weil nit lennger sein
Als recht hart furcht ich dein etc.
Bl. 138. 16. Ain gntte beicht von zwelf frawen:
Welt ir hörn vnd schawen
Ain peicht tetten zwellf frawen
Die erst die was ain mullerin
Zu dem pfaffen stund ir synn etc.
Bl, 141. 17. Von zwayen gespilen:
Ains nachts ich an meiner rue lag
Vnd manigerlay gedanck pflag
Von der mynn lauf vnd irem gewallt
Mein wunder das was maniguallt etc.
Bl. 142. 18. Wie ainest ainer buelet:
Ich kam gar haimlich in ain stat
Do lieb vnd lieb zusammen trat
Und gar taugentleichen komen
Ich hon weder vor noch syder nie vernomen
Als ain auserwelltes wortt
Als ich von in baiden hört.
Er sprach got mues dich grüessen
Deinen zarten leib vil suessen
— 113 —
Das dir gelücke widerfar
Das wünsch ich dir zum newen jar etc.
Auch in einer Heidelberger Hs. des XV. Jahrh. Nro. 313
(Wilken). Vrgl. Holland und Keller: Meister Altswert. Vor-
rede vin.
Bl. 145. 19. Von vbergrossem senen:
0 senen wie we du tuest
Das du statigs bey mir ruest
Vnd willt daran nit abe lassen
Ob ich dich darvmb tue hassen etc.
Bl. 148. 20. Wie aine im bulen schallt vnd die ander
den jrn lobett:
Sich fuegt ains tags also das ich
In hohem muet frewet mich
Gegen der wunenckleichen zeit
Die laub vnd gras sein frucht geit etc.
Der Widertail v. Peter Suchenwirt. Gedruckt bei
Primisser p. 83 und Lassbergs Liedei'saal 3, 57. Auch in
Donaueschinger Hs. 72. Wiener Hs. 38 , IV. Weimarer
Hs. b. Keller, Fastnachtspiele HI, 1444. Münchner cgm.
270 und 379.
Bl. 151. 21. Von ainem gutten artzt:
Ich stund in ains barbierers haws
Vnd sach zu ainem venster aus
Zwar ich wollt des haws noch nit fälen
Ich het mir mein har lassen strälen
Do gieng ain schone fraw daher
Die went wie ich der maister wer
Sie bot mir ir schneweisse band etc.
Verändert gedruckt bei A. v. Keller, Erzählungen aus
altdeutschen Handschriften p. 426 u. ff.
Dort steht am Schlüsse: Daz hatt gedieht Hanns Ros-
senplüet. Anno 1524. (?) ^).
*) Rosenblüt's lit. Thätigkeit fällt zwischen die Jahre 1425 und 1460.
8
— 114 —
Bl. ir>4. 22. Ain hübsche red von ritterlich tatt:
Mit ainfaltiger frag
Kam ich an ainem tag
Zu ainer frawen niinneckhch etc.
Lassberg's Liedersaal 8, 305. Auch in Heidelb. Hs. 313.
Vergl. die angeführte Stelle in Meister Altswert.
Im nämlichen Gedicht ein Zeugniss zur Heldensage:
— — Den kus man geleichen mag
Der marggraf AVilhalm geschach
An dem tag
Da er gen Orlens kam geriten
Vnd mit den hayden het gestritten
Auf dem velld zu allerschantz
Ich wen das sein frewde gantz
Ain tail nicht bey ainander wer
Sein mandlicher müt was frewdenler
Da in ain kus empfie
Der im gar fruntlich ergie
Damit er seins trawrns vergass
Es geschach auf ainem grünen gras etc.
Als nämlich Willehalm in der Schlacht von Alischanz
(»allerschantz«) sein Heer verloren hatte und hülfesuchend
zu König Ludwig eilte, schwur er seiner Frau, Niemanden
zu küssen, bis er wieder nach Hajise kehre , und hielt das
auch. So die Darstellung in Wolframs Willehalm und dem
franz. Original der bataille d' Aleschans aus dem Gyclus des
Guillaume d'Orenge.
Bl. 158. 23. Von ainem Trawm:
Mir trawmt ain wunniclicher Trawm
Kund ich den geloben schon
Dartzue bedurfft ich kunst vnd witze bas
Ich wil ew sagen wie mir was.
Do ich ainest schlaffen lag
Eya was grosser wun ich pflag
— 115 —
Von manigem wime werden spill
Ich hört der klainen vogelin vill
Mit irem frewdenreichen schall
Das es in dem walld erhall etc.
Unvollständig gedr. in Lassbergs Liedersaal I, 131. In
der Hs. , der sich Lassberg beim Abdruck dieses » schönen
Gedichtes « bediente , fehlt ein Blatt und ein anderes ist
theilweise zerrissen. Die vorliegende Fassung zum Theil
verkürzt, eine vollständige Bearbeitung desselben Gegenstan-
des folgt später.
Bl. 163. 24. Aber ain gutte red wie ainsel so kläg-
lich dem leichnam zusprach:
Hie vor ainer winderzeit
Geschach ein iemerlicher streitt
Bei nacht als ich beschaiden will.
Frostes und reiffes vill
Betwungen betten alle lannd etc.
Auch im Münchner cgm. 714. Vergl. Keller Fastnachtsp.
III, 1380, und in der Wiener Hs. Nro. 78.
Bl. 165. 25. Wie der leib antwort gab:
Nw boret wie der korper sprach
Do dise red also geschach
Von der seil ciaglich.
Das haubt sich auf hueb sicherlich
Recht als es nicht war todt
Mit seuftzen vnd mit iamers not etc.
Bl. 170. 26. Ainen widerwärtigen krieg entschied
die wellt:
Höret frawen vnd ir man
Hie ist komen auf den plann
Die wellt das sie vernemen will
Ungeleich lewf gar vil etc.
Bl. 177. 27. Von den wuecherern:
Bei ainen zelten das geschach
Epfell vnd roszorten man swymen sach
— IIG —
Bei Einander in ainem bach.
Ain rosszort zu den epfellen sprach
Wir öpfel swymen hie in dem bach etc.
Später in die Sprichwörtersammlung Sebastian Frank's
übergegangen.
Bl. 179. 28. Wie die frawen vnstäten mannen fluechen:
Ich hon dick gehöret woll
Wenn ain ding geschehen soll
Das geschech gar snellich
Simst fliegt es sich also das ich
Kam zu mynicklichen frawen etc.
Abgedr. in Lassbergs Liedersaal II, 419. Auch in einer
Heidelb. Hs. vergl. Vorrede zu Meister Altswert p. VIII.
Münchner cgm. 270 u. 379.
Bl. 184. 29. Von gesellschaft etlich hübsch history
vnd wie gros kraft die haben soll:
Geselschaft die ist so rain
Das ich den von ir schaiden main
Des hertz nit hat ganntze tugent
Ertzaiget von kintlicher jugent etc.
Bl. 202. 30. Von ainem Avirth zu sant iakob in Ga-
lilcia:
Ains mals zwen billgrin
Ain sun vnd auch der vatter sin
Zu sant Jacob wollten gan
Sy waren zwen getrew man
Gen valschait gen vntrewen blmd
Als man es beschriben vindt etc.
Bl. 204. 31. Das man gewunnen gut schon behalten
soll:
Es schreibt Claudianus
In seinem grossen buech alsus
Wer behallten kann gewunnens gut
Das der an dem loblicher tut etc.
— 117 —
Bl. 209. 32. Andres von Esperdingen rede:
Wolauf ir werde cristenheit
Wacht hie vnd seitt beraitt
Gen disem lieben newen jar
Seit sich der edell got so dar
Zu ainer magt hatt getrewett
In kindsweis hat er sich vernewett etc.
Der Dichter nennt sich am Schhisse : Also red andre
von esperdingen.
Bl. 210. 33. Ain dyrunday ist halbs leynen:
Ain red bringt die andern
Von übrigem wandern
Gewint man müed hamen
Es tut sich gern samen etc.
Gedr. b. Gl. Hätzlerin p. 201. dyrunday, dirdendei halb
wollenes Zeug. Benecke-MüUers Mhd. Wb. I, 366.
Bl. 211 — 218. VI. Wie der haidnisch maister Jcatho seinem
sun rat vnd khig ler gab.
Das folgende Gedicht ist eine der ältesten sog. > Rumpf-
übeisetzungen « des unter dem Namen Gato bekannten
mittellateinischen Spruchgedichtes. Vergl. Fr. Zarncke : Der
deutsche Gato, Geschichte der deutschen Uebersetzungen der
im Mittelalter unter dem Namen Gato bekannten Distichen,
Leipzig 1852. Diese älteste Uebersetzung stammt noch aus
der besten Zeit der mhd. Poesie und ist nach Zarncke nicht
über die Mitte des 13. Jahrh. hinauszusetzen. Da die Les-
arten unsrer guten , sprachlich zwar modernisirten Hand-
schrift mit keiner der bei Zarncke gedruckten Hss., noch
mit einem bei Scherer : St. Gallische Handschriften (St.
Gallen 1859) ausgezogenen Manuscripte stimmen ^), so gebe
ich hier das Gedicht in seinem ganzen Umfang.
•) Treffliche Varianten in den VV. : 51, 129, 133, 244, 27-5, 429.
— 118
W=
areii die kündigare
Giitter red nit geuaere,
Wa sy die horten sagen,
Und wollten auch dartzüe gedagen
5. Oder tawgenleichen
Von den maeren sleichen,
So wollt ich jungen lewtten
Gern lesen vnde bedewtten
Gar schon 1er vnd weisen ratt,
10. Die ein vil weiser haiden hatt
Seinem sun furgelait
Durch witz vnd durch bescheidenhait.
Er was ein Romaer;
Wie er ain haiden waer,
15. Er was vil witz reich
Vnd rett gar cristenleich
Baide spatt vnd fruo,
Denn noch vil maniger cristen tuo,
Der ain maister wenett wesen
20. Wenn er zu schuell het gelesen
Von getwsch vnd von krieg,
Wie er die lewt betrieg
Vnd an maniger hand sach
Das recht ze vnrecht mach,
25. Des nw laider vil beschicht.
Des entett doch der haiden nicht;
Weder liegen noch triegen,
Noch ze vnrecht kriegen
Er niemant enlertt;
iO. Das recht er ze recht kertt,
Des ward sein lob weit erkannt.
Er was her katho genant.
Wer noch nach seiner 1er vertt
Der hat sich schänden gar erwertt.
— 119 —
Sus vieng er an vnd sprach:
Do ich genüg lewt sach
Verirret durch ir turnen sitt,
Da wawnd ich, in war wol damitt,
5. Ob ich in gab sollchen ratt,
Das sy verbern missetatt
Und nach ern strebten
Und tugentlichen lebten.
Er sprach: viel Heber sun mein,
10. Willtu mir gefollgig sein
Dw macht von meiner 1er
Gewynen gut vnd er!
Lis vnd hör mein gebott
Vnd vernym es recht durch gott!
15. Wer lisett vnd des nit verstatt,
Vil gar er sich gesumet hatt
Vnd flöch gott mit synnen.
Dein frewnd solltu mynnen.
Hab dein magg lieb.
20. Suech den marckt, fleuch den dieb.
Mitt gutten lewten gang vnd leb.
Behallt das man dir geb.
Kum nymer in den ratt,
Da man dich nit gebetten hatt.
25. Bis rain vnd grues die lewtt.
Dein eelich weib dy trewtt.
Du sollt deinen merern entweichen.
Entleib deinem vngeleichen.
Bis deinem maister vndertan.
30. Gros schäme solltu han.
Dw sollt dein dmg wol bewarn,
Das fromd solltu lassen varn.
Dein haws solltu beruechen.
Den Wechsel solltu suechen.
— 120 -
Sich recht auf, wen du borgest,
Das du darnach icht sorgest.
Du sollt vil gern gellten.
Hab Wirtschaft seilten.
5. Du solt schallen ze masse,
Damit daz guot nit lasse.
Man soll etwan hoch zerrn
Und darnach sich kost wern.
Als du werdest reich,
10. So iietrag dich fruntleich.
Schlaf nit vil durch trackheit.
Hall gesworn aid.
Misch den wein, streit vmb dein land.
Gelaub nit böses allzuhand.
15. Las dir vnstatte weib vnmaer wesen.
Dy buecher solltu gern lesen.
Behab das man dir sag.
Lere zucht alle tag.
Dw sollt dich senfte machen,
i20. Zurii nit an Sachen.
Spott niemants icht.
Bis gern an dem gericht.
Bleib da man tayding hatt
Vnd sag auch da den pesten ratt.
25. Gehl üb nicht dem los.
Spill mit ainem klos.
Spill solltu fliehen,
Dem gutlen zu ziehen.
Dw sollt dein haws berueclien,
30. Nit schellten noch fluechcn.
Entzeuch mit scnft deinen zorn.
Vertrag von dem dw seyest geborn.
Deinen myndern nit verschmach,
Durch dein kraft dich nit vergach.
— 121 —
Wer dir woll hab getann,
Den solltu des geniezzen lan.
Du sollt dich auch erparmen
An dem gericht vber den armen:
5. Sprich recht vrtaill,
Den zung sey nit vaill ^) ;
Stannd vnrechts niemand bey,
Wie lieb dir der ander sey.
Wach tags, schlaf die nacht,
10. Das geitt dir kraft vnd macht;
Slaffen ist gewonhaitt,
Slaf ist alltzeit berait.
Bis ob deinem tisch fro,
An fromder stat nit also:
15. Bey fromdes wirtes brott
Hüet deiner red genott ;
Merck was der wirt tue
Vnd schweig alltzeit dartzue;
So der wirt iht frage dich,
20. So antwurt im vnd sprich.
Schwaigen ist ain rechte tugent
An allter und an jugenntt.
Flewch newe mär,
Bis nit ain sagaer:
25. Schweigen schatt kainen tag,
Klaffen wol geschaden mag.
Mit ainem redereichen mann
Sollt dAv mit wortten nil krieg hann;
Dw sollt auch zu kainer zeitt
30. Wider dich selbs haben streitt.
Wie lieb dir sei, das dw es last
Des dw grozzen schaden hast!
') » Den « wohl Schreibfehler statt » Dein
122
Enruech was dein weib sag,
So sy von dem knecht clag:
Weib hassent oft ainen man,
Dem der wirt güts gan.
5. Manest dw deinen frund vill,
Vnd er dir nit vollgen will,
Ist er dir lieb, wie er dann tütt,
So man in aber, ob es sey gütt.
La dir niemant so lieb sein,
10. Das dw icht vergessest dein.
Lob dich yemant dir ze behag.
So merck, ob er recht sag ;
Gelaub im nit bas dann dir.
Dein selbes lob das verbir.
15. La dich müen nicht ze vill,
Ob yemand bey dir rüen will.
Wellicher man ist selber pös,
Der furchtett hinderkos.
Wirdestu güttes vberladen,
20. So hüet dich vor grozzen schaden.
Das anfang vnd das end
Haben dick missewemid.
Seilt vns allen ist gegeben
Ain hertt imgewissez leben,
25. So hab kain Zuversicht
Auf ains andern tod niht.
Eins armen mannes gäblein
La dir gar genäm sein,
Danck im sein volkomenleich,
30. Als ob er war reich.
Wann du nackent wurt geporn,
So.la dir nit wesen zorn.
Ob dir dein armütt
Vnderweiln gepresten tut.
— 123 —
Willt dw furchten den tod,
So müest dw leiden gross nott.
Ob dir dein frund vbell tut,
So tue im hinwider gut.
5. Willtu yemand geben icht,
Das solltu zwayen gehaizzen nicht.
Der mit der red geleichsnen kan
Vnd dir im hertzen vbels gan,
Dem tue dw recht allsam,
10. So betrewgst dw in on schäm.
Du sollt hinderreden nicht
Den lewten, des nw vil geschieht.
Wer kint hatt vnd arm ist.
Der soll sy lernen ainen list,
15. Damit sie erwerben.
Das sy icht ersterben.
Was dich bedunck missetan,
Das solltw nymer an gan:
Dem maister es nit wol anstat,
20. Ob er tut, das er verpolten hatt.
Gewerlicher ding beger,
Willtw das man dich gewer:
Der ist nit weis, der des begertt,
Des man in von recht entwertt.
25. Wellich ding dir sein vnbekant,
Dem zaig sy künde hannd ^).
Seit vns ain vngewisses leben
Mitt gewissen fraisen ist gegeben,
So sich, das dir der Ion sey beraitt,
30. Wellichs tags dw leidest arbaitt.
Macht dw deinem gesellen angesigen,
Dw sollt doch siglos geligen:
') Lies: Zaig den, die syn (sin) künde hant.
"24
Mit, dienst manniguallten,
So macht dw frewnd behallten,
Dw sollt des klainen den gewern,
Von dem dw willt ain gros begern:
5. Mitt so getanen sachen
Muest dw dir frund machen.
Hab zorn kain vrist
Mit dem dir gnad berait ist.
Poser has gepirt zorn,
10. Von ebenlieb wird liel) geporn.
Wenn dein schad dich
Ertzurnet hab, so sich,
Das dir icht werd zu gach,
Das dich icht gerew hernach.
15. Wer hat gut sytt.
Dem vollget er mitt.
Dw vberwindest mer mit gut,
Dann mit zorn vnd vnmüt.
Behallt das mit weishait,
20. Das dw gewinst mit arbait.
Dem zu arbait kumet schaden,
Der muess mit armuot sein geladen.
La got des himel ahten.
Von der erd sollt trabten.
25. Dw sollt mit losbüchen
Gotes willen iiiht versvicchen.
Willtu kvndig Averdcn
Ze vben die orden,
Das sy dir friichtig mues worden,
30. So sollt dw virgilium lesen:
So tut dir maccr bekant
Wiirtz vnd krewter kraft zu hand ;
Streit vnd vrliug lucanus,
Der slain kraft lapidar ins.
— 125 —
Willtu abe dein synn
Legen an weibes mynn,
Das soll dich naso lern.
Zeweh dein ding nach ern
5. Vnd mynn vor allen dingen got,
Das ist mein ler vnd mein gepott.
Dw sollt ser meiden
Hazzen vnd neiden.
Der man ist werd alle frist,
10. Die weil er vnuerwissen ist.
Durch zorn hab kain zeit,
Von unerkanten dingen streitt:
Zorn verirret den müt
Das ain man nit wais, was er tut ;
15. Gedenck nit kain frist
Des zorns der versumet ist.
Grozzen ernspruch sollt dw nit sparn
Vnd vor bosshait dich bewarn,
Vil schier hat verlorn ain man
20. Das er in lannger zeit gewan ;
Doch muest dw vnderweiln geben,
Willtu nach wirdikait leben.
Nicht versmach kraft noch list
Des mannes, der doch wenig ist:
25. Der an dem leib nit krefft hatt,
Der geit doch oft gutten ratt.
Hab nit mit ainem losen
Vil red, noch streit ze kosen :
Es kvmbt zu etlicher zeitt
30. Von klainer red michel streitt.
Hab an dem gericht starken müt,
So man dir vnrecht tut :
Sich fräwt nit lanng ain man,
Der mit vnrecht sig gewan.
— 126 —
Sich, das dw ymer so ertobest,
Das dw dich schelltest oder lobest.
Dw sollt vnderweiln sein
Vnweiser, dann ain kindlein:
5. Es ist dick ain weisshait,
Der ze tumbhait ist berait.
Dw sollt des posen enbern,
Vnd geitigkait nichtes gern:
Wer durch geitikait zu vil gert,
10. Der wirt damit vngewertt.
Wer ain maerer wesen will,
Dem glaub nit zu uil.
La dir lanng wesen laid,
Begangest frauell nach trunckenhait ;
15. Wem truncken ist der sin,
Der ist schulldig vnd nit der wein.
Deinen tawgen rat sag
Deinen gesellen, der in verdag.
Dw tue ainem trewen artzat kund,
20. Wenn dw werdest vngesund.
La dich ser müen nicht.
Ob dir von schullden icht geschieht.
Es tut ain gut tail rnynder we,
Dauor ain man sich warnt ee.
25. Hab vnmuet nit all frist,
So es dir misseganngen ist.
Welich ding dir geschehen mag.
Das betracht vor manigen tag.
Wer ist der, dem nie missegie?
30. Der nie gewan, verlos auch nie.
La von dir nit was dir sey frum,
Ob es dir mit füeg zu kvm.
Enthabung ist der pesst sitt,
Der an der arzat buechen ist.
— 127 —
Widerred nicht allain
Der lewt vrtail gemain,
Durch das dw in allen
Nicht mugest missefallen.
5. Dw sollt nicht trawen ^) rüchen.
Wir lesen an den biiechen
Der trawm sey nicht, dann vppikait,
Auch hand die weisen vns gesait,
Das ain man wachent gertt,
10. Das in des leicht ain trawm gewert.
Weih leser das geticht
Wir 2) mercken von geschieht,
Der sech, das er ker
Sein muet zu gantzer 1er,
15. Vnd das er gern lerne:
Wann wer nit lernet gerne.
Dem ist sein leben willd
Vnd alls des todes pilld.
Dw sollt versweigen, wa du macht,
20. Deins frundes laster tag vnd nacht.
Huet dich vor ainem man,
Der mit listen kosen kan:
Sein er wert lanng frist,
Der ainfallt mit warhait ist.
25. Die lewt er oft trewget.
Der ainfallticklich lewget.
Vill schlaffen machet trackhaitt,
Nach schlaf ist schwär beraitt.
Deinen sorgen grozzen
30. Solltu frod vnderstozzen,
Duestu das, so vertraitt
') Lies: trawme.
'^) Lies: wil.
- 128 -
Dein inuet taglich arbait.
Ains andren red vnd getatt,
Die dich nit ser angat
Die la dir wol geuallen,
5. So liebest dw in allen.
So dh^ got verleich gut,
Sich, wie das ward behüt,
Vnd wie dw das mügest gemern,
So alltest mit ern:
10. Wann verleust dw dein hab,
So gawnd dir dein frund ab.
Versmach niemants ratt,
Obe er dir zu nütz gatt:
Deines knechtes rat verbir nit,
15. Ratt er dir mit trewen icht.
Wirstu ymer reich,
Ob dir das gut gesweich,
So gehab dich wol vnd leb.
Das dir die zeit denn geb.
20. Dw sollt das weib erkennen woll,
Das dir ze ee werden soll :
Dich rewet vileicht hernach,
Wirt dir icht ze gach.
Dw sollt bey genügen billd nemen
25. Wellich ding dir mug missezemen.
Dem frumen solltu vollgen,
Dem bösen bis erbollgen.
Dw sollt dich daran wenden,
Das dw mugest vollenden:
30. Wer ain ding vecht an,
Das er nit vollenden kan,
Der hett me er gewunen,
Hett er sein nie begunen.
Dw sollt verschweigen lanng nicht,
— 129 —
Wa dir bosshait beschicht:
Man wenett annders das dw
Gebest rat vnd hillf dartzue.
Kainen trost sollt dw dir geben,
5. Das dw lanng sullest leben ;
Man waist wol, das der tod geschieht,
Von seiner kunft wais man nicht;
Er kvmbt geschlichen als ein diep
Vnd schaidet laid vnd auch Kep;
10. Doch hab gutte Zuversicht,
Furcht den tod so ser nicht:
Wann furchtest in ze ser,
Dw gewynnest fröd nymermer.
Dw sollt des rechtes hillf gern,
15. Da man richtens nit will enpern :
Das gericht hat die sitt,
Es will, das man es bitt.
Dw sollt die füg gern lesen
Vnd nicht an füg wesen.
20. Hab der er mynne,
Sy ziert dein synne.
Furcht deines weibes wort nit vill
So sy mit zorn kosen will;
Auch la dein weib zorns frey,
25. Ob ir zung nutz sey;
So sy icht guttes will sagen,
So sollt ir vollgen vnd gedagen.
Gewynnest dw gut , so nymb war,
W^ie dw es zerest vnd nit gar;
30. Wann wer das sein vertut.
Der mynnet leicht ain ander gut.
Dw solt mit allen synnen
Dein vordem mynnen.
Ertzurn nit die muetter dein,
- 130 —
Willtu deinem vatter lieb sein.
Wellest dw, das dir werd gegeben
Ain rain sicherliches leben,
Das dein gemüt sey
5. Von welltlichen schänden frey,
So hais dir tuen ze maniger stund
Diese wort mit lesen kund ;
Hör merk wol dabey,
Was dir gut vnd schad sey;
10. Dw vernymbst vnderweiln etwas,
Das du geuerst dester bas.
Dw sollt lernen alle frist:
Gelernest ainen fromden list,
Derselb dich nymer verlatt,
15. So dir geluck abgatt.
Dw waist nit zwar.
Wie es vmb dein ding gevar.
Du sollt nit sprechen kain frist,
Sälld sey blind, das nit ennist.
20. Dir gebrist nit güttes.
Ob dw züuil nit müttes ;
Dw sollt daran genüg han,
Damit dw dich macht began.
Vnrecht gut las.
25. Mynn pfenning ze mass.
Wirb vmb ain ding, das dir ze fromen
Mug vnd nit ze schaden kommen.
Was dir ze verbern geschieht,
Des tu des ersten nicht.
30. Manig ding verdirbett
Das man zum ersten nit wirbett.
La dich der arbait verdriezzen.
Der dw nit macht geniezzen.
La dich dein frunt nit vbergan,
— 131 —
Wa dw sein schaden mügest han.
Lern weisshait vnd list,
Ob dw an leib stark bist:
Macht dw die zway han,
5. So bistw ain starcker man.
Hab deiner frund ratt,
So es dir kumerlichen gatt:
Wer ainen glitten frund hatt,
Das ist der pest artzatt.
10. Willtu ainen gesellenn suechen,
Kaines reichen solltu ruechen :
Suech ainen der synnig sey,
Dem macht dw lanng wesen bey.
Dw sollt schaffen, das dein mütt
15. Vor böser frod sey behütt.
Willtu, das dich mynne gott,
So hab nit allter leute spott,
Wann ainem allten vollgett mitt
Ain tail tumblicher sitt.
20. Still schweigent dw verdag.
So man ichtes bey dir sag:
Die lewt tuend dir selber kund
Ir synn, ir rede zu aller stund.
Den tot den furchtett niemant,
25. Denn der leben versmehen kan.
Dir soll zelob nit wesen gach.
Das es dich müg gerewen hernach.
Lob ze massen ainen man,
Der deiner schaden nie gewan:
30. Der wirt kund in kurtzer frist.
Wie gut er dein frund ist.
Wenn dein ding woll stee,
So furcht das dir missege ;
Als dir misselinge,
— 132 —
So hab gut gedinge.
Wilen du lernen kurtze stund
So weistüm seilten kund ^).
Wer icht kan, der ist wertt,
5. Vngelernten niemant gertt.
Wer sweiget vnd trawrn kan,
Mit dem nymb dich nit krieges an.
Sich, das du schier last
Den krieg, den dw nit recht hast.
10. Du sollt auch schier entweichen,
Wa dw nit macht geleichen.
Den frewnd du nit versmahen sollt
Der dir sey gewesen hoUt:
Wie reich dw werdest vber in,
15. Nymb doch sein trew vnd seinen sin.
Gewynnest dw gewalltes icht.
Des vberheb dich nicht.
Dein frund denne kiesest
So dw den gewallt verliesest.
20. Des knechtes dw dann schone,
Der dir dien vmb lone:
Gedennck, das er ist
Ain mensch, als dw bist,
Schälck solltu meiden,
25. Willtu nit schand leiden;
Nymb war, wie er gesitt sey,
Der dir sull wesen bey.
Die vngelerten 1er gern.
Von den gellertten gern lern;
30. Was dir sey vnkuntt.
Des solltu fragen allstund.
Fraw^), lern vnd ler,
') Lies: So tvirt dir weistum seilten kund.
*) Wohl nur Schreibfehler statt frag.
— 133 —
So gewynnest gut vnd er.
Wie wol gelert dw bist,
Dw sollt doch vben ainen list:
Dw muest die list treiben,
5. Willt das sy bey dir beleiben.
Wes der man nie began,
Des ist wunder ob ers kan.
Pflig gutter gewonhaitt,
Das kan dir nymer werden laitt;
10. Gewonhait ist bey dem man,
Wie er lebt oder was er kan:
Wes der man gewönnet hatt
Des wundert mich, ob ers latt,
Tuestu in deiner tobsucht
15. Wider yeman kain vnzucht.
Das bües, so es geschieht.
Versmäch deiner frund nicht.
Es ist niemant so schwach,
Im mug sein vngemach.
20. Willtu säUg werden.
Ze himel vnd auf erden,
So meid posew weib vnd spill:
Dauon verderbent leut vill;
Irre weib vnd spilles lyeb
25. Machet manigen dieb,
Sy stifftend raub vnd mortt
Vnd sind des tiefells hortt.
Darnach des weines trunckenhait
Den grosten schaden vnd lait
30. Den lewten auf der erd tut;
Sy nimbt in er vnd gut,
Sy nimbt in die sele gar.
Sun, des solltu nemen war.
Das dw sein trinckest ze masse,
— 134 —
Das er dir die viere lasse,
Leib gilt seil vnd er.
Was soll ich dir sagen mer?
Tüstu es, es ist dein saelikait. —
5. Hiemit sey dir genüg gesaitt.
Vollg der lere mir,
Ich mag nit lennger sein bey dir.
Nymb zu dir selben war
Vnd wünsch, das ich wol gefar ^).
10. Damit hab die red ain end,
Gott behiiet vns vor aller missewend.
Hie endett sich her Katho,
Des lere sind gewesen also.
Das sy behuetten die menschen vor schand,
15. Der sy recht hatt erkantt
Vnd auch darnach lebt
Vnd nit nach sunden strebt.
VII. Den Hauptinhalt des letzten Tlieils unseres Hs. bilden poe-
tische Bearbeitungen der Gesta Eomanorum. Bei einigen habe ich die
pros. Quelle angegeben ^).
Bl. 218. 1. Von vnsers herren leiden:
Das weist das cristenlich gebott
Das wir gelauben an gott
^) Mit diesem Vers schliesst der Text b. Zarncke. Unsre Schluss-
verse finden sich bei keiner der übrigen zahlreichen Handschriften-
familien.
^) Leider war es mir unmöglich , ein Exemplar von Degen's Lite-
ratur der deutschen Uebersetzungen der Römer (Altenburg 1794—99)
aufzutreiben. — Poet. Bearbeitungen der Gesta Romanorum finden sich
auch in der Wiener Hs. CXVII (nach Hoffmann) , ebenso im Münchner
cod. germ. 54, auch stammen von Suchenwirt solche.
— 135 -
Der ye vnd ye gewesen ist
Gewalltig vnd auch ymer ist
Ain schopfer himelreichs vnd erd etc.
Bl. 231. 2. Ain herr het nach ainander drey
eelich frawen die er an dem ee-
pruch begraif vnd tottett:
Es was ain reicher herr gros
An gut vnd an adel genos
Der pesten die da warn
An den selben jarn etc.
Bl. 239. 3. Walina die ward betrogen durch
geitikait :
Hort auf die geitikait allsus
Spricht vns maister josephus
Ain fraw ain romerine was etc.
Bl. 245. 4. Wie durch geitikait ainer seinen
aignen gesellen ermordet:
Septenolus so hies ain man
Ob ich in recht genennen kan
Den auch die vaig geitikait
Laider zu bösen sachen lait etc.
Bl. 246. 5.'Ainer betrog ainen W e chsler vmb
gellt:
Ich hon wol gelesen das
Ain kaufman da ze genaw (Genua) was
Der was von asst (Asti ?) vnd hies allsus
Yberius gutterinus etc.
Bl. 247. 6. Von der keusch vestikait:
Valerius der schreibt vns das
Der hoch maister ypocras
Sein keusch vesticklichen hiellt
Vnd das in nie dauon geschiellt etc.
— 136 —
Bl. 248. 7. Das ain fraw von frewden starb:
Es schreibt vns auch Valerius
Ain exempel das spricht allsus
Das die romaer mit ir kraft
Mitt grozzer ir ritterschaft
Ains mals zu velld lagen etc.
Bl. 249. 8. Wie ainer kam durch frewd in not
vnd arbait:
Ich han gelesen auch alsus
Der edel millt Tittus
Von froden kam in arbait
Das widerbracht ain hertzenlaid etc.
Bl. 251. 9. Die schon lucrecia erstach sich
s e 1 b s :
Hie vor ain romerine was
Die nach weiblicher fuor mas
Ir werdes tugentliches leben
Sy was der rainikait gegeben etc.
Die lat. Erzählung b. A. Keller's Gesta Romanorum.
Stuttgart 1842. I. Bd., 212.
Bl 255. 10. Von schäm:
Ain fraw hies archesilla
Von der schreibt so seneca
Das sy in armüt sach
Ainen ir mag des vngemach
Ir billichen zu hertzen gie etc.
Bl. 255. 11. Ain hertzogin gab ain stat irem
veind hin durch die mynne:
Es schreibt sant Paulus ditz mär
Das hie vor ain hertzogin war
Dy hies mit namen bosmillda etc.
Bl. 257. 12. Vondervestikait:
Seneca der weis gerait
Hat also von der vestikait
— 137 —
Das Diogenes der so genant
Was vnd in armüt erkant
An dem gewallt grozzer war
Den der kvnig Allexander etc.
Bl. 258. 13. Ain rieht er het ainen aus al Item
neid ver vrtailt :
Elinandus der schreibt das
Das da zu Persia besas
Das reich ein kunig hies cambrises etc.
Bl. 258. 14. Von strengem gericht:
Vns schreibt das Valerius
Ain romar richter hies zalengus
Hett ainen sun von jungen tagen
Nu hört von dem vater sagen etc.
Die deutsche Prosaerzählung von » Zelongo dem ge-
pietter« b. A. Keller, Gesta Romanorum, das ist der Rö-
mer Tat. Quedlinb. und Leipzig 1841 , p. 44. — Die lat.
Erzählung in einem zweiten Werk desselben Verfassers:
Gesta Romanorum. Stuttg. 1842. I. Bd., 74.
Bl. 259. 15. Von ainem ritter :
In den romischen märn
List man das bewarn
Das ain weiser ritter was erkant
Hie vor Malteca genant etc.
Bl. 260. 16. Aber von ainem ritter:
St Paulus ^) schreibt von ainem ritter das
Der warer trew nie vergas
Erkennet in nach seiner krey
Er hies Onvlfus von Pauey etc.
Die lat. Prosaerzählung b. Keller's Gesta Romanorum,
D. 304.
*) Nicht der Apostel Paulus (!), sondern Paulus Diaconus.
— 138 —
Bl. 262. 17. Von r i tt er seh aft :
Man list dauon das phiais ^)
Der leben in den trewen was
Das ritters orden wol getzam
Ainsmals es dartzue kam
Dauon ir trewe wart enpart
Das in ainer gefangen ward
Von dem kvnig Dionisio
Der zu cecilie do
Das reich gewaltickleich besas etc.
Die Bürgschaft. (Bekannt ist auch eine Bearbeitung vom
Ring des Polykrates von Heinrich von Mügehi. Schröer,
die Dichtungen H's. v. M. p. 487.) Gegen den Schluss :
Er hies sy von den banden nemen
Er batt in durch sy des getzämen
Er wollt in ir gesellschaft
Das sy in inn irer liebe kraft
Empfi engen ze gesellen etc.
Bl. 263. 18. Von Alexander:
Von Alexandro Macedo
Han ich gelesen hört also
Das er ainsmals taugenleich
Als er war arm vnd nicht reich
Gen india fuer in das land etc.
Bl. 264. 19. Ain exe m pell von sterck:
Nu mercket von der stercke das :
Ze Athenis ain fürst was,
Der was gehaizzen codrus,
Man schreibt von seiner sterke alsus.
Ich main, sterck an gemütte
Wie er mit heres flute
') Verdorbener Vers. Ungefähr: Man list Dämon vnd Phintias.
— 139 —
Zoch gen den von polypony,
Die auch mit manlicher kry
Gen im ze velld komen,
Als die wer wollten ramen.
Nw hört wie sy nw gefarn.
Es ward gelobt von baiden scharn,
Weiher schar herr tod belib,
Das man den sig denselben schrib.
Codriis der starck gemüt man
Wellt durch die vorcht nit enlan.
Er maid wol seiner wappen schein,
Beclait als ain billgrein
Diser herr bey den seinen strait,
Das riet die sterck der manheit.
Durch das sein volk den sig behiellt
Vnd furbas guts vnd ern wiellt,
Bott er sich in ain sterben,
Nach dem wollt er ee werben,
Ee das er lebt vnd das sein diett
Verdurb vnd sich vnbreises niett.
Wer vmb sein erb ^) stirbet
Wie süzzlich er verdirbett.
Die lat. Prosaerzählung in den Gesta Romanorum, her-
ausgegeben von A. Keller. Stuttg. 1842. I. Bd., p. 67.
Bl. 265. 20. Von vestikait:
Man list von ainem römar alsus
Er hies Trogus pompeyus
Das der etliche recht erdacht
Vnd auch die für zu rom bracht etc.
Die Prosaerzählung bei Keller's Gesta Romanorum,
p. 277.
^) Statt erh wird besser ere zu lesen sein.
— 140 —
Bl. 266. 21. Wie m andern rechtennit soll wider-
streben:
Ain weiser hies temestides
Zu dem ratt zu athenis sprach
Er west für manig ir vngemach
Ainen gutten hillflichen ratt etc.
Bl. 266. 22. Von manhait wie dy blöd n i derlegtt:
Es schreibt vns das tulius
Ain romar marcus regulus
Geriet das des krieges pflag
Das römische reich vil manigen tag
Gen dem volk von kartagine etc.
Bl. 267. 23. Von g er echtikait :
Man list von ainem romar das
Der der gerechtikait vergas
Sein nam ist mir nit wol gewis etc.
Bl. 268. 24. Aber von gerechtikait:
Es schreibt auch Valerius
Von der gerechtikait alsus
Das rom ain hertzog besas
Dem man vil gutter ding mas etc.
Bl. 269. 25. Aber von gerechtikait: ■
Vns schreibt afena (1. Annseus) florus
Auf die gerechtikait alsus
Pirrus ain kvnig des kriegs pflag
Mit ainem romär manigen tag etc.
Bl. 270. 26. Von barmhertzikai t :
Valerius der schreibt vns das
Von ainem der die zeit besas
Ze rom des gerichtes statt etc.
Bl. 271. 27. Aber von barmhertzikait:
Vns schreibt das valerius
Das marcus marcellinus
— 141 —
Sein Volk ainsmals gesigen sach
Das vnder ainer vest geschach etc.
Bl. 271. 28. Aber von barmhertzikait:
Vns hat auch von alexandro
Valerius geschriben also
Daz er ainsmals mit grozzer kraft
Mit Werder stolzer ritterschaft
Ze haws ab seinen veinden zoch etc.
Bl, 272. 29. So sich ainer ains amptspessertt
soll man in on schuld nit verkern:
Josephus der schreibt vns das
Der hie vor das reich besas
Der kaiser Tyberius
Das er von seinem ratt alsus
Straflichen ward gefragett etc.
Bl. 273. 30. Von demütikait:
Vespasianus ain romar was
Des diemvt man auch hoch mas
Do Nero der kayser starb etc.
Bl. 273. 31. Von ge d u lltikai t :
Hort von dem kaiser Julio
Von dem hon ich gelesen so
Das er kales haupt trüg
Und das sein vleis darnach genüg
Strebt wie im har wurd gemacht etc.
Bl. 273. 32. Von gedulltikait:
Von sypio african
Den ich ee dick genenet han
Hort auf gedullt was dem geschach etc.
Bl. 274. 33. Von gedulltikait:
Von dem konig Vespasiano
Han ich gelesen auch also
Das ain vnweiser auch zu im sprach etc.
— 142 —
Bl. 274. 34. Auch von gedullt;
Vns schreibt das Valeriiis
Das ainer hies anayiarchus
Ettlich straf verschullt hett
Nw was der richter von der stett
Ain wuetrich vnd ain scharpfer man etc.
Bl. 274. 35. Aber von gedullt:
Vns hat auch Valerius
Geschriben auf gedullte sus
Ainer was archita genant
Den man auch bey geduld vand etc.
Bl. 275. 36. Ain ander exempell:
Es schreibt auch Valerius
Das sypio Affricanus
Vor dem senat ward gesait
Pflegen grozzer geitikait etc.
Bl. 275. 37. Vondiemutikait:
Ain kvnig archagloga genant
Nu hört wes vns des 1er ermant
Man list das er irdische vas
Vnd gulldine zusamen mas etc.
Bl. 275. 38. Von mint ikait:
Der kvnig Vespasianus
Hat ainen sun hies titus
Von dem hon ich gelesen das
Das er so gar millte was etc.
Bl. 276. 39. Aber von mint ikait:
Von dem kaiser Julio
Han ich gelesen auch also
Es wurd von im gehöret nie
Das er zu kainen rittern ye etc.
Bl. 276. 40. Ain exempel von dem ackermannn:
Uns schreibt das Valerius
Das ainer hies anthonius
— 143 —
Gerügt vor dem gericht was
Er het sein kewschlich ^) bewart etc.
Bl. 277. 41. Wie der wein erfunden vnd erpawt
ist worden:
Joseplius tuot vns bekant
Das noe von erst vandt
Ainen gar schonen willden reben
Frucht die der reb het gegeben
Die brach noe mit seiner band
Den saft er aus den trauben wand
Vnd tranck do was er also sawr
Er het geetzet durch ain mawr etc.
Die lat. Erzählung b. A. Keller's Gesta Ronianonim,
I. Bd.. 260.
Bl. 279. 42. Aber ain e x e m p e 1 von wein:
Valerius der sclireibet das
Das hie vor ze rom was
Verspotten ^) allen frawen wein etc.
Bl. 279. 43. Ain e x e m p e 1 1 von m a n h a f t e r t r e w :
Vns schreibt das Valerius
Ain romar hies fabricius
Het den glauben also wertt
Das er sein für sein leben gertt etc.
Bl. 280. 44. Vonmisstrawung:
Von dem wuetrich dionisyo
Hab wir geschriben das also
Der konig zu cecilj was etc.
Bl. 281. 45. Vonvnkeusch:
Ich hon gelesen ouch alsus
Das plato der philosophus
') Wohl zu lesen: Er het sein kewsch niht bewart.
-) Verpotten ?
— 144 —
Der ain reich man von gute was
Trüg der vnkeusch sollchen has
Das er sein gut sein lancl verlies etc.
Bl. 281. 4G. Aber von vnkeusch:
St. Augustin geschriben hat
Auch auf die keusch seinen rat
Von ainem romär vns alsus
Der hies marcus marcelhnus etc.
Bl. 281. 47. Von der kusch:
Valerius der schreibt also
Von dem kvnig dionisio
Dem vngerechten scharpfen man
Das im sein volk was also gram etc.
Bl. 282. 48. Ain exempell von aim wirt:
Nu merkent hie was loth begie
Der für zwen billgrin empfie
Zwen engel das im vnbekant
Was als er es doch seit erfant etc.
Bl. 282. 49. Von dem hawsknecht der das fueter
von der gest rossen aufhüb vnd
verstal:
Nu höret ains das geschach
Ze lamparten das sind ermant
In ainer stat die ist genant
Barin ^) in aines wirtes haws etc.
Bl. 283. 50. Octauianus der kaiser lies seine
kinder lernen antwerch ob sy in
armüt fielen:
Der kaiser octauianus
Gefur mit seinen kinden alsus
') Bari, Seehafen in Apulien.
— 145 —
Was er der werden knaben hett
Die schuf sein hais vnd sein bett
Das man sie lernet sprynngen etc.
Bl. 284. 51. Ain witib wolt nit mer aus sorgen
heyratten:
Hort wie ain fraw irer keusch pflag
Ain witib auria genannt
Do sye ain jungling ermant
Irer schon vnd zeitlicher jugent etc.
Bl. 284. 52. Wie das schachzagelspil erdacht ist:
Ain kvnig hies enilmeredag
Des reichs ze babilonj pflag
Ain scharpf man vngerecht vnrain
Als an seinem vater auch erschain etc.
Bl. 285. 53. Von vorht ain gewarnt exempel:
Man vindt auch geschriben alsus
Daz der kvnig dionisius
Der zu Sicilj das reich
Hje vor besas gewaltickleich etc.
Bl. 287. 54. Wann man reden oder schweigen
s ülle :
Es was ye der wellte sitt
Tue recht vnd furcht dir nit
Damit ward ich betrogen
Ich tet recht vnd ward verlogen.
Getrew dw bist ain fremder gast
Wer trew hat der halt sy vast
Wan man sieht laider seilten
Trew mit trewen widergellten.
Vbernymb dich sein an kainer stat
Ob dirs geluckhch gatt
Was got dem vndanckparn geit
Das nvmbt er im wider in kurtzer zeit etc.
10
— 146 —
Schi. : Ob allen nöttcn ist ain not
Was lebentig ist miies werden todt
Also hat ditz ein end
Gott vnnser sünd wend
In gottes namen
Sprechen wir alle amen.
Scheint aus einer Cato-Bearbeitung zu stammen.
Bl. 289. 55. Von zal vnd mas:
Mit spähen listen heb ich an
Als ee die maister haben getan
Die da funden zal vnd mass etc.
Bl. 292—293. 56. (Ohne Ueberschrift):
Es ist ze loben vnd gueter sit
Tue recht vnd furcht dir nit etc.
Wie 54. Stark verändert. Schluss:
Ich wais ye pessers nicht
Denn der all sein Zuversicht
In gott setz den herren sein
Gott wende vns die ewig pein
In gottes namen
Sprechen wier all amen !
Wie ich das Manuscript in den Druck geben will, kommt mir ein
» Catalog einer ausgewählten Sammlung von Büchern zu haben bei T. 0.
Weigel in Leipzig « (ohne Jahreszahl) zu Gesicht. In diesem Catalog ist
unter der Rubrik: »Codices germanici poetici« unsere Londoner Hand-
schrift, die also vor wenigen Jahrzehnten noch in Deutschland war, auf-
geführt und ziemlich umständlich, aber oft ungenau ausgezogen.
III.
Die Mörin, der goldene Tempel, Cato,
kleine Gedichte des XY. Jahrli.
Additional ms. 10010. Papierhs. des XV. Jahrh. in fol. ') 195 BIl.
Diese Handschrift ist keine andere , als die seit vier Jahrzehnten für
verschwunden geglauhte , um das Jahr 1503 zur Bibliothek des Bi-
schofs von Worms, Johannes von Dalberg, gehörige, dann in den Be-
sitz von Dr. Georg Kloss in Frankfurt a/M. gekommene Originalhand-
schrift, von der sich auf der Stadtbibliothek in Frankfurt eine Abschrift
befindet , die circa 1825 von dem Schneidergesellen Lepper verfertigt
wurde. Vergl. Zarncke: Der deutsche Cato, p. 114 u. 115. — Die Hand-
schrift wurde von dem Buchhändler Sothby in London im December 1835
an das brit. Museum verkauft -). Auf der Innern Seite des Deckels
steht : » Georgius Kloss M. D. francofurti ad mcenum. « Die Hs. muss
vorher im Besitz des Dr. Rcemer gewesen sein; auf dem folgenden
Blatte heisst es : Roemeri et amicorum und ex bibliotheca Dr. Roemeri.
Noch ist ein Irrthum zu berichtigen. Die Hs., die — wie wir so-
fort sehen werden — nebst der Mörin und dem goldenen Tempel des
Hermann von Sachsenheim auch eine jüngere Catobearbeitung und an-
dere kleine Gedichte des XV. Jahrh. enthält, führt keinen Titel. Man
schien nämlich angenommen zu haben , diese Handschrift habe etwa
die Aufschrift gelragen: Hermann v. Sachsenheim's kleinere Gedichte,
und stützte sich hierauf, um die Autorschaft des Cato dem Hermann v. S.
zuschreiben zu können. Schon Zarncke erklärte sich gegen diese Hypo-
these. (Cato, p. 115.)
^) Im Catalog : A coUection of old german Poetry written about 1500.
-) Zarncke vermuthet a. a. 0. richtig , dass diese Hs. die im Cata-
logue of the Library of Dr. Kloss. sold by auction by Mr. Sothby and
son, May 7. 1835, mit Nummer 4595 bezeichnete gewesen ist.
— 148 —
I n li a 1 1 :
Bl. 1 — 109. Die Mörin Hermann v. Sachsenheims:
Anf. Ir weysen markend mein gedieht
Und laussent euch verdriesen nicht,
Ob ich ain wail von thorhait sag!
Es ist nit lang, an ainem tag
In ainer hechten sumerzeitt,
Als sich die vogel widerstreitt
Erbrachen nauch gesannges weiss
Vnnd manig ast sein blüend reyss
Nauch allem wünsch erzaiget hat,
Do ward ich mit mir selbs zu raut
Vnd gieng spatzieren in ain wald etc.
In alten Drucken des XVI. Jahrh. ^). Vergl. Gödeke's
Grundriss 8G. Hermann v. Sachsenheim, ein schwäbischer
t Ritter , lebte zu Gonstanz und starb 1458. Noch im 90.
Jahre dichtete er das folgende Gedicht , den goldenen
Tempel. (Bl. 109-164).
Folgen zwei kleinere Gedichte (ohne Ueberschrift) :
Bl. 164—167. 1. Ich wais ain wmidt die nie verhallt
Und nymermer verhaillen kan
*) Es ist Aussicht vorhanden , dass das Gedicht vom Stuttg. Lite-
rarischen Verein neu herausgegeben wird. — Im brit. Museum befindet
sich auch der älteste Druck von 1512 u. einer von 1539:
1. Die Mörin, ein schon kurtzweilig lesen, welches durch weiland herr
herman von Sachsenheim Ritter (Eins obentürlichen handeis halb,
so im in seiner Jugend begegnet) lieplich gedieht vnd hernach die
Morin genempt ist ; allen denen, so sich der Ritterschaft gebruchen,
auch zarter freuwlin diener gern sein wollen nit allein zu lesen
kurtzweilig, sunder auch zu getrewer Warnung erschiesslich. — Schluss:
Hie endet sich das hofflich büchlin, die Morin genant. Getruckt von
Johannes Grüninger in der lobl. freien stat Strassburg vnd vollendet
uff sant Katherinenn abent inn dem Jar von gehurt Cristi Tausent
fünffhundert XII. — Mit Holzschn. — Diese Ausgabe wurde von
Johannes Adelphus, Physicus von Schaff hausen, veranstaltet.
2. Mörin , eyn schöne kurzweilige vnd liepliche Histori etc. — Inn der
keyserlichen frei vnd Reichstatt Wormbs truckts Sebastianus Wag-
ner im Jar nach der areburt vnsers Herren MDXXXIX.
— 149 —
Mit schlangen gyfft ist sie vermailt
Die eua haut gestrichen an etc.
Gedicht von 20 achtzeiligen Strophen.
Bl. 167 — 179. 2. Mir trumpt ain wunderlicher troum,
Kund ich den globen schon,
So dörfft ich kunst vnd weissheit bas.
Solt ich sagen was mir was :
5. Do ich schlauffend lag,
Eya was fröd ich da pflag
Von mangen werden wune spill !
Ich hört der clainen vögelin vil
Mit irem frödenrichen schall
10. In dem wald überall;
Ainer sang ciain, der ander gross.
Das es lustiglich erdoss.
Si betten gar ain lange nacht
Vnd enpfiengen den tag mit süssem pracht.
15. Mein gemüt begund sich fryen
Von der zarten vogehn schryen.
Ich gieng hin vnd her wider
Inn dem wald auf vnd nider,
Ich loset disem, ich loset dem;
20. Zu letst west ich nit wem
Ich do losen solt.
Wann ainer dem andern wolt
Nit vertragen sein gall,
Er macht ain mern schall,
25. Da von ward ich betöbet gar.
Von dem gedön nam ich nit war.
Was grosser Schönheit hett der waldt
Mit grönen Osten manigualt
Geschicket also waidelich ;
30. Noch schöner was das ertrich
— 150 —
Mit grönem gras gezieret,
Mit plömlein geflorieret
Wyss, gel, blaw vnd rott,
Als jettlicher ir artt gebotl.
Der lufft was ouch gesüsset
Mit süssem smack gegrüset
Von wilden rosen stüdlin,
Wa mocht besser wunn gesein?
Vnnd annder studen gross vnd ciain
Die warn geziert mit blümlin rain,
Die schön mocht niement volsprechen.
Die sun begund her brechen
Mit jrem frödenrichen schein
Zu trost den zarten blömlin fein,
Die die nacht mit jrem lufft
Hett getailt jn tawes tufft
Erkücket jre hertze platt;
Sie waren süses tawes satt.
Der jnn von den wolcken was gegeben,
Das sie des tages sollen leben,
Das sie nit erblichen hin
Vonn der haisen sunnen schein.
Da ich so vil Schönheit sach
Zu mir selber ich do sprach:
Kum gang fürbas in den wald,
Besieh wie es sey gestalt!
Do gedaucht ich wider mich :
Ach vnd wer hie die minneklich,
Meins hertzen trut, mein frow
In der wunenbernden ow,
So möcht mir nymer bas geschechen! etc.
Der Traum, unvollst, gedr. in Lassberg's Liedersaal I, 131.
Eino verkürzte Bearbeitung siehe oben S. 114, 23.
- 151 —
Bl. 179— 190. Gato:
An f. Hie ^) höppt sich an ain gedieht.
Das ist aus latin gericht
Vnnd spricht zu tütsch also
Von ainem maister, haiset katho.
5. Vor crist gebart er was,
Seinen sünnen ain gut lere vorlas.
Er sprach: vil liber sune mein,
Laus dir das ingedenck sein.
Du machst mit meiner lere
10. Gewinnen gut vnd ere,
Lis vnd hör mein gebott
Vnnd vernem das recht durch gott.
Wer liset das er nit verstaut
Wie bald er sich versummet haut.
15. Sich, wem du borgest,
Das du darumb nit sorgest.
Du solt geren gelten
Vnd hab Wirtschaft selten.
Du solt schalin zu mauss,
20. Das dich das gut nit lauss ;
So du wirdest reich,
So betrag dich erberklich.
Nach groser costung soltu sparen
Vnd vor schänden dich bewarn,
25. Schier haut verloren ain man
Das er jn langer zeitt nit gewan etc.
Schluss: Also lert der haiden seinen sun,
Wie er jn seinem leben solt thun.
Wer das gebott will halten,
Der mag wol mit eren vnd seiden alten.
Amen!
^) Der Schneidergeselle Lepper las: Nie hoipt sich an etc.
- 15^2 —
Der vorstehende Cato gehört unter die von Zarncke
unter die Gruppe : » Umordnung und Interpolation des äl-
testen deutschen Cato « zusammengefassten Bearbeitungen.
(Zarncke, p. 113 u. ff.)
Bl. 190—194. Ich laus hoch kirnst vallen zu tal
Wann es ist mh' ain ciain zu schmal
Nauch der Vernunft zu reden mir
Wan was ich doch ymaginier etc.
Siehe oben p. 110, 10.
Bl. 194—195 (Schluss):
Die lieb mein verdienst vernicht
Von Wandel den sie an mir sieht etc.
IV.
Von den edeln stainen.
Sloane coli. 448. Papierhs. des XV/XVI. Jahrh. in Oclavo. 75B11.')
Ohne Titel.
Eine poetische Bearbeitung des Abschnittes : » Von den edeln
Stainen « aus dem Buch der Natur, das von Conrad von Megen-
berg (t 1374 in Regensburg) zwischen 1349 und 1350 aus dem Lateini-
schen des Thomas Gantimpratensis in's Deutsche übersetzt wurde ^).
Vrgl. Fr. Pfeiffer: Das Buch der Natur von K. v. Megenberg. Stuttg. 1861.
— Die folgenden Texte, die ich ebenfalls genau nach der Hs. gebe, sind
unrein, aber in den meisten Fällen leicht zu heilen:
Bl. 1 — 11. Vorrede: Hie wil ich sagen von den edeln ge-
stainen, wie die gevar sind vnd Avie man ir
krafft pesseren mugi vnd wil an dem ge-
stain anheben, der namen sich an ainem A
anhebend und darnach an dem B, vnd (unz
Pf.) das wir das abc mit Edeln gesteinen
^) Im Gatalog: »A treatise of precious stones, in prose and vei'se in
german, written by a person named Megenberger.«
^) Es befinden sich 4 alte Drucke des Buches der Natur in dem
brit. Museum: zwei Ausgaben von 1475, eine v. 1481, gedruckt bei
Hans Bämler in Augsburg, und eine von 1499 , gedruckt bei Hans
Schönsperger in Augsburg. — Ich erwähne hier beiläufig , dass ich auf
der Pariser Nationalbibliothek unter den » fragments de manuscrits al-
lemands recueillis par Oberlin« (signirt ms. all. 118) 2 Perg. Bll. des
XIV. Jahrh. gefunden habe , die Bruchstücke aus Megenberg's Buch der
Natur enthalten. Sie beginnen mit p. 39, Zeile 9 nach Pfeiffer. Unter
ebendenselben Fragmenten befinden sich auch 4 Perg. Bll. aus Stricker's
Karl.
- 154 —
durchlegen. Yedoch wil ich des ersten reden
von den stainen jn der gemain.
Es ist ain frag , wie die edlen stain
wachsend jn der erden etc.
Diese Vorrede varirt in Einzelnheiten von dem in Pfeiffer's Aus-
gabe p. 427—31 gegebenen Texte.
Hierauf folgt eine kurze poetische Einleitung , nach welcher der
Dichter die » zwelf schatzpaern auzerwelten stain « behandelt :
Wenne nun krafft aller wyshait
Hat gott an drü ding geleit
An werchen an Worten vnd segen
Die zway lauss ich vnderwegen
5. Vnd wil nu allain sagen
Von edelem gestaine
Wie jr krafft sye vnd gestalt.
Nun merckend jung vnd alt
Zwelf stain jn kurtzem zil
10. Die ich üch benemmen wil
Die Salomon der wyse
Gab besunder hochem bryse
An tugend vnd wirdigkait.
Von dem ersten er vns seit
15. Das ist ain Alraantin
Des varb sol rott sin
Wer den Ireit an sinem vinger
Dem ist gar dester ringer
Kein zember ward nie so räss
20. Der es trunck alder äss
Es schadet nit zu aller frist
Die wil der stain by jm ist
Darzü ist ouch der stain gut
Wer jn jn ain vingerlin tut
25. Der ist kuon vnd manhaft
Stätz von des stain krafft.
— 155 —
Ist der Almantin vielleicht der Amandin?, den Konrad von Me-
genberg (Pfeiffer p. 435) folgenderweise beschreibt: »Amandinus ist aiu
stain, der ist puntvar oder vechvar, also daz er manigverbig ist. der
stain erlescht all vergift und macht den menschen sighaft wider all sein
veint und macht ainen guoten bedäutaer und auzlegaer der treum. « —
Bei dem zweiten Stein Torposius (b. Pfeiffer p. 464 Topazi) geht
der poetischen Bearbeitung K. v. Megenberg's Prosabeschreibung in ver-
kürzter Fassung voraus:
Von dem Torposius: Topasius ist der zwölf stai-
nen oiich ainer, den Johannes in appocalipsi sach, das ist jn
dem buch der haimlichkait gottes vnd gehchet gold an der
varb. Vnd der ist der edelst vnder dertey stainen, aber ist
der ainer anderly. Vnd ist vil lichter vnd liechter vnd ist
an der varb tümmer , aber ist er besser denn der erst ^).
Der stain hilffet zu den afftern andern, die zu der mystpor-
ten nider gant. Man spricht ouch, das er des mon enpfmd
vnd setz siedent wasser wann man jn (darin) stosset, vnd verkert
zorn vnd ouch vnküüschhait. Der stain kumpt von dem
land arabia vnd ward des ersten funden jn der Insel To-
pasis. Plinius spricht, das man den stain so gross hab fun-
den, das Ptholomeus philodelphus ain sul daruss liess machen
vier dumelen lang, wiltu den stain schön maclien so wirt
er vil dunkler, laust du jm aber sin aignen natur, so schint
er glych als gold.
Rigmatice ^).
Der ander haisset Topasius
Den sol man versuchen also
Wer sich besieht darjnne
Dem ist zepers ^) das kinne
5. Darzü verkert der mund
Vnd die äugen biss an den grund.
') Nach Pfeiffer's Lesung: »der ist vil liehter und ist an der varb
dünner, aber er ist poeser wan der erst. «
^) rigmatice = metrice cfr. Du Gange.
^) zepers = das Schweiz, zweris, zwerch , quer.
— 156 —
Vnd wa der stain fiel
In ain wasser das da wiel
Alder wer jn dar jn stiess
Das wasser sin wallen Hess.
5. Wer den stain by jm trait
Dem geschieht ouch kain laid
Von kainen rouberen
Wie vil jr doch werend
Noch von dieben kain
10. Ob das hus stund allain
Vnd offen alle türen
Kain dieb kern darfüre.
Von dem Smaragden. •
Smaragdus ist der dritt stain
Vnd ist ouch der besten ein
Der ist grün als ain grass
Vnd luter als ain spiegel glas
5. Wer den täglich ane sieht
Dem geschieht laides nicht
An den ougen das ist war
Sy werden jm luter vnd dar
Vnd jm wechset ymer mere
10. Sin gut vnd sin ere.
Er vertribt ouch vnstätten müt
Vnd ist ouch zu tedingen gut.
Vnd wer das vallend we hat
Dem wirt ouch von dem stain rat
15. Ob er jn an dem hals treit
Das ist ain grosse wirdigkait.
Vnd ist dem stain grosser schad
Wer sein treit zu dem bad
Vnd verlüret also gar
20. Sin crafft vnd ouch sin var
— 157 —
Vncl laus daby vnderwegen
Das er der minne nit (mag) pflegen
Alder er bricht zu klainen stücklin
Die krafft hat das edel stainlin
5. Das er der minne nit mag vertragen
Er bricht als hab man jn zermalen.
Prosa bei Pfeiffer, p. 459.
Von dem Garbuncul.
Prosa (hier verkürzt) bei Pfeiffer 437.
Carbunculus ist der fierde stain vnd ist der edelst vnder
allen stainen vnd (hat) aller stain krefft. Er ist so dar, das er
mit siner clorhait ain kranckes gesicht widerschlecht vnd
widertribt. Aber er brait des menschen gedank, des staines
varb ist füren vnd schinet des nachts mer, denn des tags,
wann des tags ist er tunckel , aber jn der nacht so schinet
er so dar, das er by nacht tag machet : Vnd haisset der stain
kriechesc antrax. Der stain wachset jn dem land hbia vnd
ist dryerlay. der erst ist der wirdigest vnd haist karbunkel.
Der ander haist Rubin vnd ist ouch fürvarb , aber nit so
gar liecht vnd so schinbar, als der erst Carbunkel, vnd schinet
an der vinstry, nitjn der nach. Er ist jm ouch vngelych an
den krefften vnd an der varbe. Der dritte ist der böste an
krefften vnd an der varbe vnd haisset Balastus, yedoch achtet
man jnn besser, dann den Saphir alder den Jaspis.
Rigmatice.
Der vierd stain haisset Carbunkelstain
Nie kain sterne so liecht schain
Als der stain des nachtes tut
Wann er brinnet als ain gliit
5. Des staines krefften der ist vil
Der ich hie nit nemmen wil
Denn es wer gar ein wicht
So man jnn gar lutzel sieht
— 158 —
Vnder mannen die jnn habend
Was ich jn sag dar abe
Darvon ist es besser verkoren
Es wer doch gantz verloren.
So beginnt auch ein niederdeutscher Lapidarius in Wiener Hs.
Nro. 94, Bl. 98—109:
Van den eddele ghestenten.
De erste het kerbunkelsten
Dat ny sterne also sehen
Also de sten des nachtes doet
Vnde bernet rechte so en gl od etr.
Wahrscheinlich dieselbe Abhandlung über die zwölf Steine, nur in
veränderter Reihenfolge.
Von dem Saphir,
(b. Pfeiffer p. 457.)
Saphirus ist gar ain edel stain vnd ist der zwölffen
ainr, den Johannes sach. der stain ist himelvar, wann er ist
Hecht blaw. Yedoch mag er niemer luter werden, das er ain
bild jn sich niem als ain Spiegel, vnd wenne sich der sun-
nenschin widerschlecht uff dem stain so gibt er ainen prin-
nenden schin von ym vnd ist den himelkrefften allezyt an-
naigenlich. Aber der ist der beste, der von India kumpt vnd
ist kainer durchlüchtend. Der stain behelt die gelyder gantz
jn jr narung von natur. Die zu latin vegitatio haisset, vnd
senfftiget die jnwendigen brunst vnd verstellet den schwaiss
vnd benempt er den ougen vnd der stirnen schmertzen. Vnd
hauet ouch der zungen siechtum. Vnd setzet die geschwulst
vnd hallet die geschwer vnd scheucht den grusamen siech-
tagen, der das anthtt negt, vnd haisset zu latin noH me tan-
gere. Das spricht: rür mich nit. Aber er verlüret sin varb
dar nach. Der stain ist ouch gut wider schrecken , vnd ist
gnädig zu frid. Aber der jnn treit, müss sich gar ser vlys-
sen , das er gar küüsche sy. Es sind ouch Saphir zu poy,
das ist ain statt gegen der sunnen nydergang, die sind klains
— 159 —
gelts werdt vnd habend klain krefft vnd sind glich als ain
tunckel cristall gevar. aber man vndersetzt sy mit blawen
vndersetzlin jn die vingerlin, das sy blaw schinend, vnd der
bringt man vil jn tütsche lannd vnd die habend nit krefft.
yedoch die da herkomend vnd bettend sy gestalt als die Sa-
phir von Orient habend, daz ist von der simnen uffgang, die
wärind die besten vnder jn. Aber man vindet jr wenig, die
Saphir, die von Orient komend, die sind die besten vnd aller-
maist, die obnen wyslet wölken händ vnd dicker varwen sind.
Es sind oiich ettlich Saphir , die sind die klarsten vnd die
kreftigesten vnder den andern. Vnd die zoubrer handlend
den stain vil jn zober künsten.
Rigmatice.
Saphirus der fünfte was
Für war sag ich üch das
Der wol ist dryer hande
Zu Orient jn dem lande
5. Da sollend die besten jnne sin.
In ainen gnldin vingerlin
Sol man den knschlichen tragen
Für war ich üchs wil sagen
Der ist wol lang gesund,
10. Ich thun üch me von jm kmid
Die geschwulst von jm entwichet
Wo man den stain hin strichet
Die vil schier zergaut
Wer die rotten hytz haut
15. Die ist wol schier zergangen.
Wer mit vnmüt ist vmfangen
Nimpt er den stain jn sinen mund
Er wird ledig jn kurtzer stund.
Vnd ist gut zu den ougen
20. Offenbar vnd tougen
Wird er nit vnrechts gezigen
— ir.o —
Die wil jm der stain ist by
Als lieb jm sin kraft sy.
Von dem Jacinten.
(b. Pfeiffer p. 449.)
Jacinctus haisset ain Jachant. der stain ist gelvar vnd
ist jn der vinstry tunckel vnd an dem lieclit dar, wen er en-
pfmdet des lufftes, als man spricht, der jachant ist der beste,
der weder dunckel noch gar claur ist. Er ist ouch gar hertt
vnd lat sich nit geren spalten noch graben. Yedoch grept
man jnn mit adamasstücklin , vnd ist gar kalt wanne man
jn jnn den mund leit. er sterket sinen graber vnd benimpt
vppig truren vnd süüfftzen von dem hertzen vnd machet den
sicher, der jn frömbde land ferdt vnd sichert den mentschen
vor dem gemainen schelmentod vnd vor vergyfft vnd vor
schlangen. Er macht sinen trager vor gott vnd der weit ge-
nem. der stain kompt von der moren land, vnd verbt sich
nach dem wetter vnd ist claur jn schönem wetter vnd ist
dunckel jn duncklem wetter.
Rigmatice.
Der sechste stain ist ain jachant
Wer den treit an siner band
Dem dienet wol mit rechte
Sin mayd vnd ouch sin knechte
5. Gar allesampt gelych
Vnd tünd das willeklich.
Vnd wer zu jm haut keinen zorn
Der wirt ouch schier verloren
So er jn rüret da mit.
10. Das ist ouch des staines sitt
Das er sich wandlet ze aller frist
Als das wetter gethan ist
Wanne ouch schinet die sunne
So wirt er als ain brunne
- 161 —
So aber das wetter ist dunckelvar
So wirt der stain trübe gar.
Ouch sind die jachant
Gevar mengerley band
5. Des seilend jr geloben mir
Der beste ist blaw als ain saphir
Der ander wys mit alle
Gemacht als ain cristalle
Der dryt weder blaw noch wyss
10. Wer jn besieht mit vlyss
Der ist an ettlicher statt
Recht als ain viyolblat.
Von dem Gri st allen,
(b. Pfeiffer 441.)
Gristallus wachset vs ysse , wann das verhertet jn vil
jaren. Yedoch widerspricht das Salomon ^) , wann er spricht,
das man cristallen vind jn vil landen , da niemer kam ge-
früst noch yse hin. kum ein sinwel cristalle an der sunnen
stat, so enzündet er ainen ziinder recht als der berill. Der
stain hat ouch die art , wenne man jn zerstösset vnd jn
mischet mit honig , wölche frow das trincket , die ain kind
souget , der meret er die milch, der stain ist ouch gut zu
den ougen.
Rigmatice.
Der sibend ist ain cristalle
Der wachset vnder jn alle
Der selben der ist vil
Von dem besten ich üch sagen wil
5. Der ist luter als ain brunne
Wer jn helt gegen der sunne
Er brinnet als ain zunder
Das ist wol ain wunder
^) Nach Pfeiffer: Solinus.
11
- 162 -
Wer den treit jn der hand sin
Dem mag der frost kain schad sin
Und wer jn jnn sine acker iiat
Dem tut der schür kain not.
Von dem Achat.
Zuerst die Prosa in verkürzter Fassung (Pfeiffer p. 432) , dann
rigmatice :
Der ahtet stain haisset achat
Er wol jn golde staut
Der ist schwartzer den ain kol
Als ich üch nun sagen sol.
5. All vmm des staines braw
Gaut ain ring der ist graw
Vnd ist von selber daran
Ergraben wib vnd man
Mengerley tier wilde
10. Und mängerley gschlächt bilde
Ir kainer ist dem andern gelich
Das ist genüg wunderlich
Sy sind erwachsen vnd nit graben
Das kan niemand abschaben
15. Er breche denn ze stucke dein.
Die kraft hat der stain
Wer jn treit vnd by jm hat
Wo er rittet oder gat
Der wirt niemer gefangen.
20. Nauteren noch schlangen
Schadent im nit vmm ain har
Ob sy by jm schlieffend zwar
Vnd dunckt die lütte alle gut
Was er yemer mer tut.
- 163 —
Von dem Ametisten.
Zuerst Prosa (b. Pfeiffer p. 431).
Der nünd ist ain amatiste
Wer des kraff't recht wiste
Der solt jn behalten wol
Sin gevar ist als ain viol.
5. Wer jn des tags ansieht
Der mag des tags ertrincken nicht.
Er machet lüttselig den man
Der jn dick sichet an
Vnd war werd vil gutes
10.
Wan das ist also vil
Das man ir nicht achten wil
Welche frow jn treit jn gold
Die hat jren man gar hold.
Von dem G r i s o 1 i t.
Ohne vorhergehende Prosa (b. Pfeiffer p. 442).
Der zechent ist ain Crisolit
Der ist gut jn dem strit
Vnd ist dem gold gelich
Das wissend sicherlich
5. Vnd stat jn dem gold wol
Da brünnet er jnne als ain kol.
Wer nachtes tregt den stein
Dem mag geschaden der tüffel klain
Schaden noch sin getätt
10. Die wil er den by jm treitt
Und ob ain man ist starck wund
Und ist da vngesund
Vnd zwifflet ob er müg genesen
So enmag nit übrig wesen
15. Er muos spyen sy das blüt
Ob er das nit entüt
— 164 —
So stirbt er von den wunden nicht
Was jm denn darnach geschieht.
Von dem Onichilus.
(b. Pfeiffer p. 453.)
Der ainlfft stain haisset Onichilus
Des varw ist geschaffen also
Weder schwartz noch wyss
Den gibt man wol mit vlyss
5. Wie den man duncket gilt
Wer den jn ain vingerly tut
Vnd es tregt an siner band
Der trompt des nachtes allesampt
Was jm geschehen soll
10. Das siecht er jn dem schlauff wol.
Von dem Jaspis.
Zuerst Prosa (b. Pfeiffer p. 448).
Der zwölfft ist Jaspis genant
Den vindt man wol bekant
Vnd ist mengerlay gevar
Der aber grün ist gar
5. Der ist der beste nach siner art
Vnd sol jn golde sin verspart
Der stain büsset den ritten
Der sich bestrichet da mitte
Vnd ain frow die mit kinde gat
10. Vnd jn an jr hende hat
Die genist in vil kurtzer zitt
So man jn jr jnn die hend gytt
Vnd ist ouch der stain guott
Das er verstellet das blüt
15. An der nasen vnd an dem mund
Dar nach jn kurtzer stund
- 165 -
So er jn nimpt jn die band
Verstaut das blüt zehand
Vnd wer ain vihe erschlüge
Vnd den stain by jm trüge
5. Es plütet nicht vmm ain bar
Das wissend alle für war
Wer sich welle versinnen
Der sol daby nit minnen
Wenn er den stain by jm hat
10. Wan sin krafft gantz zergat.
Das sind die zwölf stain
Die Aaron alle tag gemain
Vor jm jn dem tempel trüg
Ane die sind ander stein genüg
Die ouch sind vil türe
Von jr 'edelen nature
Der ist vss der maussen vil
Der jch ain tail hie benemmen wil,
Folgen nun die übrigen Steine in poetischer Bearbeitung, der hie
und da, wie oben, ein Auszug aus Megenberg's Prosa vorangeht.
Bl. 67. beginnt das Thetelbüchlein (b. Pfeiffer p. 469 u. ff.)
Bl. 71. Wenne die Edeln stain belediget sin mit sünden
alder mit vnküüschen vnliitern dingen, wie man
jr krafft wider bringen sol. (b. Pfeiffer p. 472.)
Bl. 75, a. Diss ist die Segnung der stain.
Pfeiffer p. 473 gibt nur den Text der latein. Benedictio
lapidum (in unsrer Hs. auf Bl. 71, b.). Die deutsche Ueber-
setzung derselben scheint sich in keiner der von Pfeiffer
benutzten Handschriften vorgefunden zu haben.
Der herr sy mit iuch. Wir bittend Allmach-
tiger gott vatter, der du geöffnet haust da die fu-
gend den menschen ouch durch ettleich vnss en-
pfintlich geschöpft vnd du der da hast gebotten
— 1G6 —
dinen knocht vnd diener Aaron, daz er zierti sine priesterliche
klaider mit den zwölff trefflichen kostbarlichen edelstainen vnd
der du hast gezögt sant Johansen dem evangelisten wesen-
lich zu buwen die himelschen stat Jherusalem jn den bedü-
tenden diser stainen : wir syend demütiklichen bitten din gött-
lich mayenstat, daz du dise din stain oder den stain wellest
segnen vnd hailigcn durch die hailgung dines names vnd an-
rüffung, daz sy syend gehailget vnd gesegnet vnd daz sy ne-
mend oder daz er nem den nutz der fugend, die din göttlich
wishait jn zu geaignet haut vnd ain yetlicher der die oder
den by jm sy tragen , dem werd mittailt din fugend durch
die oder durch den vnd werdent ouch verdienen die gauben
diner gnaden vnd die sicherhait diner fugend durch dinen sun
jhm. cristum, jn welhem alle hailigung ist, der ouch by dir
lebt vnd regiert gott durch alle die weif der weit. Amen,
Der liute syte der edilen ampt in deme
schachzcabil spil.
Additional manuscript Nro. 15,555. Pergamenthandschrift des
XIV. Jahrh. 56 Folioblätter. Ich theile den Anfang und Schluss des
Gedichtes mit :
Bl. 2. Anfang. lli hebit sich diz buch an, daz do heist der
liute syte der edilen ampt jn deme schach-
zcabil spil. dy vorrede sich begynnet.
Alliz daz geschrybin stat
daz Pauli schryft gesprochyn hat
in eynir epistyln zcu den romer
geschrybin ist zcu vnsir 1er
5. daz wir myt der schryfte trost
und myt gedult wem sy genost
mogyn hofenunge habyn
ane zcwyuillichiz snabyn
dez hebit sich an der prologus
10. den machte brudir iacobus
von tessolis eyn kunstiger
dez ordinz munch der prediger
eyn meystir in der heylgin schril
der lert in dysiz buchiz stipht
15. der lute hobischeit vnd syte
vnd der edlyn ampt da myte
— 168 —
in dem schachzcabil spil
sust ich daz anhebyn wil
uon tessolis ich iacobus
eyn meistirlich theologus
5. vnd bruder munch zcim predigern
byn vil gebetyn von schulern
vnd von brudirn unsir cluz
daz ich wolde legyn uz
schachzcabil der kurzcewil eyn spil
10. daz ich virsagit habe vil
vnd nv doch dy selbe gobe
begynne in gotiz lobe
daz ist wy sich regyren
mit gutyn syten zcyren
15. dy lute suUyn vnd dysen stritt
haldin als dyse rede quyt
betalle do ich den lutyn
dy rede wart bedutyn
vnd iz vil hern behayte
20. alz man myr das sayte
durch ir wirdekait vnd er
hab ich geschrybin dise 1er
vnd mane sy in der norme
daz sy dez spiliz forme
25. slyssin in ir gedanckyn
so daz sy sundir wankyn
den strit diz spilis vnd syn tvgint
beide daz aldir vnd dy iugint
mogin baz behaldyn
30. in iryz herzein valdin. etc.
Bl. 56. Schluss:
Ane tugint uf erdin
lebin in vn^eberdin
— 169 ~
ist nicht eyn menschlichiz lebin
sundir billichir vie gegebin,
dorum so laufe wir an crist
der der selikeite togint ist
5. von dem di tugint vluzet
vnd alle genade entspruzet
der mir virlegin hat den ruch
daz ich voltychtit hab daz buch
den livtin wol zcu erin
10. vnd zcu gutin lerin
der virly vnz syne genade
in dysir werlde stade
daz wir ewiclichin
dort mit em richin.
15. uon thessoMs ich munch iacop
gewurbin habe der herren lop
in dysiz buchiz zcile
durch kurzcewile
besundir di iz kunnen
20. daz si mir gunnen
eyn munch der predigere stift
eyn meistir in der heiligin schrift
vnd hab iz bracht anz ende blat
daz mir der virlegin hat
25. der vnz gebit van hobin
di vollinkomenen gobin
der habe lop vnd ere
nu vnd ymmyrmere.
Diz buchiz wandelunge
30. hat in divzsche zcunge
getichtit gar rechte
der pherrer zcu dem hechte
von gotiz gibiurt
gar kusch begurt
— 170 —
liisint iar
daz di reyne mait gebar
darzcu dryhundirt
syn gesundirt
5. vinfzcic darzcu
merkit nv
vnd in dem vinftyn ,
do mit virnumftyn
wart getychtit
10. gar glich gerichtit
nach deme latyne
hye zcu schyne
diz buch vnd an eyn ende qwam
gelobit sy der hoe nam.
amen !
Dieses Gedicht ist eine rein mitteldeutsche Uebersetzung der von
Jacobus de Gessolis, Predigermönch zu Rheims, gegen Ende des 13. Jahr-
hunderts verfassten Abhandlung über das Schachspiel , betitelt: De
moribus hominum et de officiis nobilium super ludo scaccorum, und ist
18 Jahre nach der bekannten Bearlieitung desselben Stoffes von Konrad
von Ammenhausen entstanden ^). Der Dichter nennt sich : der pherrer
zcu dem hechte, und datirt seine Uebersetzung aus dem Jahre 1355.
^) Vergl. die schöne Abhandlung WackernageFs, das Schachspiel im
Mittelalter in den Beiträgen zur Geschichte und Literatur des Kantons Aar-
gau von Kurz u. Weissenbach , I. Bd. p. 28 u. ff. Dieser Aufsatz wird in
der von Moritz Heyne besorgten Ausgabe der » Kleinen Schriften « von
Wackernagel neu gedruckt werden. Gessolis Schachbuch wurde später noch
bearbeitet von Heinrich von Berngen im Jahre 1438. (Vergl. Mo ne's
Anzeiger vom Jahre 1838, Spalte 287) , niederdeutsch von Stephan (in
einem Druck von 1498, vergl. Gödeke's Grundriss p. 1157) und von Jacob
Mennel von Gonstanz im Jahre 1507.
Zusätze.
Zu p. 60 Münchner cod. germ. 2928 erweist sich wirklich als blosser
Auszug des »lat. Originals».
> p. 91, 29 lies: der was wolgestalt ir lib.
» p. 115, 24 u. 25 vrgl. Max Rieger in Pfeiffer's Germania 111, 396 u. ff.:
»Zwei Gespräche zwischen Seele und Leib.»
» p. 126, 33 statt sitt wird zu lesen sein list.
» p. 140, 22. Die Hs. gibt: Geuuet das der krieges pflag
Durch römische recht vil manigen tag.
» p. 136, 7 vergl. Hermann Oesterley, Gesta Romanorum (Berlin 1872)
p. 259, 48 (latein. Prosaerzählung.
» p. 136, 9 ibid. p. 489 u. 734.
» p. 136, 11 ib. p. 347 (Rosimila duxissa) , 720 u. 211, 95 (Losmild.).
» p. 136, 12 ib. p. 589 u. 742.
» p. 137, 14 ib. p. 347 u. 720.
» p. 137, 16 ib. p. -584 (Onulphus papiensis) u. 742.
» p. 138, 17 ib. p. 440 u. 729. (Valerius Maximus überliefert statt
Phintias Pythias.)
» p. 138, 19 ib. p. 340 u. 718.
» p. 139, 20 ib. p. 557, 740 u. 211, 96.
» p. 141, 29 ib. p. 348, 721 u. 211, 97.
» p, 142. 40 ib. p. 669.
» p. 153. Die Quelle des Buches der Natur. Joseph Haupt behauptet
in seiner neuesten Arbeit: lieber das mitteldeutsche Arz-
neibuch des Meisters Bartholomaeus , Sitzungsberichte der
k. k. Akademie Wien 1872, p. 559 (Note) : » Was Fr. Pfeif-
fer über die Quelle Konrad's , p. XXIX— XXXH , sagt , ist
vollkommen falsch.«
Zu spät sehe ich, dass ich mit dem Auszug »von den edeln
Steinen» nichts wesentlich neues biete, indem ein ähnliches Gedicht
in von der Hagen und Büsching's Museum für altd. Kunst und Literatur
— 172 —
vom Jahre 1811, II. Bd., 52 u. ff. gedruckt ist und zwar nach einer
Dresdener Hs. von 1470 (17 Seiten stark) und einem Erfurter Druck von
1498 (19 Seiten). Der Dichter nennt sich dort Joseph:
V. 26. >Yoseph bin ich genant
vnd bin darbey bekant,
das ich hon vor gedieht
vndt die weit bericht
von" liegen vnd warheit.»
Die Londoner Hs. nähert sich in dem ersten Abschnitt, von den
zwölf Steinen, in ihren Lesarten dem Erfurter Druck, welcher, wie die
Dresdener Hs. , ihrem Umfang nach zu urtheilen , ein Auszug aus dem
grössern Gedicht, das in der Londoner Hs. vorliegt, sein werden. Ein-
leitung und Schluss sind in den beiden Fassungen ganz verschieden.
Zu p. 154, 19 Dresdener Hs. czawber, der Druck: zucker statt zember =
Zirbelnuss (pinus cembra = Zirbeltanne). V. 23 — 26 fehlen-
» p. 155, 4 statt zepers gibt Dr. Hs. zcu berge, der Druck zeberg.
» p. 159, 21 fehlt ein Vers, wahrscheinlich dui'ch mein Versehen. Nach
dem Druck : Wirt er vnrechts zigen,
nicht bey weihen ligen.
» p. 161, 7, oben, statt mit alle gibt Dr. Hs. : ametalle, der Druck: betall.
» p. 163, 9 u. 10. Der Druck: Wirt er frölichs mutes
vnd wercket vil guttes.
Die Dr. Hs. : So wirt her froes gemuthis;
Sy werin wert vil gutis.
» p. 164, 4, oben, statt gibt: grebet.
In den Verlag von C. Baader in Schaffliausen sind
mi t Eigenthumsrechten übergegangen :
Oeschielite des acbtzelinten Jalirliuuderts. Von
Aug. Fr. Gfrörer. Nach dem Tode des Verfassers
herausgegeben von Dr. J. B. W e i s s , Professor der Ge-
schichte an der k. k. Universität Graz.
Inhalt :
I. Band: Ludwig XIV. Wilhelm der Oranier. Vrinz Eugen. Karl XII.
Petei- der Grosse. Die Kaiser Leopold I. und Joseph I. Eleg. ge-
heftet tl. 3. — , rh. 1. m, fr. 6. 40.
II. Band: Geschichte Europa's von 1715—1740. Die Freidenker. Frie-
drich Wilhelm 1. Die Jugendjahre Friedrich's II. fl. 3. 34, rh. 2. — ,
fr. 7. 25.
III. Band: Maria Theresia, die grosse Kaiserin-Königin, fl. 4. — , rh. 2.12,
fr. 8. 40.
IV. Band, L Abtheilung: Der siebenjährige Krieg. Eroberungen der
Engländer in West- und Ostindien, fl. 2. 36, rh. 1. 15, fr. 5. 60.
Zur Oeschiclite «letitscher Volksreclite im Mittel-
alter. Von Aug. Fr. Gfrörer. Nach dem Tode
des Verfassers herausgegeben von Dr. J. B. W e i s s.
2 Bde. 9 fl. 36 kr. =- 5 Thlr. 18 Ngr. = 20 Fr.
Eine Beurtheilung findet in dem vorliegenden Werk » eine Samm-
lung der geistvollsten Excurse , über deren Scharfsinn man staunen
müsse. Dasselbe errege ein ungemeines Interesse und sei mit einer
Frische , einer Lebendigkeit geschrieben , dass man sagen möchte , es
mache sich einmal ein jungfräulicher Jurist an die alten Volksrechte,
um die Männer aus ihrem Schlafe aufzurütteln. Aber auch ihr sach-
licher Werth sei ein höchst bedeutender. «
Urgescliichte des menselilielien Oescbleelites. Von
Aug. Fr. Gfrörer, ordentl. Professor der Geschichte
an der Universität Freiburg. Erster Band. Eleg. geh.
1 fl. 48 kr. = 1 Thlr. = 3 Fr. 80 Cts. Zweiter Band.
3 fl. = 1 Thlr. 21 Ngr. = 6 Fr. 50 Cts.
Ueber den zweiten Band speciell äussert sich eine Be-
urtheilung :
wn..i. 1 , r^^^'l^ ^r?"'^ "^^^" Urgeschichte, der mit Spannung erwartet
Ä.m.V"r^'«1''i^''r':f""^ "'-^^^^ zurückblieb, behandeU in zw^f
Abbchnilten Jie Schicksale der Reiche Babylonien , Assyrien Medien
Lydien, Aegyptien, Israel, sowie der Phönizier und der a en Gded e '
Eme schwierige Periode für den Geschichtschreiber! Die Sach ichten
BberZ'''^ '/'■^'•'^T'^''^^'? '''^'' "^'^ ^1^^^'ker reden ander-s als die
Bibel , die Angaben sind vieldeutig. Dazu kommen die Funde welche
m neuerer Zeit in Aegypten wie in Babylon und Ninive gemaditwo r-
den sind, und der Streit über die Lösung der Räthsel, welche de biegen
Wahrlich, es ist ein schweres Stück Arbeit, auf diesem mit Hypothesen
durchwühlten Boden einen festen Standpunkt der Betrachtung luge
winnen und in das Dunkel, welches die Nachlässigkeit der alte,^%vie die
Grübeleien neuerer Schriftsteller über so ferne Zeiten verbreitet haben
einiges Licht zu bringen. Wir sagen einiges Licht, denn volle
Mensr-hhlf' "f"^*^«^!^!' ! gewisse Fragen der Periode der Geschichte der
Menschheit werden nie mehr beantwortet werden können. Soweit es
aber menschlichem Wissen und Scharfsinn möglich ist, hat hiei^^frö!
QtoH ^"'''"'"'? """^ ''} ^°'^ ^""^ ^'"^' widersprechende Angaben gebracht
Statt des verdummenden Dunstes von Schulmeinungen , 'den wir sonst
m derartigen Buchern finden, ist hier Alles vom Licht des gesunde'
^cE i^rT^r"*^'' f^'fhdrungen. Die Darstellung ist klar Snd ein-
ach; der Verfasser legt uns die Fragen vor und führt uns durch all'
rpLh , r^"^ ^'^''/ '^^ '}"■'' ^^'""§' •^^^•^"^■^^^ ^^'"■'i das Buch so lehr-
uZ\r f ^""*^'^^- '^«"^f ^egt es ohne Bereicherung seines Wissens
P,fL l-'l ^''V?Tf -f"' der Hand, den der Anblick scharfsinniger und
erfolgreicher Thatigkeit gewährt.«
Oeschichte der cleutsclieii Vuiou , von den Vorbe-
reitungen des Bundes bis zum Tode Kaiser Rudolfs II
(1598-1612). Von Moriz Ritter, Privatdocent der
beschichte an der Universität zu München. Erster Band
2. fl. 36 kr. = 1 Thir. 15 Ngr. = 5 Fr. 40 Cts.
• M" ^r^ Verfasser standen als Mitglied der historischen Kommission
in München die wichtigsten archivalischen Quellen zur Aufhellung einer
noch wenig bekannten Periode der deutschen Geschichte zu Gebote.
»er Aiitheil der Eidgenossen au der europäi-
.selien Politik in den Jahren 1512—1516. Ein histo-
rischer Versuch von Dr. phil. Wilhelm Gisi.
2 fl. = 1 Thlr. 6 Ngr. = 4 Fr. 20.
Ostafrikaniselie IStudien. Von Werner Hunzinger.
Mit einer Karte von Nord-Abvssinien und den Ländern
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Die Raben des heiligen Meinrad. Vortrag, in der
Zürcher antiquar. Gesellschaft gehalten von Eduard
Osenbrüggen. 16 kr. ^ 5 Ngr. = 50 Cts.
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brüggen, Professor der Rechtswissenschaft und Mit-
glied des schweizerischen Alpenclubs.
Erster Band. 2 fl. 20 kr. — 1 Thlr. 10 Ngr. = 5 Fr.
Inhalt: I. Entwicklungsgeschichte des Schweizerreisens. II. Die
Ormontsthäler. III. Aus dem Bündnerlande. IV. Das Maderanertlial.
V. Reichenau und Arenenberg. VI. Das Entlebuch. VII. Die Froburg.
VIII. Das Kloster Fischingen. IX. Am Walensee. X. Die Schweiz, das
Land der Gegensätze.
Zw^eiter Band. ± ^. — \ Thlr. 6 Ngr. = 4 Fr.
Inhalt: I. Stachelberg. II. Das Muota-Thal. III. Kleine Städte.
IV. Das Münsterthal und Bormio. V. Die Kyburg. VI. Die Gebirgs-
pfarrer. VII. Der schweizerische Alpenclub. VIII. Reisen alter Züricher.
Dritter Band. 3 fl. = 1 Thlr. 6 Ngr. — 4 Fr.
Inhalt: I. Toggenburg. II. Im Oberland St. Gallen. III. Ragaz.
IV. Obwalden. V. Am Jura. VI. Rheinfelden. VII. Einsiedeln. VIII. Kleine
Häuser und grosse Männer. IX. Dozebabi.
Oescliielite der fStadt und liandseliart Bern von
E d. V o n W a 1 1 e n w y 1 von D i e s b a c h. I. Bd. Drei-
zehntes Jahrhundert, gr- 8. 1867. fl. 4. 48. Rthlr. 2.
Ngr. 24. Fr. 8. —
Früher sind erschienen untl im Preise bedeutend herab-
gesetzt worden:
Osenbrüggen, I>r. Ed., Ji>.'S alamauische Straf recht
im deutschen Mittelalter, gr. 8. 1860. (fl. 3. 20. Reichs-
thaler 2. Fr. 7. 20) ä fl. 2. 10, Rthlr. 1. 7^2. Fr. 5.
— — Das Strafrecht der Langobarden, gr. 8. 1863. (fl. 1.
36. Ngr. 28. Fr. 3. 50) ä fl. - . 54. Rthb. -. 15.
Fr. 2.
Studien zur deutscheu und schweizerischen Rechts-
geschichte. 8. 1868 (fl. 4. 12. Rthlr. 2. 15. Fr. 8. 80)
ä fl. 3. — Rthlr. 1. 22^2. Fr. 6. 40.
Eine Recension über die „Studien der dentsehen und
schweizerischen Rechtsgeschichte von E. Osenbrüggen sagt:
Zu einem stattlichen Bande vereinigt, überarbeitet und umgeformt,
»wie es die vermehrten und veränderten Rechtsquellen und die im letzten
Jahrzehend aufgeblühte Literatur verlangten,» werden uns die in ver-
schiedenen Zeitschriften zerstreuten Abhandlungen eines der geistvollster '•
und scharfsinnigsten Forscher in dem weiten Gebiete der deutschen
Rechlsgeschichte dargeboten. Stoff und Inhalt wird am besten eine
Aufzählung der Ueberschriften charakterisiren :
1. Der ethische Factor im altdeutschen Recht. 2. Die Gast-
(Fremden-) gerichte. 3. Morgengabe und Abendgabe. 4. Das ius primae
noctis. 5. Ein Rebenweisthum. 6. Die bürgerliche Ehre, ihre Entziehung
und Schmälerung. 7. Die Personificirung der Thiere. 8. Die Talion.
9. Das Strafrecht in Kaiser Ludwigs Landrechtsbuch von 1346. 10. De
Nachtschach (nächtlicher Angriff und Raub oder deren Versuch). 11. BU
Theilnahme am Verbrechen. 12. Schweizerische Hochgerichtsordnungen.
13. Hans Hotterer (ein die Stadt St. Gallen am Ende des 15. Jahrhunderts
mit seinen Gesellen hart bedrängender Raubmörder). ' 14. Der Process
gegen einen abwesenden Todtschläger. 15. Das Bahrrecht. 16. Die
Ladung in das Thal Josaphat (eine, namentlich von solchen die sich
ungerecht verurtheilt glaubten, ausgesprochene Verwünschung der Richter).
17. Die Behandlung der Selbstmörder. 18. Das Ertränken und das
Schwemmen. 19. Das Lebendigbegraben. 20. Der Brand von Zürich
im Jahre 1286. 21. Gnade bei Rech* (eine vor dem Urtheil vorgebrach' ^
Bitte von Seiten der Geistlichkeit, „ .-andtschaft u. s. w. um Richte '-^
nach Gnade, das sich meist als Ve '^ ^ Uing der härtesten oder unehi
lieh machenden Strafe in eine mild'./.,''ll.rliche, äussert). 22. Das Ab-
trinken des Friedens (Beendigung einer Foindschaft und des wegen der-
selben gebotenen besondern Friedens durch Schmaus und Trunk).
23. Das koblenberger Gericht in Basel (Sackträger richteten hier über
die Injurien, Schulden und Frevel der Scharfrichter, Schinder, fahrenden
Frauen, Bettler und Vagabunden : derselbig richter muoss alle zeith, so
lange er zuo gericht sitzt, es sey s^-^.nmer oder winter, den rechten Schenkel i
bloss in einem neuwen ziber mit wasser haben, und alle und iede gerichts-
tag muoss man ime ein anderen ziber kauffen, der nie broucht wollen 1
sey. Die anderen 6 richtei sitzen mit dem rechten schenket bloss). !
24. Der letzte Hexenprncess (zu Glarus 1782 — das durch eine Dienst- '
magd verhexte Kind des Doctors und Fünferrichters Tschudi hatte Steck-
nadeln — an einem Tage über hundert — ausge.spieen, war auch sonst
krank, wurde durch die Magd geheilt; »die arme Uebelthäterin» aber
doch »als eine Vergifterin» geköpft).
Wenn auch die meisten dieser Aufsätze dem Strafrecht angehören,
so wird doch Niemand, der überhaupt der mittelalterlichen Kultur sein
Interesse zugewendet hat, die »Studien» aus der Hand legen, ohne ihnen
grossen Genuss und reiche Belehrung zu verdanken.
Jede einzelne Abhandlung der Studien der deütsclieii und sclnvei-
zerischeu Eeclitsg'escliichte weist dieEigenthümlichkeiten auf, welche man
bei dem Verfasser zu finden gewohnt ist, die aber zugleich als hohe und
seltene Vorzüge bezeichnet werden müssen: vollste Beherrschung des im-
mensen, »von der Wassersäule des Geisers bis zu den Quellen des Rheins»
zerstreuten Materials, welche überall grade das Schlagendste, Treffendste
unter dem innerlich Verwandten zur Vergleichung und Erläuterung her-
beizuziehen gestattet; gewissenhafteste kritische Forschung, die keine
Einzelheit vernachlässigt, keine Dunkelheit übrig zu lassen strebt; edle,
anmuthige Form der Darstellung, die dem Leser zwar Gang und Schwierig-
keit der Untersuchung zum Bewusstsein bringt, ihn aber leicht und sicher
zu den Resultaten hinführt.
Die Mehrzahl der hier behandelten Stoffe ist dazu angelhan. ge-
wisse harte und rohe Züge des mittelalterlichen Rechtszustandes, wie
z. B. die grosse Mannigfaltigkeit und überaus häufige Anwendung grau-
samer Strafen, dem Leser vorzugsweise zum BeAvusstsein zu bringen.
Mit Recht hat aber doch der Verfasser an die Spitze der Sammlung den
Vortrag über den ethischen Factor im altdeutschen Recht gestellt und
hier nachgewiesen, wie sehr in Rechtsbildung und Rechtsübung doch
auch die Rücksicht auf bloss sittliche Pflichten waltete, wie die gemüth-
liche, rein menschliche Auffassung in vielen Fällen das starre Recht
milderte. So erscheint die Treue als innerster Kern des Lehnwesens;
hundertfach tritt die zarte Rücksicht auf Frauen, namentlich Kind-
hetterinnen, Wittwen, Waisen und Fremde in den Rechtsquellen uns
entgegen; eine feinere, meb"- moralische Auffassung führte zur Unter-
scheidung ehrlicher und r \ -her Verbrechen, die auch auf die Wirk-
samkeit der Asyle Einfli ^ ,.e, zur Anerkennung einer Beleidigung des
Verstorbenen, dem gegenüber die Einrede der Wahrheit ausgeschlossen
blieb u. s. w.
Früher ist erschienen:
»er I^auzelet des Ulrieli von Zatziklioveii von
Dr. J. Baechtold. 55 S. Fr. 1. 50. (Frauenfeld,
J. Huber 1870.)
Terlaj m C. Baaäer in Scliaffliaiisen.
ISliiiiier. ]>r. J. J.,
Handbucli
des
Sclnveizerisclioii 15uii<lcssta{itsreclites.
Xwei Uarulf.
(Herabgesetzter Preis Fr. 10. - . Eleg. gebdn. Fr. 12. - ).
Es ist allseiliL: auei kaniit . ilass diese Üarstelliing des schweizer.
BunJeästaatsrechles durcli seltene Gründlichkeit, sowie durch Yollständig-
keil des Inlialtes allen Anforderungen genüge. Als erste wissenscliaft-
liche Behandlung des Schweiz. Staatsrechtes seit Entstehung des neuen
Bundes wird sie nicht minder das Interesse ausländischer Staatsmänner
und Politiker erwecken, als sie schweizerischen Beamten und Allen, die
sicli üherhaupt für die vaterländisclien Einrichtungen interessiren, unent-
behrlich ist.
CASUISTIK DES CRIMINALRECHTS.
Von
Eduard Oseiibrüggen.
Herahgesetzter Preis il. ± — P.thlr. 1. 7V-2. Fr. 4. 20.
In 2U0 wirklichen Kechtsfäilen liefert dieses Bucli eine Veran-
schaulichung der wichtigsten Leliren des Strafrechts und kann Studiren-
den als praktisches Lehrbuch, angehenden Praktikern als Wegweiser in
das Gebiet einer wissenschaftlichen Praxis dienen.
|)b ^tl|uinr-0ürir|l0
ni
Strafsachen und bürgerltrlieit HecJttsstfeitUjkeiteti.
Gescliiclite dersellien in Eiiglaiid,, Fraiikreicli und DenlsclilaM,
vom wissenschaftlichen Standpunkte, mit zahlreichen Beispielen aus der
englischen Praxis erläutert von
II. £schci*,
Professor an der staatswisseuschat'tliclicu Fakultät der Hoclisclmle Zürich.
Herabgesetzter Preis 11. — 54. Hthlr. — 15. Fr. 2.
Vergleichendes Handbuch
der
^i y II1 1> o 1 i k der Freimaurerei,
mit l'cfoiulcrcr iiückWit mit die iHülfioiogiccii iiiiil JHijftcricii des iKtrdliuiiis
von
Dr. J. Schauberg
in Zürich.
Dritte iiiiveräiiderte Ausgrabe.
In 12 Lieferungen ä 11. 1. 0. Rthlr. — 19V2. Fr. 2. 25. (Complet in
3 Bänden fl. 13. 12. Rthlr. 7. 24. Fr. 28. — .)
ri^j^mr^QUBT nOV 5 \98Z
University of Toronto
Library
Acme Library Card Pocket
LOWE-MARTIN CO. UMITED